Habt Ihr nicht auch manchmal das Gefühl, daß dort oben jemand sitzt, der alle Fehltritte, die Ihr macht, aufschreibt und sich dafür Strafen überlegt? In etwa so:
Salome hat einer Rentnerin absichtlich die letzte Klorolle aus dem Supermarktregal weggeschnappt und muß deshalb von einem Bus überfahren werden!
Wenn dort oben tatsächlich so ein Schuld-und-Sühne-Protokollant sitzt, dann muß ich in letzter Zeit gräßliche Verbrechen begangen haben. Sonst wäre es niemals zu dieser Geschichte gekommen!
Nach langem Verzicht auf den gern erlebten Matratzenmambo war ich es endlich leid, meinen Körper ausschließlich durch die eigenen Hände zur Vibration hochzupeitschen. Auch wenn ich in der jüngsten Vergangenheit ziemlich fingerfertig wurde, so ward es auf die Dauer doch sehr trist. Mein gesteigerter Hormonpegel schwappte bereits gegen die Bordwände meines Körpers. Es kam sogar soweit, daß ich, wenn ich allein war und so richtig einen draufmachen wollte, WÄHRENDDESSEN sogar das Licht anließ, um mich in meiner Verruchtheit zu suhlen!
Ein armseliges Leben.
Nun mußten langsam mal schwerere Geschütze her. Schluß mit dem Lustaufschub - ein echter Kerl mußte wieder ins Haus ... und wenn er auch nur auf der Bettkante sitzt und hustet!
Und tatsächlich - es kam einer! Und was für einer! Vom Aussehen ein Adonis, vom Benehmen scharf wie eine Rasierklinge. So zumindest der erste Eindruck.
Ein Mann wie eine Eiche! Eine Brust, die die Oberweite eines Herkules locker in den Schatten gestellt hätte, Oberarme wie Popeye nach dem Verzehr einer Schiffsladung Spinat, gekleidet in ein einfaches Schafsfell, das er sich locker über die Schultern geworfen hatte, Lippen so rot wir Kirschen, Zähne wie aus Alabaster, eine tiefe Stimme, als ob eine Horde wilder Kasachen über ein Kieselfeld preschen ... Jaja, schon gut, aber er sah schon ziemlich hinreißend aus und hatte eine gewinnende Gesamterscheinung. Wie ein Bauarbeiter, der beim Gehen seine Fußabdrücke im Teer hinterläßt.
Allerdings muß ich zugeben: Mein zweiter Eindruck verleitete mich nicht gerade zu der Vermutung, daß in diesem nahezu perfekten Körper ein unentdeckter Einstein schlummere.
Doch man muß auch mal Abstriche machen können. Wer seit Monaten in der Wüste hockt, soll nicht auf den ganz großen Regen hoffen - die seichte Pfütze erscheint einem dann wie eine Oase!
Nach einem unverfänglichen *Hallo, schöner Mann, Du scheinst meinem zukünftigen Partner wie aus dem Gesicht geschnitten!* war das Eis des Erstkontakts geschmolzen und der Samstagabend begann.
Während einer leichten Plauderei erfuhr ich, daß er von auswärts kam. Doch die große Entfernung hielt ihn nicht davon ab, mir auf meine Einladung für das kommende Wochenende mit einem einfachen *Ja* so blitzartig zu antworten, als gäbe es kein Morgen. Also bekräftigte ich vorm Gehen meine gastfreundschaftliche Absicht, wohlweislich im Hinterkopf behaltend, daß man im Laufe einer Woche so eine Einladung schließlich immer noch zurückziehen kann. *räusper*
Unberührt (zumindest in fleischlicher Hinsicht) floß ich nach Haus. Dies war nicht meine anfängliche Absicht, aber die Hoffnung auf Erfolg am kommenden Wochenende ließ mich innehalten.
Wir telefonierten Montag. Und Mittwoch.
Es war nicht schön!
