Winterabend

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Asfalon

Mitglied
Winterabend

In gelben Fenstern trinken Schatten heißen Tee,
Tannenduft erwürgt den nächtlich warmen Raum
und in so manchem Kopfe schläft ein kleiner Traum,
die Kinder sind so bleich wie frischer Schnee.

Ein Kerzenmeer entzündet jede goldstaubtote Hand,
Silberglocken tanzen in den leisen Zimmerecken,
als wollten sie verschneite Bilder neu erwecken;
im Straßensee erhängt sich grad ein Lachen an der Wand.
 
M

mako

Gast
Hallo, Asfalon,

starke Bilder. Finde ich klasse. :)

Nicht so klar ist mir der inhaltliche Rhytmus in Deinem Gedicht (der formelle Leserhytmus ist sehr flüssig). Ich persönlich fände diesen Rhytmus für mich besser, würden sich die typischen Winterabendverse mit den düsteren Bildern nicht innerhalb der Strophen abwechseln, sondern in jeweils einer Strophe auftauchen. In meinen Augen würde es den Effekt des Unwirklichen verstärken, käme nach einer Strophe typischer Winterabendbilder der Bruch und damit eine zunehmende Spannung auf.

So wirken die Bilder auf mich durch den ständig wechselnden Gegensatz immer nur bruchstückhaft. Wenn das von Dir so beabsichtigt ist, erzeugt es bei mir ein Gefühl der Unruhe, was ja vielleicht auch so sein soll.

So lese ich den Text, das ist mein Eindruck.

Zu einigen der Bildern selbst, die ich für sehr aussagestark und interessant halte, hätte ich dennoch einige Anmerkungen:

1. Strophe
1. Vers - finde ich super beobachtet, wenn man zu den erleuchteten Fenstern schaut, meist zugezogene Vorhänge, nur Schatten....ein stimmiges Bild

Im 2. Vers - "...nächtlich warmen Raum" beisst sich irgendwie das nächtlich mit dem warm, gerade im Winter verbinde ich die Nacht mit kalt. Gemeint ist sicher einer nächtlicher und warmer Raum. Was besseres fällt mir aber auch nicht ein.

3. Vers - "kleiner Traum" ist für mich nichtssagend - "dunkler Traum" wäre vielleicht stärker?

2. Strophe
1. Vers - "jede" - da finde ich nicht den Sinn, warum gerade "jede" steht. Vom Rhytmus passt es, "eine" zu schreiben geht nicht wegen des "Ein Kerzenmeer", aber einen anderen Vorschlag finde ich auch nicht

2. Vers "leisen Zimmerecken" - "stille" trifft es vielleicht besser oder "dunkle" - passt dann zum Kerzenmeer, da die "Silberglocken tanzen" denke ich an Schatten - deswegen vielleicht das "dunkle" (darf aber nicht doppelt - mit erster Strophe, 3. Vers, nach meinem Vorschlag - stehen)

4. Strophe
Im Strassensee - ich weiß das "meer" steckt schon im Kerzenmeer, aber bei Strassensee tut sich kein Bild auf.
Das sich erhängende Lachen ist wirklich stark.

Ja, Du siehst ich habe ein paar Änderungsvorschläge bei meiner Lesart und Interpretation des Gedichtes. Trotz dieser finde ich es gelungen, da die Bilder in ihrer Kraft überzeugend sind. :)

Gruß
Mako
 
S

Stoffel

Gast
Hi,

bissl verfrüht..(wegen der Jahreszeit) aber ich fand Dich grad zufällig wieder.

Mir gefällt die erste und letzte Zeile super Klasse.

Erst dachte ich "in" gelben Fenstern?? Nicht hinter? Nein, das passt schon, denn die Schatten wirken wohl "in".

"Ein Kerzenmeer entzündet jede goldstaubtote Hand"
(vielleicht eher "durch" jede goldstaubtote.."?)

Na ja, ich bin nicht son Reimmeister, gehe eher nach Inhalt und Gefühl.:)

lG
und schade, Deine Website ist nicht mehr einzusehen.
Sanne
 



 
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