Wie lange noch?

Demon

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Wie eine Feder gleite ich sanft, schwerelos durch das traumgleiche Land, und einen Augenaufschlag scheint alles perfekt, doch nur, um in der darauf folgenden Sekunde zu zerbrechen. Scherbengleich splittert die eben noch heile Welt, dunkel färbt sich das Licht, dass mir zuvor noch Zuversicht geschenkt hat.
Aus heiteren Stimmen die lebhaft zu fröhlichen Liedern sangen ist hohngleiches Gelächter geworden. Aus ihrer Masse hebt sich einer ab; er ist gänzlich in schwarz gekleidet. Wie eine Rabenfeder auf strahlendweißem Hintergrund einen Gegensatz bilden würde, so tat es dieser Mann ebenfalls. Er kam auf mich zu. Seine Schritte, laut hallend in meinem Kopf, mein Körper scheint zu vibrieren.
Die Muskeln gespannt, jede Faser meines Körpers, und doch unfähig aufzustehen. Wie gebannt, gefesselt bin ich meinem Schicksal ergeben. Ich weiß, was kommen wird… und er weiß es auch.
Kommt immer näher, das Abwarten wird immer unerträglicher. Könnte ich mich doch wenigstens wehren…!
Seine fleischigen Finger greifen nach mir, zu grob um mir dabei nicht wehzutun. Ich würde so gern schreien, doch ich kann nicht, das Gefühl der Schuld lastet auf mir.
Mein Ehrgeiz schaut nur zu, hinter gebrochenem Willen und verletztem Stolz. Gefühl der Trauer und der Angst vereinen sich, um gemeinsam auf meine ungeschützte Seele einzustürmen. Sensibilität bleibt unerkannt, Sein heißer, unangenehmer Atem durchfährt mein Gesicht. Ich will weinen, mir einmal die Blöße geben dürfen, doch der letzte Funken Stolz schreit „Nein“. Hin und her gerissen, seine Finger gleiten unter mein Shirt…
Glasige Augen beobachten alles nur noch, nicht in der Lage, genauer hinzusehen, außer Stande um wegzuschauen.
Er presst mich gegen die Wand, er bittet mich, ihn zu küssen. Widerstandslos gebe ich seinem Wunsch nach, küsse ihn, auf den Mund, berühre seine Zunge die immer wieder zustößt, mir im Mund schmerzt.
Ich versuche mir einzubilden dass es Liebe sei… Wird man da auch zu Sachen gezwungen die man nicht will? Letztendlich geht er nur seinen Gelüsten nach… er nimmt sich was er will… ich kann ihm nicht böse sein. Es schmerzt… Ihn trifft keine Schuld…
Ich darf endlich aufhören, schaue zu ihm. Sein Spott verletzt mich zutiefst, und gleichzeitig bin ich nicht in der Lage mich zu rühren, etwas zu erwidern. Nur sein stechender Blick, der verzogene Mund, das Machtgefühl dass in seinen Augen glänzt.
Und in meinen Augen glänzt Salz…
Der Stolz schreit erneut „Nein“, die Augen versuchen erneut wegzusehen, der Pein auszuweichen.
Er nimmt meine Hand und ich muss ihn berühren, meine Finger fassen ihn an, ungewohnt, widerlich. Es wird steif, ich muss weitermachen. Warum erwidere ich nichts, warum versuche ich nicht mich zu wehren? Mein Fehler, Gefühl des Schams, ich muss schweigen.
Er könnte mein Vater sein…! Zu alt, zu erfahren… Gott, bist du genauso? Dich soll ich auch Vater nennen…
Das Zittern wird immer unkontrollierter, triefend nass meine Haare…
Der Alptraum hat ein Ende. Ich blicke stumm auf das Kopfkissen, es blickt stumm zurück.
Muss schweigen… Wie viel Kraft wird ich noch aufbringen müssen, um weiterzumachen? Jeden Morgen stellt sich mir dieselbe Frage: Wie lange kann ich noch…?
Ein neuer Tag, Verdrängen… Die Geräusche, die mich an die Tat errinern, ausblenden. Und mit Grauen darauf warten, dass sich der Alptraum wiederholt, Nacht für Nacht. Den Schrecken immer wieder von neumen erleben müssen… Wie lange noch?
 



 
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