Sein Intellekt lag, um es blumig zu umschreiben, Kopf an Kopf in deutlicher Konkurrenz mit Kondensmilch, die im Begriff steht, sauer zu werden. Oder hart formuliert: Es ist schwer, meine Reise in sein Reich der fehlenden Gehirnzellen zu beschreiben, doch ich traute ihm letztendlich nicht mal Inkompetenz zu. (An alle Hyperkorrekten - aufgepaßt : Ich übertreibe gerade!)
Andererseits ... wenn man seinen schönsten Esel aufs Eis schickt, erwartet man von ihm ja auch nicht, daß er Pirouetten dreht. Er soll einfach nur schön wirken. Und das tat mein Esel ... äh, mein Adonis. Doch was mir noch viel wichtiger erschien, das war sein weites Herz. Sofort spürte ich, daß in ihm ein guter, warmer Kern ruhte.
Auch ein geistiges Vakuum im Körper eines Adonis kann viel Gefühl zeigen. Und wer will dann noch Geist? Man kann eben nicht alles haben.
(Wie doppeldeutig, wenn ich den Verlauf des folgenden Wochenendes Revue passieren lasse.)
Am Freitag holte ich ihn vom Bahnhof ab. Zu Haus aßen wir gemütlich Kuchen mit Saft (er trinke weder Kaffee noch Tee, gern aber heiße Schokolade, die ich DUMMERWEISE nicht vorrätig hatte!?!), und wir unterhielten uns über dies und das, als da wären Kindheit, Beziehung und die Frage, wie man Kanarienvögel züchtet, ohne selbst welche zu besitzen.
Bei all dem kam heraus, daß das Liebesspiel in seiner letzten Partnerschaft aus dem Reinigen verschmutzter Stiefel bestand, wohlgemerkt ohne Benutzung irgendwelcher Putzutensilien wie Bürste, Lappen oder Schuhcreme.
Mir wurde mulmig.
Sollte ich jetzt etwa durch verschlammte Straßen waten, damit er so richtig was zu tun bekäme? Oder sollte statt dessen ICH die Kittelschürze umbinden und mich auf meinen noch (!!!) sauberen Edelvelours-Teppichboden hocken?
Ich sah, daß sich seine Lippen bewegten, aber irgendwie verstand ich ihn nicht!
Meine Panik legte sich, als er mir andeutete, daß er selbst diese Spielart der Erotik nicht teile, weshalb die Beziehung neun Jahre ausschließlich aus Kuscheln bestand. Schon Küssen war zuviel. Schau einer guck, was es doch für genügsame Menschen gibt!
Auch wenn ich mich bereits gedanklich vom Teppichboden erhob, war mein Anflug von Panik noch nicht gänzlich niedergerungen.
Die Unterhaltung ging weiter. Zwischen einigen seiner wirklich sehr guten Lampendocht-Witze ... nein anders: Als wir uns gerade über den in unseren Berufen am häufigsten ausgesprochenen Satz unterhielten – seiner war *Darf ich Ihnen die Scheibe putzen?*- sagte er plötzlich: *Ich mache mir auch viele Gedanken!*
Aaaaja, herzlichen Glückwunsch!
*Und worüber machst Du Dir Gedanken?*
*Über den Tod und das Leben danach. Ich habe mal das helle weiße Licht gesehen, und mein toter Vetter hat mich nachts besucht ...*
In meinem Hinterkopf ertönte das Geräusch einer mächtig geschlagenen, übergroßen tibetanischen Klangschale.
Wodurch auch immer dieser Gedankensprung vom Philosophieren über den Beruf zum Leben nach dem Tode erweckt wurde – ich versuchte meine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen. Es folgte eine herzzerreißende Geschichte, wie ihn sein verstorbener Vetter zweimal des Nächtens besucht habe, schlanker als vorher aussah und sehr glücklich schien.
Bravissimo! And how does that affect me???
Mir wurde schütter.
Und nach dem Motto *Ich erzähle, was mir unvermittelt in den Sinn kommt, damit ich höre, was ich weiß* teilte er einer inzwischen von Panikattacken gerüttelten Gastgeberin mit, daß er in der Horizontallage gern gewürgt und unterdrückt werden würde.
