Willkommen - du Winter

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Mara Krovecs

Mitglied
Willkommen - du Winter


In kalten Wäldern raunt ein Traum
aus jedem Stein - aus jedem Blatt
der Herbst schläft im Dezembersaum
ist sommersonnenlaubgoldsatt

die Weißprinzesschen können kommen

denn Moose schütteln Kissen auf
und kalte Luft zwickt in die Ohren
ein Käuzchen sucht des Baches Lauf
des Murmeln lange zugefroren

träumt hoffend lauschend in die Nacht

Eichhörnchen knacken Silbernüsse
in Krippen glänzt gefror´nes Heu
der Boden ist durch Eismilchgüsse
so sterneknirschend wintertreu

das Regenwolkenlied - zerronnen

ein letzter Ruf klirrt durch die Weiten
und Seufzen eilt durch Tannengrün
leis öffnen sich Schneeflockenzeiten
die tanzend in die Wälder zieh`n


mit seidig weißen Küssen sacht
hat still der Bau zum Winterschloss begonnen.
 

ThomasW

Mitglied
Bei vielen Gedichten ist der Anfang besser als das Ende – hier geht es mir umgekehrt.

ein letzter Ruf klirrt durch die Weiten
und Seufzen eilt durch Tannengrün
leis öffnen sich Schneeflockenzeiten
die tanzend in die Wälder zieh`n


mit seidig weißen Küssen sacht
hat still der Bau zum Winterschloss begonnen.

Kann ich emotional folgen, ein schönes Bild mit Eichendorff-Anklängen. Statt Schneeflockenzeiten hätte ich eine Schneeflockenreigen eröffnet, was sich aber etwas unsauber auf ‚Weiten‘ reimt.
Aber wie gesagt – es schwingt so schön aus und die Endzeilen reimen sich kunstvoll auf die Zwischenzeilen oben.

Gut das ich bis zum Ende las, denn die erste Strophe verschreckte mich doch arg:

Durch kalte Wälder raunt und summt
ein jeder Stein - ein jedes Blatt
der Herbst schläft tief - ist traumverstummt
ist sommersonnenlaubgoldsatt

die Weißprinzesschen können kommen

Raunende Steine, ja, aber summend? Und dann noch verstummt? Das Monsterwort vom laubgold klingt unnatürlich in einem Natugedicht, und die goldenen Blätter schenkt uns doch der Herbst und nicht die Sommersonne? Und Weißprinzesschen führt mich in einen Kinderlyrik-Märchenton, hart an Kitsch vorbei, doch in der nächsten Strophe bin ich wieder bei realistischen Naturbildern:

die Moose schütteln Kissen auf
denn kalte Luft zwickt in die Ohren
ein Käuzchen folgt des Baches Lauf
sein Murmeln ist längst zugefroren


warum kalte Luft die Moose antreibt, ihre Kissen aufzuschüttlen, liegt jenseits meiner biologischen Bildung, vielleicht ist das ‚denn‘ ja auch eher ein Missgriff. ‚sein Murmeln‘ bezieht man zuerst auf das Käuzchen und nicht ‚des Baches‘. Aber BiIder kommen schon, aber zu anderen Worten, etwa solchen:

Moosweiblein schütteln Kissen auf
Ein Käuzchen spitzt die Federohren
Als sucht es eines Baches Lauf
Des Murmeln lange zugefroren.

>>
träumt hoffend lauschend in die Nacht

Eichhörnchen sammeln letzte Nüsse
in Futterkrippen duftet Heu
der Boden ist durch Eismilchgüsse
so sterneknirschend wintertreu

das Regenwolkenlied - zerronnen

‚lauschend‘ klingt so wie ein Füllwort, weil der Rhythmus einen Zweisilber braucht und sonst nix besseres einfiel. Den Rest würde ich weglassen, die Bilder passen nicht zur leicht magischen Waldatmosphäre. Einfach nur ein Einzeiler aus Regenwolkenlied und Nacht, und die beiden Einzeiler zwischen den Strophen reimen sich dann in der zweizeiligen Endstrophe.
Willkommen, Du Meckerer, wirst Du jetzt sagen, und verjagst mich mit Schneebällen .. *lach
Grüße
Thomas
 

Mara Krovecs

Mitglied
Hallo Thomas,


herzlichen Dank für diesen Kommentar, Du warst ja richtig fleißig und was ich so auf den ersten Blick erkennen konnte
sind einige interessante Anmerkungen für mich dabei.
Weißt Du, ich bin gerade beim Plätzchen backen und kann
i.M. nicht wirklich darauf eingehen, aber später sicher :)

Hier, erst einmal ein Plätzchen für Dich, die Schneebälle fliegen vielleicht später *lachzurück*

Mara.
 
