Wie ich die Geschichte veränderte

Die Maja

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Es war ein Tag wie jeder andere, da fand ich einen Brief ohne Absender im Kasten. Ich öffnete ihn. Darauf standen eine Adresse und der Hinweis, ich solle doch ganz bestimmt kommen. Es warte eine Überraschung auf mich. Ich hatte ein mulmiges Gefühl. Ich bin ein misstrauischer Mensch. Letztendlich siegte die Neugier, und ich fuhr zu besagter Adresse. Dort fand ich niemanden vor, nur eine seltsame Maschine. Es sah aus wie ein Kettcar aus der Zukunft. Ich setzte mich hinein. "Anleitung für die Zeitmaschine 2013", stand auf dem Zettel im Inneren des Gefährts. Zeitmaschine? So etwas gab es doch gar nicht! "Nenne das Jahr und ich bringe dich dorthin", piepte eine Frauenstimme aus dem Display. "1400", sagte ich. Wenn, dann wollte ich es auch richtig testen. Ich fand mich in einem kleinen Dorf wieder. Zerlumpte Menschen arbeiteten auf dem Feld, ich sah Pflüge und Sicheln. Als die Menschen mich entdeckten, erschraken sie bis ins Mark. Wer mochte das wohl sein? Aus welchem Land kam denn diese Frau? Es stimmte also tatsächlich. Eine Zeitmaschine. Ich fuhr zu den Neandertalern, sah mir das Getümmel auf dem Marktplatz einer Stadt im Jahre 1150 an, landete in Afrika vor der Entdeckung durch die Europäer und staunte, wie gut es den Menschen damals ging, flog in die Biedermeierzeit, sah mir endlich einmal den lebendigen Jesus Christus an und die Märchen aus Tausendundeiner Nacht im fernen Orient zur Zeit des Osmanischen Reiches. Die Zeitreisen machten Spaß. Als ich erschöpft wieder in die Gegenwart zurückgekehrt war, hatte ich das Gefühl, etwas vergessen zu haben. Etwas, das nicht meine Neugier befriedigen würde wie die vorherigen Reisen, sondern einen guten Zweck erfüllen sollte. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich fuhr nach Hause, setzte mich an den Computer, druckte stapelweise Seiten aus dem Internet aus, kramte in meinen alten Schulmappen, packte alles in eine große Tasche und begab mich wieder zur Zeitmaschine. "1930", sagte ich bestimmt. Es war nicht so neu wie bei den vorherigen Zeitreisen. Vieles kannte ich bereits von Filmdokumenten oder Fotos. Doch meine Reise hatte ja einen anderen Zweck. Ich sprach vor Leuten auf der Straße, ging in Cafes, in öffentliche Behörden - jeder Ort, jeder Zeitpunkt wurde genutzt. Die Leute waren verwundert wegen meines Anblicks, wegen meiner Kleidung, die so völlig fremd war für das Jahr 1930. Doch sie hörten mir zu. Ich wurde in allen Zeitungen erwähnt. Die Leuten waren völlig fassungslos, wie es dein sein konnte, dass ich Dinge wusste, die sie noch wissen konnten. Aber es musste ja etwas dran sein! Denn warum bitte konnte ich dem Herrn Meier aus der Alten Straße ein Bild von seinem Sohn Gustav zeigen, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, aber damals noch gar nicht geboren war! Warum wusste ich, dass der Laden der Schneiders in ein paar Jahren dem Erdboden gleichgemacht werden würde? Warum zeigte ich Bilder der ganzen völlig zerstörten Stadt?

Es kam, wie ich es mir gewünscht hatte. Die Geschichte nahm eine völlig andere Wendung. Das, was eigentlich erst etliche Jahre später geschehen sollte, wurde ein wenig vorgezogen. Natürlich musste ich ein großes Opfer hinnehmen und aus der Geschichte verschwinden, denn ohne das, was nun verhindert werden konnte, konnten sich meine Großeltern nicht kennenlernen, meine Mutter konnte nicht geboren werden und dadurch letztendlich auch ich nicht. Doch meine guten Taten wurden durch irgendeine höhere Macht belohnt und meine Familie und ich konnten weiter existieren.
 



 
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