Schlagt mich, aber just in jenem Moment wünschte ich, daß es bereits Sonntagnachmittag sei!!! Was mich betraf, so war die Aussicht auf ein körperlich erfülltes Techtelmechtel mit diesem Mann mittlerweile so groß wie die Überlebens-Chance von Schneebällen in Hochöfen! Plötzlich erschien er mir weniger als ein möglicher Lebensgefährte denn eher als eine Art Lebensgefahr!
Er deutete bereits am Telefon an, daß er auf ein bißchen *Luftentzug* stehe, aber bitte ... im Laufe der Jahre habe ich einiges kennengelernt, was mich scharf macht, was aber nun wirklich nicht UNBEDINGT sein muß!!! So dachte ich also: Chchchott, darauf muß er dann halt mal verzichten. Bin schließlich nicht die gute Fee in Lack und Strapsen, die ihr Wochenende samaritisch verbringt und nur auf die Wünsche ihres Beischläfers einzugehen hat.
Welch ein verhängnisvoller Irrtum!!!
Bevor wir zum Essen gingen, versuchten wir eine kurze Horizontaleinlage.
Klar, ich schepperte mit der Büchse und tat, als sei ich wild und lasterhaft, aber er reagierte nicht auf derartige Schlüsselreize.
Es stellte sich heraus, daß er leider nur dann (und zwar ausschließlich dann!) einen *Püppi, unter Wasser sieht ER noch viel größer aus!* bekam, wenn ich ihn würgte und fies und dominant ansah. Erst als ich die eklige Sau aus mir rausließ (wo auch immer meine innere Sau herkam), spürte ich seinen Siewissenschon an meinem Hinterteil aufkeimen. Jahaaa, ich bin wie ein Grashalm, der sich im Wind biegen kann!
Doch sobald sich mein Gesicht in ein freudiges Grinsen verwandelte (und wer kann mir mein Grinsen und Augenleuchten verdenken, wenn ich spüre, daß mein Liebhaber endlich in Stimmung kommt), sank der Turm in sich zusammen, quasi wie ein aufgepumptes Schlauchboot, dessen Ventil offen ist und gleichzeitig eine Elefantenherde auf sich hertrampeln läßt.
Ein Lächeln von mir, und - zack, schon war der Schlagbaum wieder unten!
Nach ihm blieb nun auch mir die Luft weg, allerdings aus einem ganz anderen Grund. Wir brachen ab und gingen essen.
Nach dem Essen versuchten wir es ein zweites Mal. Ich dachte mir: *Jetzt wird Attacke geritten!*, doch es passierte nix mehr.
Ich lächelte vermutlich zu viel.
Meine Dominanz hatte den Charakter einer Barbiepuppe. Und streng genommen gab ich mir auch keine Mühe mehr.
Tja, und anderes hatte er nicht auf Lager.
Was soll man in solch einer Situation anfangen? Wo beginnen? Wo enden? Da halfen auch keine indischen Gebetskekse mehr. Höchstens, wenn sie mit bösen Gesichtern aus Zuckerguß bemalt gewesen wären.
Ich schöpfte neues Vertrauen in meine eigenwilligen Stimmbänder und fand mich plaudernd auf seinem Bauch wieder. Und ich empfahl ihm dringend, ein Domina-Studio aufzusuchen. Denn er hatte noch niemals – NIEMALS – einen Orgasmus mit einer anderen Person gehabt.
Außer im Schlamm, wo aber keine andere Person dabei war.
Im Schlamm!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Das Giros kam mir wieder hoch.
Man stelle sich vor:
Seine einzigen Höhepunkte hatte er in seinem Gartentümpel, und zwar deshalb, weil der Tümpelschlamm ihn einerseits erniedrige, er andererseits das Gefühl habe, von vielen Personen gleichzeitig angefaßt zu werden.
Schlagt mich, aber so war’s!
