Widerstand

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NiKiefer

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Widerstand beginnt im Kopf. Sein Kopf tut weh. Der Kleine läuft die Straßen Sarajevos entlang. Aufruhr ist zu spüren, er sieht niemanden, nirgendswo. Lediglich ein Mann lehnt sich an eine Mauer, trägt einen schwarzen Hut samt Mantel, liest eine Zeitung. Dieser sieht den kleinen Jungen, tritt an ihm heran.
„Weißt du was hier los ist Kleiner?“, fragt er ihn, sein Bosnisch hört sich leicht gebrochen an.
„Nicht wirklich…“, antwortet der Junge schüchtern. Der Mann schüttelt mit dem Kopf.
„Du hast wirklich keine Ahnung von dem, was heute in der Stadt los ist?“ Der Junge schüttelt ebenfalls mit dem Kopf.
„Junge, Junge. Eigentlich sollte man denken, die Jugend von heute wüsste mehr von der aktuellen Politik!“ Der Junge senkt seinen Kopf, fühlt er sich doch eher vom Mann bedroht, er kennt ihn doch gar nicht. Der Mann schaut ihn weiter an.
„Geh´ die Straße entlang, siehe es dir an.“ Der Junge nimmt ihn beim Wort, auch wenn er nicht weiß, was er davon halten sollte. Wer ist denn dieser Mann, dass er es sich erlauben könne, ihn auf der Straße so zu belehren?
„Was kann denn in der Stadt bitteschön so Wichtiges los sein, dass ich es kleiner Knabe mir anschauen sollte?“, murmelte er vor sich hin. Er weiß es nicht besser, sein Alter und vor allem die derzeitigen schulischen Bedingungen in Bosnien bieten einfach nicht mehr Wissen über die Geschehnisse dieser Welt. Aber ist in einem solchem Alter nicht gerade die Erziehung in weltlicher Hinsicht ein besonders wichtiger Punkt? Aber wahrscheinlich in diesem Land zu dieser Zeit in diesem Umfang nicht umsetzbar. Der Junge läuft die Straße an Rande der Miljacka entlang. Ein paar Menschen liefen an ihm vorbei, bloß einer steht ruhig dort. Der Kleine sieht ihn an, er kannte ihn, der junge Mann geht an das Gymnasium direkt neben seiner Schule, er kennt seinen ganzen Namen, Gavrilo Prinzip heißt er. Er trägt stets fast die gleiche Kleidung, wie heute, ein dunkles Hemd, normale Hose, schwarze Schuhe. „Gavre“, wie er genannt wurde, hat schwarze Haare, kurz und einen Oberlippenbart, er ist sehr unauffällig, jedoch erzählt der Vater des Kleinen immer, er hat dunkle Gedanken und sei ein überzeugter Nationalist. Dies macht alles ein geheimnisvolles Bild von ihm auf seine Umwelt. Solch politische Orientierungen interessierten den Jungen nicht, Gavre interessiert ihn nicht. Er dreht sich um, bemerkt nur noch, wie Gavre etwas in seine Tasche steckte und auch zur Lateinerbrücke läuft, biegt dann aber in einer andere Richtung ab. Er denkt sich nichts dabei, geht die paar weiteren Schritte weiter bis zur Brücke, wo sich eine Menge vieler Leute tummelt.
Dicht stehen die Leute aneinander. Sie schauen alle begeistert, etwas Großes muss unterwegs sein, denn sie warten alle gebannt, es liegt eine enorme Unruhe in der Luft. Der Junge schaut in die Runde, quatscht sich dann durch bis in die erste Reihe.
„Hier ist doch gar nichts!“, ruft er. Eine Frau stupst ihn an.
„Warte einfach, mach hier nicht solch einen Krawall. Sie kommen gleich!“
„Wer denn?“, fragte er neugierig. Den ganzen Tag wird von etwas gesprochen, keiner sagt ihm, was los ist, der Junge wird recht stutzig. Er schaut nach vorne, viele Menschen stehen allesamt am Straßenrand, als wenn sie für etwas Platz machen. Plötzlich biegt ein Wagen um die Ecke, die Menge tobt. Der Junge schaut, alles um ihn herum wurde so undeutlich. Er hört Menschen jubeln, manche buhten aber auch. Die Parolen „Hoch lebe der Prinz von Österreich!“ und „Raus aus unserem Land!“ stehen im ständigen Wechsel. Er hält sich die Ohren zu, schaut zum Gebäude hinter der Brücke. Dort sieht er einen Mann, Gavre, er zieht etwas aus seiner Tasche. Plötzlich ein Knall, alles verstummte, dann Schreie.
„Der Prinz!“, hallt es von überall. Blut. Tränen. Angst. Der Junge, er läuft weg. Er weiß es jetzt, er hätte dies verhindern können. Können, ja, aber womit? Die Folge danach, Krieg… Tote… Er weiß so wenig. Er rennt, er weint. Der Rest ist Geschichte.

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Die Geschichte ist orthografisch noch nicht überarbeitet worden, möchte den Schwerpunkt eher auf den Inhalt legen.
 



 
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