Zaungasts Adventskalender, 3. Kläppchen

Zaunkönig

Mitglied
Drittes Kläppchen

Kommissar Zaungast öffnet das dritte Kläppchen und findet dahinter – passend zum ersten Adventssonntag – eine Kerze vor. Was wird diesem wächsernen Phallus von der durch den Dunstkreis des eigenen Symbolismus benebelten katholischen Hermeneutik nicht alles an vermeintlichem Sinn untergejubelt ... das Wachs soll den Leib Christi versinnbildlichen, der Docht die dem Körper innewohnende Seele, die Flamme soll leuchtender Ausdruck der Gottheit sein ... auf das Naheliegendste sind die christlichen Exegeten wohl nicht gekommen.

Zaungast zündet die Kerze an und läßt sie bis auf einen Stumpf niederbrennen. In schwarzen Rauch aufgelöst hat sich die ganze Symbolik der Erklärer und Ausdeuter. Und Zaungast nimmt sich des Stumpfes nun selbst als Hermeneutiker an: „Es ist die Flamme des Zynismus, die den Dingen auf den Grund leuchtet, die sie auf ihr wahres Maß zurecht stutzt; auf den Stumpf, den wir verstehen können, denn alles, was über ihn hinausragt, fällt in den Bereich der spekulativen Induktion, für die unser Gehirn nicht ausgelegt ist. Es lebe die Abgestumpftheit, der Stumpfsinn in seines Wortes ureigenster Bedeutung. Unser täglich Maß gib uns heute wie für immer und für alle Zeiten, auf daß wir nicht irre werden an uns selbst sowie an unseren lieben Nächsten. Amen!“

Ich wünsche allen einen schönen ersten Advent! Und laßt die Kerzen nicht zu weit herunter brennen, ich möchte schließlich nicht als geistiger Brandstifter dastehen.



Werner Fletcher
 



 
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