Winter, geh!

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Walther

Mitglied
Winter, geh!


Ich sitz und hänge in den Träumen
Einer Jugend lächelnd nach.
Es gab schon vieles zu versäumen!
Regen hör ich auf dem Dach,

Die ersten Frühjahrsstürme rauschen.
Fenster zieren Spuren: Tropf,
Wer möchte wirklich mit dir tauschen!
Als ichs in die Tasten klopf,

Erscheints, als wäre kaum vergangen,
Dass ein Anfang Aufbruch schien.
Das nach Veränderung Verlangen
Kann sich in die Länge ziehn,

Wenn man zur Umsetzung dann schreitet.
Draußen, spür ich, kommt bald Schnee.
Und, während mich mein Traum begleitet,
Wünsch ich: Winter, Alter, geh!
 

Gerd Geiser

Mitglied
Hallo Walther,
ich weiß auch nicht, ich habe dein Gedicht wohl ein Dutzend Mal gelesen, doch bleibt es für mich sperrig. Es ist ja sauber gereimt, aber der Fluss bleibt aus.

Vorschlag:

Sinnend häng ich in den Träumen
Einer Jugend lächelnd nach.
Vieles gab es zu versäumen!
Regen hör ich auf dem Dach.

Erste Frühjahrsstürme rauschen.
Spuren zieren Fenster: Tropf,
Wer, ja wer möcht mit dir tauschen? -
Als ichs in die Tasten klopf,

Ists, als wäre kaum vergangen,
Dass ein Anfang Aufbruch schien.
Das nach Neuerung Verlangen
Kann sich in die Länge ziehn,

Wenn zur Umsetzung man schreitet.
Draußen, spür ich, kommt bald Schnee.
Und, da mich mein Traum begleitet,
Wünsch ich: Winter, Alter, geh!

So kann ich mich damit anfreunden.

Lieben Gruß,
Gerd
 
H

Heidrun D.

Gast
Leider muss ich auch noch auf`s Schlimme dreschen, lieber Walther:

[blue]Wenn man zur Umsetzung dann schreitet.[/blue]
Draußen, spür ich, kommt bald Schnee.
Und, während mich mein Traum begleitet,
Wünsch ich: Winter, Alter, geh!
Diese Strophe beinhaltet einiges an unfreiwilliger Komik für mich ...

Gerd hat den Text elegant geglättet und ihm zudem mehr Leichtfüßigkeit verliehen, das tut ihm gut! Vielleicht noch "Umsetzung schreiten" rausnehemen ...

Herzliche Grüße
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Tja, Ihr Lieben,

wie man/frau sieht, ist das Silbenbild perfekt:
Ich sitz und hänge in den Träumen
xXxXxXxXx
Einer Jugend lächelnd nach.
XxXxXxX
Es gab schon vieles zu versäumen!
xXxXxXxXx
Regen hör ich auf dem Dach,
XxXxXxX

Die ersten Frühjahrsstürme rauschen.
xXxXxXxXx
Fenster zieren Spuren: Tropf,
XxXxXxX
Wer möchte wirklich mit dir tauschen!
xXxXxXxXx
Als ichs in die Tasten klopf,
XxXxXxX

Erscheints, als wäre kaum vergangen,
xXxXxXxXx
Dass ein Anfang Aufbruch schien.
XxXxXxX
Das nach Veränderung Verlangen
xXxXxXxXx
Kann sich in die Länge ziehn,
XxXxXxX

Wenn man zur Umsetzung dann schreitet.
xXxXxXxXx
Draußen, spür ich, kommt bald Schnee.
XxXxXxX
Und, während mich mein Traum begleitet,
xXxXxXxXx
Wünsch ich: Winter, Alter, geh!
XxXxXxX
Es läßt sich auch flüssig lesen, wenn man erst einmal den Rhythmus erkannt hat. Auch hier wieder spannend, wie sich die Rezeption von Publikum zu Publikum unterscheidet. Ehrlich gesagt sind mir manchmal die vierhebigen Jamben oder Trochäen einfach zu ratternd, ab und zu muß mal ein Rhythmenwechsel her wie dieser, der ja dann doch wieder keiner ist, weil immer, beim Lesen, eine Hebung auf eine Senkung trifft und sich der Rhythmus bis ans Ende durchschunkelt.