Was kann da noch helfen? Ein meditatives Einzelgespräch? Ein Franzbrantwein? Aufrecht und nackt im Bett sitzend erörterten wir seine Situation, insbesondere seine vorangegangene Beziehung. Es lag auf der Hand, daß er sein damaliges Gegenüber in Devotismus (???) noch um Längen schlug. Kein Wunder, daß sie nur miteinander kuschelten. Und das ganze neun Jahre lang.
Hier war professionelle Unterstützung nötig. Und nicht etwa eine psychiatrische, sondern eine praktische Hilfe. Es gibt selten Momente, in denen ich bedaure, daß meine Nachbarin kein in Lack und Leder gewandetes Mannsweib ist. Aber in diesem Moment war es so. Wäre doch prima gewesen, ihn gleich eine Tür weiter schicken zu können, um sowohl mir als auch ihm einen Gefallen zu tun.
Nach einer Stunde des Ergründens und des Anratens, professionelle Hilfe einzufordern (man stelle sich vor: ICH rate jemandem ernsthaft, ein Domina-Studio aufzusuchen!!!), ohne daß sich auch nur der Schimmer einer Erkenntnis einstellte, verabschiedete sich schließlich mein Gehirn mit den Worten: *Tschüß, ich bin dann am Strand!*
Ich war müde. Und es war umsonst.
Es gibt eine chinesische Weisheit, die hierher paßt:
*Ein Faß voller Fische schwimmt niemals stromaufwärts!* ... Ok, in der Übersetzung verliert es etwas an Gehalt, aber dennoch! Es war unmöglich, ihm seine Misere und seine weitere Vorgehensstrategie klar zu machen. Man kann einen Fisch eben nicht aus dem Wasser befreien.
Am folgenden Tag setzte ich ihn wieder in die Bahn. Noch eine Nacht hätte ich nicht ertragen. Und obwohl ich vorgehabt hatte, mir am Abend das zu holen, was mir am vorangegangenen Abend entglitt, fehlte mir doch der Elan, mich aufzuraffen und Spelunken aufzusuchen, wo ich Männer finden konnte, die ein Lächeln von mir ertragen können, ohne gleich in Depressionen zu verfallen!!!
Nun werfen sich allerdings Fragen auf:
Ist der Sex zur Alltagsroutine geworden, so daß man den gesteigerten Kick nur noch bekommt, wenn man in Extreme verfällt?
Und warum gerade Würgen! Warum nicht gleich Beißen oder Stechen? Oder besser noch: Erhängen?! Da ist der Kick doch bestimmt noch einen Zacken gespenstischer!!! Von jüngst geschehenem Kannibalismus wollen wir mal gar nicht erst anfangen.
Oder bin ich in meinem Geschlechtsleben einfach nur zu langweilig?
Hätte er es nicht auch einfach reizvoll finden können, Champagner aus meinen High Heels zu trinken? Sicher, ich hasse es, danach mit nassen Schuhen durch das Wohnzimmer zu stiefeln, aber das ist doch immer noch besser als dies!
Und was kommt als nächstes? Kopulation im freien Fall? Nackt vom Fernsehturm einen Paarsprung zu vollführen? Sich vor einen Zug zu schnallen und darauf zu hoffen, daß die Lokomotive möglichst oft in dunkle Tunnel einfährt? Auf einem Trampolin hüpfend zu verschmelzen? Ringewerfen über das männliche Gemächt? Oder sollte man sich letztlich als finalen Endkick in einen Lederstiefel umoperieren lassen?
Ich bin für vieles offen, aber wer für ALLES offen ist, scheint mir nicht ganz dicht zu sein!
Seit diesem Horizontaldesaster bin ich jedenfalls wieder komplett auf dem freien Markt. Es hat ja auch sein Gutes! So entgehe ich wenigstens dem Kampf zu entscheiden, wer beim gemeinsamen Bad in der Wanne auf dem Stöpsel sitzen muß!
Und wer mich zukünftig für nicht aggressiv genug hält, dem knalle ich eine! ;-)
Begierig darauf zu erfahren, was Mutter Natur wohl noch alles aus ihrem Fruchtbarkeitsbeutel hervorzuzaubern in der Lage ist,
und allen LeserInnen ein frohe Weihnacht wünschend
herzlich
die Aushilfs-Domina
Salome.
