Wo die Mädchensommer wohnen

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Mara Krovecs

Mitglied
Wo die Mädchensommer wohnen
*


Wer fing die meisten Wolken
im Schaukeln
wenn die Haare flogen
aus dem Engelsozean
auf des Königs Wiesen
rauf und runter
immer höher
bis wir schrieen:
„Spring“!

haben Engelsfische Flügel?

zwei Ranzen
wie verheiratet
in der Sandkiste
der Himmel blau
und blau
und blau
wie nass
aus dem Tuschkasten
gepinselt

war mein Blau das gleiche Blau wie deins
oder war deines vielleicht rot?

weiße Söckchen
in flinken
fliegenden
Sandalen
über und zwischen und unter
dem Gummitwist
wenn unsere Beine wirbelten
tanzten unsere Zöpfe
Cha Cha Cha
dann
wenn die lichtspuckende Sonne
funkelte
auf die Himbeerdrops
zwischen
unseren Wackelzähnen

können Spatzen schneller schwatzen
als wir?

sommerendloses
Trödeln
auf dem Heimweg
und Schnecken sammeln
zwischen den Gräsern
wie wilde Beeren
den frechen Jungen
hinter dem Zaun
die Zunge ausgestreckt

mit niemandem konnte ich
so geheimnisvoll flüstern
wie mit dir

Sauerampfer
in klebrigen Händen
sahen wir
die dunklen Wolken nicht
die Blitze und Donner
wie Konfetti warfen?
unsere Antwort war Kreischen
und Rennen
und Lachen
Hand in Hand
segelten wir
über die Wiese
über die Straßen
zwischen die Blöcke hindurch
nach Hause
Sommerregen
steckte uns in schauertrinkende
Sandalen
am Ende von storchdünnen
Mädchenbeinen
schnatternde Himbeermünder
und Blumenkränze
im Haar
aus rotem Klee

haben Fischengel Flossen?

Mädchensommer
Kribbeln in meinen Füßen
denn da spüre ich sie immer noch
direkt unter der Fußsohle
das weiche Gras
voller Sonne
und das Hüpfen
in den Sandalen
hinein
Beine gegrätscht
und zurück
nach außen gesprungen
das Gummi drehend umschlungen
und raus

wohnt Gott in Kinderherzen?
 

Duisburger

Mitglied
wohnt Gott in Kinderherzen?
Natürlich, wo sonst?

Hallo Mara,

wunderbar einfühlsam geschrieben, ohne grosse Worte, ohne Pathos.
Dein Gedicht hat eine wunderbare Leichtigkeit, in der ich mich als Leser schnell verliere. Im positiven Sinne.
Eigene Kindheitsbilder erwachen wieder.

wenn die lichtspuckende Sonne
funkelte
auf die Himbeerdrops
zwischen
unseren Wackelzähnen
Herrliches Bild.

Mädchensommer
Kribbeln in meinen Füßen
denn da spüre ich sie immer noch
direkt unter der Fußsohle
das weiche Gras
voller Sonne
und das Hüpfen
in den Sandalen
hinein
Beine gegrätscht
und zurück
nach außen gesprungen
das Gummi drehend umschlungen
und raus
Auch wenn es hier um Mädchen geht. Nach dem lesen spüre ich auch dieses Kribbeln unter den Fußsohlen.

Danke für`s lesen dürfen.

lg
Uwe

PS: Habe dir versehentlich eine 8 gegeben, wo eine 10 angebracht wäre. Entschuldige.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Mara,

genauso war es,für mich selbst und für meine Kinder auch noch. Dein Text ist geradezu eine Photographie meiner Kindheit. Man könnte ihn immer wieder auf eine neue Seite drucken und auf der gegenüberliegenden Seite ein Bild dazu malen. Ich sehe es vor mir, das Bilderbuch meiner Kinderjahre. Eine solche Freundin zu haben ist das Allerwichtigste in diesem Alter, und wenn man als Erwachsener die schlimmen Sachen alle vergessen hat, die es ja auch gab, dann erinnert man sich an Gott im Kinderherzen.

Ein wunderschönes Gedicht!:)
Dir eine gute Nacht und liebe Grüße!
Vera-Lena
 

Mara Krovecs

Mitglied
Hallo Uwe,

über Deinen Kommentar habe ich mich riesig gefreut vor allem über das Kribbeln unter Deinen Füßen; ihr Jungen habt sicher weniger Gummitwist gespielt, aber wild gelaufen und gerannt seid ihr ja auch, und das Gewitter hat für Euch genauso laut gedonnert wie für uns ;)
Von meinem Sohn weiß ich übrigens inzwischen: Jungen können genauso viel schwatzen wie Mädchen..................




wohnt Gott in Kinderherzen?

ja,wirklich, wo sonst?