A

Anarwyn

Gast
*

Liebe Mara,

zauberhaft wunderschön ...
und meine Wünsche rannten
unter neugemachten Wolken,
glücklich - wie mein Herz lang ist :)
lausche dem Bach, und was er spricht,
und summe mit den Schneeflöckchen
himmelblaue Winterlieder.

Willkommen Winter :)

Liebe und besinnliche Grüsse, Reni
 

Mara Krovecs

Mitglied
Liebe Anarwyn,

für Deinen wunderschönen Kommentar danke ich Dir herzlich :)

Ich hoffe Du hattest stimmungsvolle Tage und wenigstens ein bißchen Schnee.......

für das Neue Jahr wünsche ich Dir alles alles Gute, viel Sonne und noch mehr Lachen........ Mara :)
 

Mara Krovecs

Mitglied
Hallo Thomas,

bin wieder zurück vom Plätzchenbacken und habe mich ein wenig umgesehen in Deinem Kommentar.



"Durch kalte Wälder raunt und summt
ein jeder Stein - ein jedes Blatt
der Herbst schläft tief - ist traumverstummt
ist sommersonnenlaubgoldsatt"



Ja - das Wort "summt" finde ich auch nicht sonderlich glücklich........

Hab schon versucht mit z.B.

In kalten Wäldern raunt ein Traum
in jedem Stein - in jedem Blatt
der Herbst schläft im Dezembersaum
ist sommersonnenlaubgoldsatt

Macht mich aber auch noch nicht ganz glücklich, wobei mir das Wort - "traumverstummt" - durchaus gefällt, der Herbst weiß, dass seine Zeit i.M. vorbei ist und ruht sich einfach aus, träumtalso jetzt nicht.

So, und ich glaube hier liegt auch ein Hase im Pfeffer begraben: ich habe mich während des Dichtens nicht eindeutig für eine Stilrichtung entschieden;
es ist kein richtiges Naturgedicht, aber auch kein durchgängiges Phantasiegedicht, irgendwie etwas dazwischen

"sommersonnenlaubgoldsatt" ist vielleicht ein Monsterwort
allerdings eines das mir gefällt und hat für mich natürlich eine Auflösung: in den herrlich leuchtenden Herbstblättern war für mich schon immer die Sonne des Sommers verborgen, ein Geschenk an den Herbst vielleicht ;)

(Klar weiß ich, warum sich die Blätter im Herbst in Wirklichkeit verfärben, hab im Bio-Unterricht damals aufgepaßt :) )

"die Moose schütteln Kissen auf
denn kalte Luft zwickt in die Ohren
ein Käuzchen folgt des Baches Lauf
sein Murmeln ist längst zugefroren"



"Moosweiblein schütteln Kissen auf
Ein Käuzchen spitzt die Federohren
Als sucht es eines Baches Lauf
Des Murmeln lange zugefroren."


Hmmmmm............ eine wunderschöne Alternative.

Das Wort " Moosweiblein" habe ich allerdings schon einmal irgendwo gelesen; da es derartig prägnant ist kann ich es unmöglich übernehmen und auch Ähnliches (Moosgeister,Mooshexlein, Moostrolle u.w.) erinnerte mich einfach zu stark an diese wunderbare Wortschöpfung

Das "denn" hatte für mich schon eine Bedeutung, die Kissen werden nur aufgeschüttelt, wenn die Luft so kalt ist, dass es schneien könnte, sollte ein Bett für die Schneeflocken werden *lächel* Hier entsteht für mich die Frage: Wieviel Phantasie kann man dem Leser zumuten?