Einzig der Vers
Wenn man zur Umsetzung dann schreitet.
wird bekrittelt, geradeso, wie Du, liebe Heidrun, das hier machst. Es hülfe ein wenig Zutrauen in den Autor, daß ihm das durchaus bewußt ist und er das mit einer gewissen Absicht so schreibt.

Hier gilt nämlich: Er muß nur mit der nötigen Süffisanz vorgetragen werden, und er wirkt wahre Wunder. Die falsche betonte Silbe macht übrigens die triefende Selbstironie, die dieses Gedicht sowieso durchzieht, bitte folgendes
Tropf,
Wer möchte wirklich mit dir tauschen
in der Worte doppelter Bedeutung zu lesen, noch deutlicher. Ich schreibe Gedichte immer mit dem Vortrag im Kopf. Das mag den einen oder anderen verwundern, ist aber so. Ein Gedicht ist zum Vorsprechen/Aufsagen da und nicht zum leise Vorsichhinlesen. Noch im 19. Jahrhundert war das Deklamieren die gesetzte Art des Lyrikkonsums. Leider ist das verloren gegangen. Ich gehe hier mal Wetten ein, daß sogesehen ungefähr 99% des Ungereimten, da auch noch ohne Rhythmus, niemals geschrieben worden wäre, würde der Gedichtlesevorgang ein aufsagender sein.

Also, an die Humorapostel: Wo ist er nur beim Lesen dieses Gedichts geblieben, Euer Sinn für hintergründige Komik?

Aber danke für Eure Einträge. Natürlich hat die Gerd'sche Version einiges für sich, ohne Frage. Kein Wunder: Der Gerd ist ja auch eigentlich der bessere Dichter von uns beiden. Meine ich jedenfalls (und bin damit wohl eher nicht alleine :D).

Lieber Gruß W.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Papperlapap.
Walther, du Tropf, du bist ein Großer!
Ich traue dir alles zu, wenn zur Umsetzung du schreitest, dessen sei dir bewußt.
Also, Hosen runter. Deine Sprache schreit nach der Sonettform. Zeilenumbrüche und Satzgefüge, die erst in der folgenden Strofe sinnlich einen Abschluss finden, gute Gedanken gepaart mit einer satten Sprache, das ist deine Stärke. Da kann dir keiner das Wasser reichen. Nun will man ja nicht immer Sonette schreiben. Hier wirkt die Sprache aber mitunter konstruiert und sie erfordert ein mehrmaliges Lesen, um ihrem Inhalt auf die Schliche zu kommen. Die Stellen ließen sich benennen. Ich kann mich nicht wirklich reinsetzen in dieses Gedicht, es sperrt sich. Es liest sich schwierig.
Du hast mich gefragt, und es macht dich sympathisch, dass du deine Kinder schützt.
Lieben Gruß dir,
Gerd
 

Walther

Mitglied
Lieber Gerd,

ich wollte wissen, was Du von diesem Gedicht hältst. Deine Meinung ist mir wichtig (die von Heidrun auch, nur die von einem gewissen Blubberer nicht, weil der hat ein LDQ von einem TB im Durchschnitt, wie ich bereits nettikettengesichert ausführte).

Meine Gedichte sind immer mal wieder Experimente - so auch dieses. Das kann schiefgehen, so wie Du es hier betrachtest, oder gut. Hier ist es wohl eher schiefgegangen. Aber sei's drum. Das ist ja der Spaß an Freude, den wenigstens ich hier habe. Wer nichts versucht, wird alt und abgestanden. Dafür muß man auch mal danebenliegen (dürfen).

Lieber Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Winter, geh!


Sinnend häng ich in den Träumen
Einer Jugend lächelnd nach.
Vieles gab es zu versäumen!
Regen hör ich auf dem Dach.

Erste Frühjahrsstürme rauschen.
Spuren zieren Fenster: Tropf,
Wer, ja wer möcht mit dir tauschen? -
Als ichs in die Tasten klopf,

Ists, als wäre kaum vergangen,
Dass ein Anfang Aufbruch schien.
Das nach Neuerung Verlangen
Kann sich in die Länge ziehn,

Wenn zur Umsetzung man schreitet.
Draußen, spür ich, kommt bald Schnee.
Und, da mich mein Traum begleitet,
Wünsch ich: Winter, Alter, geh!
 



 
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