Liebe Grüße

Mara
 

Mara Krovecs

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

ups, hier ist eben irgendwie ein Kommentar verschluckt worden;

also gerne noch einmal: es ist seltsam mit dem Vergessen;
übrgig bleiben am Ende diese unglaublich unendlichen Himmel, diese Leichtigkeit, die nur ein Kindheitssommer schenken kann und die pinken Himberdrops.............

ich bedanke mich herzlich für Deinen lieben Kommentar
und grüße Dich aus meinem Norden

Mara :)
 

Jongleur

Mitglied
Viele schöne Erinnerungen in nachvollziehbare, stimmungsvolle Worte gefasst. Kindheit auf der Haut.
Die letzte Zeile - ist mir entbehrlich.
In diesen fliegenden Zöpfen und Segeln über Wiesen, Himbeerdrops und Wackelzähnen steckt doch alle Hoffnung, alle Zuversicht, alle Zukunft.
Schönen Gruß vom Jongleur
 

Montgelas

Mitglied
liebe mara,

ein wirklich schöner text,
sehr nostalgisch.
jongleurs gedanke
ist für mich nicht von der
hand zu weisen.
die leichtigkeit der worte,
die du für das leuchten der kindheit
findest, bedarf keiner frage.
in deinem text ist die antwort schon gegeben.


dir eine gute zeit

montgelas
 

Inu

Mitglied
Ich finde Dein Gedicht schön nostalgisch und facettenreich. Der Grund , warum ich Dir 'nur' eine 7 gegeben habe, ist:
Den letzten Satz mit 'Gott in Kinderherzen' fand ich pfarrermäßig. (Wort zum Sonntag). Ich denke auch, Du solltest ihn wegnehmen.

Aber schlimmer ist der Anfang:
[blue]Wer fing die meisten Wolken[/blue]
im Schaukeln
wenn die Haare flogen
Ich halte das nicht für einen guten Gedichtauftakt.

"Guck mal, Mara, ich hab aber mehr Wolken gefangen als du!" höre ich schon das kleine Mariechen folgerichtig vor meinem inneren Ohr frohlocken... ;) Scherz...

Also "wer fing die meisten Wolken", schrammt für meine Begriffe schon ziemlich nah am Kitsch vorbei, so etwas fragt sich nicht einmal ein Kind, oder? Und lyrisch besonders originell finde ich das auch nicht.
Danach kommen ja auch, Gott sei Dank, keine solchen Banalitäten mehr.
Ansonsten ist alles gelungen, finde ich.

Gruß
Inu
 

Udogi-Sela

Mitglied
Dem allgemeinen Lob kann ich mich nur anschließen und ergänze, dass mich der Titel ein bisschen irregeleitet hat: „Wo die Mädchensommer wohnen“.
Die dem Titel nachfolgenden Szenerien stammen aus vielen Orten der Kindheit, hier natürlich der eines Mädchens.
Wohnt der Mädchensommer auf den Schaukeln, den Wiesen, in den Ranzen, den Sandkisten, dem blauen Himmel, den Himbeerdrops?
Mit dem Lesen steigt eben dieser Mädchensommerkosmos vor dem geistigen Auge auf, und ich stelle fest, dass sich das ein Mädchen ausgedacht hat, die mit diesem Text den Wohnort ihrer Sommer erweitert hat, um ihn anderen (Mädchen) Näherzubringen.

Jetzt habe ich im Kopf also einen Mädchensommer.
Der wohnt jetzt da, neben den Jungensommern.

Herzlichst
Udo
 
K

Klopfstock

Gast
Liebe Mara Krovec,
ich habe diesen Text nun so oft gelesen - weil ich ihn
einfach wunderbar finde und ich würde Dir heute,
auch nach vielem Lesen immer wieder eine 10 dafür geben.
Nur eine Stelle stört mich immer und immer wieder
und ich habe lange überlegt, ob ich überhaut was sagen soll,
weil es vielleicht nicht so wichtig ist.
Ich stolpere und falle immer über dieses "Cha Cha Cha".
Irgendwie paßt das nicht in eine Kinderwelt, weil es
aus der Erwachsenenwelt kommt und ich glaube Kinder pfeifen auf "Cha Cha Cha";) - sie sind viel zu phantasievoll
um so etwas zu gebrauchen und irgendwie ist an der Stelle
ein Bruch. Das ist nur meine Empfindung und muß nicht
für andere gelten - aber ich wollte es halt mal sagen
und ich hoffe, daß ich Dich damit nicht verstimmt habe :(

Liebe Grüße
Klopfstock
 

Stern

Mitglied
Das hier ist ein Gedicht, das ich für die Anthologie(auch wenn ich spät dran bin) unbedingt nochmal gern ins Gerede bringen will. Ich glaube, es ist mir fast das Liebste, was ich hier je gelesen habe. Was -klar- auch an mir liegt - aber ich war ja damals nicht die Einzige...

Liebe Grüße, Stern *
 

Milko

Mitglied
ein kind

dies schreiben schrieb ein kind
mit einer feder die erwachsen war

so schließ ich mich des lobes an
weil wenig hielten was die kindheit war

hier ist sie d eins mit sich
und jetzt,
nicht gestern und nicht war

sie spricht im jetzt und ist
selten so ein wandel möglich war

für die feder die doch gestern war
was ich nun sah
milko
 

Mara Krovecs

Mitglied
[blue]Liebe Stern, lieber Milko,


herzlichen Dank für das "Herauskramen" dieses älteren Textes von mir, Eure Gedanken dazu und Euer Lob, merci!

Späte Grüße aus dem Norden

Mara[/blue]
 



 
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