Salome hat einer Rentnerin absichtlich die letzte Klorolle aus dem Supermarktregal weggeschnappt und muß deshalb von einem Bus überfahren werden!
Wenn dort oben tatsächlich so ein Schuld-und-Sühne-Protokollant sitzt, dann muß ich in letzter Zeit gräßliche Verbrechen begangen haben. Sonst wäre es niemals zu dieser Geschichte gekommen!
Nach langem Verzicht auf den gern erlebten Matratzenmambo war ich es endlich leid, meinen Körper ausschließlich durch die eigenen Hände zur Vibration hochzupeitschen. Auch wenn ich in der jüngsten Vergangenheit ziemlich fingerfertig wurde, so ward es auf die Dauer doch sehr trist. Mein gesteigerter Hormonpegel schwappte bereits gegen die Bordwände meines Körpers. Es kam sogar soweit, daß ich, wenn ich allein war und so richtig einen draufmachen wollte, WÄHRENDDESSEN sogar das Licht anließ, um mich in meiner Verruchtheit zu suhlen!
Ein armseliges Leben.
Nun mußten langsam mal schwerere Geschütze her. Schluß mit dem Lustaufschub - ein echter Kerl mußte wieder ins Haus ... und wenn er auch nur auf der Bettkante sitzt und hustet!
Und tatsächlich - es kam einer! Und was für einer! Vom Aussehen ein Adonis, vom Benehmen scharf wie eine Rasierklinge. So zumindest der erste Eindruck.
Ein Mann wie eine Eiche! Eine Brust, die die Oberweite eines Herkules locker in den Schatten gestellt hätte, Oberarme wie Popeye nach dem Verzehr einer Schiffsladung Spinat, gekleidet in ein einfaches Schafsfell, das er sich locker über die Schultern geworfen hatte, Lippen so rot wir Kirschen, Zähne wie aus Alabaster, eine tiefe Stimme, als ob eine Horde wilder Kasachen über ein Kieselfeld preschen ... Jaja, schon gut, aber er sah schon ziemlich hinreißend aus und hatte eine gewinnende Gesamterscheinung. Wie ein Bauarbeiter, der beim Gehen seine Fußabdrücke im Teer hinterläßt.
Allerdings muß ich zugeben: Mein zweiter Eindruck verleitete mich nicht gerade zu der Vermutung, daß in diesem nahezu perfekten Körper ein unentdeckter Einstein schlummere.
Doch man muß auch mal Abstriche machen können. Wer seit Monaten in der Wüste hockt, soll nicht auf den ganz großen Regen hoffen - die seichte Pfütze erscheint einem dann wie eine Oase!
Nach einem unverfänglichen *Hallo, schöner Mann, Du scheinst meinem zukünftigen Partner wie aus dem Gesicht geschnitten!* war das Eis des Erstkontakts geschmolzen und der Samstagabend begann.
Während einer leichten Plauderei erfuhr ich, daß er von auswärts kam. Doch die große Entfernung hielt ihn nicht davon ab, mir auf meine Einladung für das kommende Wochenende mit einem einfachen *Ja* so blitzartig zu antworten, als gäbe es kein Morgen. Also bekräftigte ich vorm Gehen meine gastfreundschaftliche Absicht, wohlweislich im Hinterkopf behaltend, daß man im Laufe einer Woche so eine Einladung schließlich immer noch zurückziehen kann. *räusper*
Unberührt (zumindest in fleischlicher Hinsicht) floß ich nach Haus. Dies war nicht meine anfängliche Absicht, aber die Hoffnung auf Erfolg am kommenden Wochenende ließ mich innehalten.
Wir telefonierten Montag. Und Mittwoch.
Es war nicht schön!
Sein Intellekt lag, um es blumig zu umschreiben, Kopf an Kopf in deutlicher Konkurrenz mit Kondensmilch, die im Begriff steht, sauer zu werden. Oder hart formuliert: Es ist schwer, meine Reise in sein Reich der fehlenden Gehirnzellen zu beschreiben, doch ich traute ihm letztendlich nicht mal Inkompetenz zu. (An alle Hyperkorrekten - aufgepaßt : Ich übertreibe gerade!)