Was mir hierzu noch einfiel ist vielleicht eindeutiger und war folgendes:
..........

die Weißprinzesschen können kommen

( meine Weißprinzesschen; Kitschig? ach nein, die müssen unbedingt bleiben :) )

denn Moose schütteln Kissen auf
und kalte Luft zwickt in die Ohren
ein Käuzchen sucht des Baches Lauf
des Murmeln lange zugefroren

( an dieser Stelle würde ich Deinen Vorschlag gerne übernehmen :) wenn Du es erlaubst )

( in der Biologie schütteln Moose übrigens eigentlich grundsätzlich niemals nicht Kissen auf ;) weder mit, noch ohne kalte Luft.)


"träumt hoffend lauschend in die Nacht"

"lauschend" ist kein Füllwort, der Bach lauscht ebenfalls, ob die Schneeflocken nicht endlich kommen wollen.

Eichhörnchen sammeln letzte Nüsse
in Futterkrippen duftet Heu
der Boden ist durch Eismilchgüsse
so sterneknirschend wintertreu



verzichten möchte ich im Augenblick nicht auf diese Strophe
(vielleicht bin ich auch noch zu nah dran an diesem Gedicht)
hab sie ein wenig bearbeitet


Willkommen - du Winter

In kalten Wäldern raunt ein Traum
in jedem Stein - in jedem Blatt
der Herbst schläft im Dezembersaum
ist sommersonnenlaubgoldsatt

die Weißprinzesschen können kommen

denn Moose schütteln Kissen auf
und kalte Luft zwickt in die Ohren
ein Käuzchen sucht des Baches Lauf
des Murmeln lange zugefroren


träumt hoffend lauschend in die Nacht

Eichhörnchen knacken Silbernüsse
in Krippen glänzt gefror´nes Heu
der Boden ist durch Eismilchgüsse
so sterneknirschend wintertreu

das Regenwolkenlied - zerronnen

ein letzter Ruf klirrt durch die Weiten
und Seufzen eilt durch Tannengrün
leis öffnen sich Schneeflockenzeiten
die tanzend in die Wälder zieh`n


mit seidig weißen Küssen sacht
hat still der Bau zum Winterschloss begonnen.


So, das ist nun erst einmal dabei herausgekommen.
Noch einmal: Herzlichen Dank für Deine Anregungen, hat mir Freude gemacht mich noch einmal auseinander zu setzen.
Wie ich inzwischen aus Erfahrung weiß: in einem Jahr sehe ich dieses Gedicht wieder völlig anders und dann erfolgt
möglicherweise eine Endkorrektur.

Wenn Du magst, kannst Du gerne nocheinmal etwas dazu sagen.

Ganz liebe Grüße aus dem Norden Mara
 

ThomasW

Mitglied
Liebe Mara,
so gefällt es mir viel besser, der phantastische Ton wird jetzt konsequent durchgehalten, und die Weißprinzesschen lasse ich gerne durchgehen, wenn das Gedicht dann nicht mehr in Strophe 3 ins Forstwirtschaftliche umschlägt. Aber so ist es sehr stimmig. Mein Gemecker war oft nicht zutreffend, aber es hat wenigstens bewirkt, dass du dich noch einmal ins Zeug gelegt hast :).
Moosweiblein sind übrigens ein Märchenstandard, so wie Froschkönige und Waldelfen, dann is es doch kein Plagiat, sie zu verwenden?

Weiter schönes + frohes Dichten

Thomas
 

Mara Krovecs

Mitglied
Lieber Thomas,


schön dass Du noch einmal etwas dazu gesagt hast :)
dann darf ich Deine Idee "des Murmeln lange zugefroren"
wohl verwenden.........
Hab mich gerne nochmal ins Zeug gelegt, so konstruktiv lasse ich mich gerne kritisieren ;)

über Moosweiblein habe ich außer in diesem Gedicht noch nie etwas gehört, aber gut dass ich nun weiß, wie es darum bestellt ist, werde sicher irgendwann darauf zurückgreifen.

In diesem Fall hier fände ich allerdings Weißprinzesschen u n d Moosweiblein zu viel............

Einen herzlichen Gruß in Deinen Abend ( naja, fast Nacht)
Mara :)
 



 
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