Wir Sonderlinge

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Wir Sonderlinge, Fortsetzung 1

Wir Sonderlinge

Weißt du was? Ich bin ein Sonderling.
Weißt du auch warum? Ich bin in Sonderlingen geboren und wohne dort.
Willst du wissen, wo Sonderlingen liegt? Überall dort wo es sonderbare Menschen, sonderbare Dinge und sonderbare Geschichten gibt.
Natürlich weiß ich, daß unser Sonderlingen das absolut sonderbarste Sonderlingen von allen ist.
Soll ich dir von unserem Sonderlingen erzählen?

Wenn du uns in Sonderlingen besuchen willst, siehst du schon von ganz weitem, daß wir hoch auf einem Berg liegen, fast schon in den Wolken, nein, wenn die Wolken tief hängen, sind wir sogar schon über den Wolken.

Für deinen Besuch brauchst du eine Sondergenehmigung. Diese kannst du bei unserem Sondergenehmigungsbüro schriftlich beantragen. In dem Feld „Warum willst du Sonderlingen besuchen?“,schreibst du einfach: „Weil ich besonders neugierig bin“. Das reicht dann schon und du kannst dich auf die Reise zu uns machen.

Aber bevor du losgehst, will ich dir Sonderlingen und seine Bewohner ein wenig vorstellen.

Wir sind nicht groß – nur so um die paar Hundert Sonderlinge. Aber wir haben eigentlich alles, was dazugehört. Wir haben einen Bürgermeister, wir haben eine Schule (leider auch mit Lehrern), wir haben einen Kindergarten, wir haben eine Kirche, wir haben ein Fußballstadion, ja – und wir haben auch einen Friedhof, wo du die alten Sonderlinge besuchen kannst, die schon gestorben sind.

Unser Bürgermeister ist der absolut wichtigste Sonderling – meint er! Außer ihm nimmt ihn keiner für voll, obwohl er meistens voll (ich meine betrunken) ist. An der Größe kann er seine Wichtigkeit nicht messen, denn er ist nur ein Winzling, etwa so groß wie eine Zaunlatte, aber leider nicht so dünn. Der bessere Vergleich wäre eigentlich ein Bierfaß, weil ein Bierfaß ist rund und es paßt mehr hinein, wie auf einer Zaunplatte Platz hat. Sein Name ist eigentlich Balthasar Besonders, aber wir nennen ihn „der kleine, wichtige Dicke“.

Das mit unseren Namen ist sowieso auch etwas besonderes. Zwar haben wir alle einen Namen – ich zum Beispiel heiße Willy Wissgier. Aber irgendwann im Laufe unserer langen Vorgeschichte ging man dazu über, zum besseren Unterscheiden andere, sagen wir mal, besser zutreffende Namen anstelle der richtigen Namen zu verwenden. Ich bin zum Beispiel „Schreiberlings Dritter“, weil ich das 3. Kind, natürlich von meinem Vater, bin, der wiederum Redakteur an unserer Zeitung „Der Sonderlinger Kurier“ ist.

Meine ältere Schwester, Wilhelmine Wissgier, heißt „Schreiberlings schöne Erste“, während man bei der zweitältesten, Karoline Wissgier, den Zusatz „schöne“ weggelassen hat, aber ich meine immer, so schlecht sieht sie garnicht aus.

Unsere Mutter, Bernardine Wissgier, geborene Irgendwas, ist nicht mehr da. Ich hab das nicht mitbekommen, aber kurz nachdem ich da war, verschwand meine Mutter einfach von einem Tag auf den anderen. Es hieß, daß sie außer ihrer Haarbürste, mit der sie sich immer ihr langes blondes Haar gebürstet hatte und unserem Friedhofsgärtner nichts mitgenommen hatte und seitdem spricht man von ihm, dem „fleißigen Gräber“ auch nur noch in der Vergangenheit.

Der „Kurierschreiberling“ (mein Vater) war nach der Friedhofsgeschichte eigentlich umgänglicher geworden, d.h. wir hatten ihn jetzt besser im Griff. Er konnte zwar weiterhin tun was er wollte, aber jetzt nur noch, wenn wir es ihm erlaubten.

Unser Haus „Schreiberlings Kate“ liegt gleich am Ortsanfang und da auf der linken Seite, jedoch nur wenn du vorwärts gehst. Wenn du rückwärts gehst, um zu sehen, woher du gekommen bist, liegen wir auf der rechten Seite.

Paßt mal auf, ich will Euch eine Geschichte erzählen. Es wird Euch sicher nicht wundern, dass es eine sonderbare Geschichte ist. Wie sollte es auch sonst sein in unserem Sonderhausen. Aber weiter. Da hatte sich doch dieser Zirkus angekündigt, „Strangeland“ nannte er sich (das ist englisch und sollte sicher auch die Abgänger unseres Gymnasiums motivieren, Karten zu kaufen). Ein Vorkommando hatte die Plakate aufgestellt, wirklich in einer sonderbaren Form. Kennst Du die üblichen Plakate, mit denen ein Zirkus in der Stadt angekündigt wird. Aber klar. Viereckig, bunt, na – reißerisch. Ein Clownsgesicht gehört dazu (lachend oder weinend) mindestens ein Elefant und ein gefährlich blickendes wildes Tier. Nein, nicht bei „Strangeland“. Die Plakate waren nicht an den Lichtmasten, Bäumen oder da, wo man Pipi machen kann, angebracht, sondern als ganz kleine, unscheinbare, schmucklose runde Aufkleber, aber dafür an vielen, vielen Stellen unserer Stadt. Gleich angefangen mit unserem Ortsschild: Sonderhausen, Kreis Sonderburg, Regierungsbezirk Sonderlich; in der unteren, linken Ecke dieses, zugegebenermaßen, absolut sonderlichen Ortsschildes. Warum sonderlich? Nun, unser Ortsschild besteht aus einem leuchtenden Weiß und auf diesem leuchtenden Weiß sind mit dem gleichen leuchtenden Weiß die genannten Angaben „Sonderhausen, Kreis Sonderburg, Regierungsbezirk Sonderlich“ aufgedruckt. Keiner unserer Besucher kann das natürlich lesen, aber sie fragen uns und wir erklären ihnen das. Und wenn einer nicht fragen will, gibt es in unserem Stadtprospekt auch eine weitere Erklärung. Wie auch immer, auf dieses Ortsschild in zweimaligem Weiß hatte der Zirkus „Strangeland“, um es besser zu erkennen, in der linken oberen Ecke diesen unscheinbaren, schmucklosen, runden Aufkleber aufgeklebt. Der Untergrund des Aufklebers war leuchtend rot und es waren lediglich die Wort „Kommt, Sonderlinge“ in schwarz aufgedruckt. Ihr könnt Euch sicherlich denken, welche Neugierde dieser kleine runde Aufkleber bei uns Sonderlingen hervorrief.
 

Criss Jordan

Mitglied
Hallo, Elmar

Nette kleine... nun, Geschichte kann man gar nicht recht sagen. Es klingt eher wie ein Prolog zu etwas größerem, sonderbareren. Klingt nach mehr. Und macht Neugierig auf Sonderlingen und seine Sonderlinge.

Wird es mehr geben?

CJ
 



 
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