Andererseits ... wenn man seinen schönsten Esel aufs Eis schickt, erwartet man von ihm ja auch nicht, daß er Pirouetten dreht. Er soll einfach nur schön wirken. Und das tat mein Esel ... äh, mein Adonis. Doch was mir noch viel wichtiger erschien, das war sein weites Herz. Sofort spürte ich, daß in ihm ein guter, warmer Kern ruhte.
Auch ein geistiges Vakuum im Körper eines Adonis kann viel Gefühl zeigen. Und wer will dann noch Geist? Man kann eben nicht alles haben.
(Wie doppeldeutig, wenn ich den Verlauf des folgenden Wochenendes Revue passieren lasse.)
Am Freitag holte ich ihn vom Bahnhof ab. Zu Haus aßen wir gemütlich Kuchen mit Saft (er trinke weder Kaffee noch Tee, gern aber heiße Schokolade, die ich DUMMERWEISE nicht vorrätig hatte!?!), und wir unterhielten uns über dies und das, als da wären Kindheit, Beziehung und die Frage, wie man Kanarienvögel züchtet, ohne selbst welche zu besitzen.
Bei all dem kam heraus, daß das Liebesspiel in seiner letzten Partnerschaft aus dem Reinigen verschmutzter Stiefel bestand, wohlgemerkt ohne Benutzung irgendwelcher Putzutensilien wie Bürste, Lappen oder Schuhcreme.
Mir wurde mulmig.
Sollte ich jetzt etwa durch verschlammte Straßen waten, damit er so richtig was zu tun bekäme? Oder sollte statt dessen ICH die Kittelschürze umbinden und mich auf meinen noch (!!!) sauberen Edelvelours-Teppichboden hocken?
Ich sah, daß sich seine Lippen bewegten, aber irgendwie verstand ich ihn nicht!
Meine Panik legte sich, als er mir andeutete, daß er selbst diese Spielart der Erotik nicht teile, weshalb die Beziehung neun Jahre ausschließlich aus Kuscheln bestand. Schon Küssen war zuviel. Schau einer guck, was es doch für genügsame Menschen gibt!
Auch wenn ich mich bereits gedanklich vom Teppichboden erhob, war mein Anflug von Panik noch nicht gänzlich niedergerungen.
Die Unterhaltung ging weiter. Zwischen einigen seiner wirklich sehr guten Lampendocht-Witze ... nein anders: Als wir uns gerade über den in unseren Berufen am häufigsten ausgesprochenen Satz unterhielten – seiner war *Darf ich Ihnen die Scheibe putzen?*- sagte er plötzlich: *Ich mache mir auch viele Gedanken!*
Aaaaja, herzlichen Glückwunsch!
*Und worüber machst Du Dir Gedanken?*
*Über den Tod und das Leben danach. Ich habe mal das helle weiße Licht gesehen, und mein toter Vetter hat mich nachts besucht ...*
In meinem Hinterkopf ertönte das Geräusch einer mächtig geschlagenen, übergroßen tibetanischen Klangschale.
Wodurch auch immer dieser Gedankensprung vom Philosophieren über den Beruf zum Leben nach dem Tode erweckt wurde – ich versuchte meine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen. Es folgte eine herzzerreißende Geschichte, wie ihn sein verstorbener Vetter zweimal des Nächtens besucht habe, schlanker als vorher aussah und sehr glücklich schien.
Bravissimo! And how does that affect me???
Mir wurde schütter.
Und nach dem Motto *Ich erzähle, was mir unvermittelt in den Sinn kommt, damit ich höre, was ich weiß* teilte er einer inzwischen von Panikattacken gerüttelten Gastgeberin mit, daß er in der Horizontallage gern gewürgt und unterdrückt werden würde.
