Wenn Weihnachten in den März fällt...

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Astrid

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Es ist März. Ich bin bei Freunden zu Besuch. Auf einem kleinen Ecktisch steht ein Osterstrauß – Forsythien. Doch an den Zweigen hängen nicht etwa Eier, sondern rote Weihnachtskugeln, in denen sich die durch das Fenster einfallenden Sonnenstrahlen spiegeln.
Meine Freundin hat meinen leicht irritierten Blick bemerkt und sagt nur: „Ach, der steht noch von Weihnachten
.“


Es ist ein Freitag vor dem Frühlingsanfang, doch von diesem ist weit und breit noch keine Spur zu sehen. Im Gegenteil - der Blick aus dem Fenster fällt auf weiße Wege, eingeschneite Autos und Bäume mit weißen Kronen. Der Schnee glitzert frostig in der Sonne unter einem klaren Märzhimmel. In diesem Jahr hat der Winter einen besonders langen Atem.
Maria stand gedankenversunken am Fenster. „Eigentlich wunderschön, richtiges Weihnachtswetter…!“
Auch sie kann die ersten warmen Tage kaum erwarten, doch war es heute viel zu schön, um mit dem Wetter zu hadern. Was hätte es auch gebracht? Da kam ihr eine Idee.
„Was haltet ihr davon, wenn wir morgen einfach Weihnachten feiern? Nur so für uns?“ fragte sie den siebenjährigen Niklas und Marko, ihren Mann. Zuerst schauen die beiden etwas ungläubig. Doch dann hatte vor allem Niklas Feuer gefangen und Marko musste den roten Karton vom Hängeboden holen, auf den sein Sohn einen Weihnachtsbaum gemalt hatte.
Der Ficus in der Zimmerecke wurde mit einer Lichterkette geschmückt und die Forsythienzweige, die bereits für Ostern in der bauchigen Vase vor dem Fenster standen, bekamen rote Weihnachtsbaumkugeln, die Niklas anhängen durfte.
Maria kochte und schnippelte in der Küche für den Kartoffelsalat, den es ohnehin morgen geben sollte und der bei ihnen auch ein traditionelles Weihnachtsessen war. Niklas hatte sich in sein Zimmer zurückgezogen, weil er für Mama und Papa eine Überraschung basteln wollte.
Und plötzlich lag sie in der Luft – diese wunderbare Geheimniskrämerei, diese Vorfreude und Maria wischte sich die Augen, die vom Zwiebelschneiden tränten.
Niklas konnte vor Aufregung am Abend kaum einschlafen und Maria hoffte nur, dass das Wetter morgen ebenso schön werden würde. Sie schmiegte sich an ihren Mann und flüsterte: „Danke!“ Er strich ihr über den Arm: „Mit dir würde ich doch sogar im August Weihnachten feiern!“

Marias Wetterwunsch war in Erfüllung gegangen – es erwartete sie ein sonniger Tag mit einem Bilderbuch-Winterwetter.
Die Forsythienknospen in der Vase hatten sich über Nacht geöffnet und sahen sehr schön aus mit ihrem ungewöhnlichen Schmuck.
Am Nachmittag zogen die drei mit dem Schlitten in den nahe gelegenen Park. Maria kam es vor, als strahlte der Himmel heute besonders und als leuchtete der Schnee wie frisch gewaschen und extra für sie. Sie hob das Gesicht, lachte und streckte die Arme aus, als wollte sie diesen Moment einfangen.
Mit rot gefrorenen Wangen kamen die drei erst nach Stunden wieder zurück und fielen hungrig über Marias Kartoffelsalat her. „Nun fehlt nur noch die richtige Musik!“ bemerkte der Siebenjährige. Maria löschte das Deckenlicht und dann saßen sie im Schein der Lichterkette und einiger Kerzen, hörten Weihnachtslieder und bescherten sich mit kleinen Dingen und Niklas konnte endlich zeigen, was er gebastelt hatte. Er strahlte und war so stolz auf seine Mama: „Die Kinder in meiner Klasse werden staunen, wenn ich ihnen das erzähle!“
Später, beim Gute-Nacht-Sagen, fragte er: „Feiern wir im nächsten Jahr wieder im März Weihnachten?“ Maria küsste ihn auf die Stirn. „Na mal schauen. Wir werden das Wetter befragen und unsere Herzen. Und wenn wir alle es wollen, dann wird es so sein. Und nun träume was Schönes!“
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
eine

tolle geschichte. schön, dass die mutter den sohn nicht daran hindern will, von diesem außergewöhnlichen fest in der schule zu berichten. seine mitschüler werden ihm den vogel zeigen und so die ganze herrlichkeit zerstören. aber da gibt es ja immer noch den halt in der familie, die den geliebten sohn auffängt und tröstet.
lg
 



 
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