Winter

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Winter

Des Winters eis'ger Griff
Hat Besitz genommen
Vom weiten Land,
Feld und Flur gezwängt
In ein kaltes, weißes Hochzeitskleid,
zu feiern das Fest aller Feste.
Eine bleiche Sonne,
Erschöpft von des Sommers roter Glut,
schickt zögerlich ihr fahles Licht
Durch der Wolken feuchtgraue Wand,
einz'ger Zeuge des eiskalten Spiels.
Eine Vogelscheuche
Aus wärmeren Tagen zurückgeblieben
Auf scholligem Acker
Streckt,
schemenhaft gespenstisch
im wallenden Nebel des grauen Dezember
die zerfledderten Arme gen Himmel,
starrt mit erhobenem Haupt
anklagend
in die endlosen weißen Weiten des Horizonts,
fleht, leise klappernd in klirrender Kälte,
die Hitze des Sommers herbei,
bittet demütig um sanftere Abendwinde,
denen sie wohlig ihre morschen Glieder überlassen kann,
um, alle Mühsal vergessend,
zu versinken in einen langen süßen Traum.
Ein Schwarm hungriger Raben
Steigt, schwarzwolkig,
heiser krächzend,
auf in den endlosen Himmel,
flattert mit kräft'gem Flügelschlag gen Osten,
dem einsamen Feldweg folgend, der,
im diffusen weißen Licht sich auflösend,
im Nirgendwo endet.
Dies ist die Zeit des Winters,
der mit eis'ger Hand
Das Zepter schwingt
über das weite, weite Land.



Berlin, 26.12.2000 /Gis


..."und die Welt fängt an zu singen, triffst Du nur das Zauberwort" Joseph von Eichendorff
 



 
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