Schlagt mich, aber just in jenem Moment wünschte ich, daß es bereits Sonntagnachmittag sei!!! Was mich betraf, so war die Aussicht auf ein körperlich erfülltes Techtelmechtel mit diesem Mann mittlerweile so groß wie die Überlebens-Chance von Schneebällen in Hochöfen! Plötzlich erschien er mir weniger als ein möglicher Lebensgefährte denn eher als eine Art Lebensgefahr!
Er deutete bereits am Telefon an, daß er auf ein bißchen *Luftentzug* stehe, aber bitte ... im Laufe der Jahre habe ich einiges kennengelernt, was mich scharf macht, was aber nun wirklich nicht UNBEDINGT sein muß!!! So dachte ich also: Chchchott, darauf muß er dann halt mal verzichten. Bin schließlich nicht die gute Fee in Lack und Strapsen, die ihr Wochenende samaritisch verbringt und nur auf die Wünsche ihres Beischläfers einzugehen hat.
Welch ein verhängnisvoller Irrtum!!!
Bevor wir zum Essen gingen, versuchten wir eine kurze Horizontaleinlage.
Klar, ich schepperte mit der Büchse und tat, als sei ich wild und lasterhaft, aber er reagierte nicht auf derartige Schlüsselreize.
Es stellte sich heraus, daß er leider nur dann (und zwar ausschließlich dann!) einen *Püppi, unter Wasser sieht ER noch viel größer aus!* bekam, wenn ich ihn würgte und fies und dominant ansah. Erst als ich die eklige Sau aus mir rausließ (wo auch immer meine innere Sau herkam), spürte ich seinen Siewissenschon an meinem Hinterteil aufkeimen. Jahaaa, ich bin wie ein Grashalm, der sich im Wind biegen kann!
Doch sobald sich mein Gesicht in ein freudiges Grinsen verwandelte (und wer kann mir mein Grinsen und Augenleuchten verdenken, wenn ich spüre, daß mein Liebhaber endlich in Stimmung kommt), sank der Turm in sich zusammen, quasi wie ein aufgepumptes Schlauchboot, dessen Ventil offen ist und gleichzeitig eine Elefantenherde auf sich hertrampeln läßt.
Ein Lächeln von mir, und - zack, schon war der Schlagbaum wieder unten!
Nach ihm blieb nun auch mir die Luft weg, allerdings aus einem ganz anderen Grund. Wir brachen ab und gingen essen.
Nach dem Essen versuchten wir es ein zweites Mal. Ich dachte mir: *Jetzt wird Attacke geritten!*, doch es passierte nix mehr.
Ich lächelte vermutlich zu viel.
Meine Dominanz hatte den Charakter einer Barbiepuppe. Und streng genommen gab ich mir auch keine Mühe mehr.
Tja, und anderes hatte er nicht auf Lager.
Was soll man in solch einer Situation anfangen? Wo beginnen? Wo enden? Da halfen auch keine indischen Gebetskekse mehr. Höchstens, wenn sie mit bösen Gesichtern aus Zuckerguß bemalt gewesen wären.
Ich schöpfte neues Vertrauen in meine eigenwilligen Stimmbänder und fand mich plaudernd auf seinem Bauch wieder. Und ich empfahl ihm dringend, ein Domina-Studio aufzusuchen. Denn er hatte noch niemals – NIEMALS – einen Orgasmus mit einer anderen Person gehabt.
Außer im Schlamm, wo aber keine andere Person dabei war.
Im Schlamm!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Das Giros kam mir wieder hoch.
Man stelle sich vor:
Seine einzigen Höhepunkte hatte er in seinem Gartentümpel, und zwar deshalb, weil der Tümpelschlamm ihn einerseits erniedrige, er andererseits das Gefühl habe, von vielen Personen gleichzeitig angefaßt zu werden.
Schlagt mich, aber so war’s!
Was kann da noch helfen? Ein meditatives Einzelgespräch? Ein Franzbrantwein? Aufrecht und nackt im Bett sitzend erörterten wir seine Situation, insbesondere seine vorangegangene Beziehung. Es lag auf der Hand, daß er sein damaliges Gegenüber in Devotismus (???) noch um Längen schlug. Kein Wunder, daß sie nur miteinander kuschelten. Und das ganze neun Jahre lang.
Hier war professionelle Unterstützung nötig. Und nicht etwa eine psychiatrische, sondern eine praktische Hilfe. Es gibt selten Momente, in denen ich bedaure, daß meine Nachbarin kein in Lack und Leder gewandetes Mannsweib ist. Aber in diesem Moment war es so. Wäre doch prima gewesen, ihn gleich eine Tür weiter schicken zu können, um sowohl mir als auch ihm einen Gefallen zu tun.
Nach einer Stunde des Ergründens und des Anratens, professionelle Hilfe einzufordern (man stelle sich vor: ICH rate jemandem ernsthaft, ein Domina-Studio aufzusuchen!!!), ohne daß sich auch nur der Schimmer einer Erkenntnis einstellte, verabschiedete sich schließlich mein Gehirn mit den Worten: *Tschüß, ich bin dann am Strand!*
Ich war müde. Und es war umsonst.
Es gibt eine chinesische Weisheit, die hierher paßt:
*Ein Faß voller Fische schwimmt niemals stromaufwärts!* ... Ok, in der Übersetzung verliert es etwas an Gehalt, aber dennoch! Es war unmöglich, ihm seine Misere und seine weitere Vorgehensstrategie klar zu machen. Man kann einen Fisch eben nicht aus dem Wasser befreien.
Am folgenden Tag setzte ich ihn wieder in die Bahn. Noch eine Nacht hätte ich nicht ertragen. Und obwohl ich vorgehabt hatte, mir am Abend das zu holen, was mir am vorangegangenen Abend entglitt, fehlte mir doch der Elan, mich aufzuraffen und Spelunken aufzusuchen, wo ich Männer finden konnte, die ein Lächeln von mir ertragen können, ohne gleich in Depressionen zu verfallen!!!
Nun werfen sich allerdings Fragen auf:
Ist der Sex zur Alltagsroutine geworden, so daß man den gesteigerten Kick nur noch bekommt, wenn man in Extreme verfällt?
Und warum gerade Würgen! Warum nicht gleich Beißen oder Stechen? Oder besser noch: Erhängen?! Da ist der Kick doch bestimmt noch einen Zacken gespenstischer!!! Von jüngst geschehenem Kannibalismus wollen wir mal gar nicht erst anfangen.
Oder bin ich in meinem Geschlechtsleben einfach nur zu langweilig?
Hätte er es nicht auch einfach reizvoll finden können, Champagner aus meinen High Heels zu trinken? Sicher, ich hasse es, danach mit nassen Schuhen durch das Wohnzimmer zu stiefeln, aber das ist doch immer noch besser als dies!
Und was kommt als nächstes? Kopulation im freien Fall? Nackt vom Fernsehturm einen Paarsprung zu vollführen? Sich vor einen Zug zu schnallen und darauf zu hoffen, daß die Lokomotive möglichst oft in dunkle Tunnel einfährt? Auf einem Trampolin hüpfend zu verschmelzen? Ringewerfen über das männliche Gemächt? Oder sollte man sich letztlich als finalen Endkick in einen Lederstiefel umoperieren lassen?
Ich bin für vieles offen, aber wer für ALLES offen ist, scheint mir nicht ganz dicht zu sein!
Seit diesem Horizontaldesaster bin ich jedenfalls wieder komplett auf dem freien Markt. Es hat ja auch sein Gutes! So entgehe ich wenigstens dem Kampf zu entscheiden, wer beim gemeinsamen Bad in der Wanne auf dem Stöpsel sitzen muß!
Und wer mich zukünftig für nicht aggressiv genug hält, dem knalle ich eine! ;-)
Begierig darauf zu erfahren, was Mutter Natur wohl noch alles aus ihrem Fruchtbarkeitsbeutel hervorzuzaubern in der Lage ist,
und allen LeserInnen ein frohe Weihnacht wünschend
herzlich
die Aushilfs-Domina
Salome.