Zeittropfen

Zeittropfen


Mein Wald
durch den ich
immer fahre
Scheibenwischer
machen den Weg
frei vom Niesel
für hereinsterbende
Sonnen

Regentropfen
über schweigenden
grünen Riesen
Blätterriesel
auf meinem Dach
Sonnenblinken
auf der Straße
Totalreflexion

vor langer Zeit
Atlantischer Ozean
Regentropfen
wir in einem
Zeittropfen
Sonnenblinken

dein junger Kuss
tastende Hände
Windstreicheln
in unseren Haaren
umarmender Sommer

wie zerbrochenes
Glas schlitzte
der Abschied
unsere Herzen
erstes tiefes Blut
Sonnenkinder
wir drehten uns
in der Glut

Regentanz
Zeittränen
auf der Straße
in meinem Wald

Liebe in
blauen Wellen
Strand und Strand
Gare du Nord
meine Lippen
und Hände
am Zugfenster
du bliebst zurück
zurück
zurück
zurück
Zeittropfen
Versprechen
Verfallen
Verschwinden
Überwinden
Sonnenregen
auf meinen Wangen

neue Zeit
neue Tropfen
Wiedersehen
alte Liebe
neues Lachen
Fledermaushimmel
mit Mond und Sternen
Lavendel und
Thymian in
roten Bergen
zitternde Herzen
tiefes Seelenverstehen
ich schlucke den letzten
Zeittropfen

würge das Gift herunter
für meine Augen
habe ich keinen
Scheibenwischer
in diesem Tal meines
Herzens blinkt
keine Sonne

Grabesruhe
den letzten Zeittropfen
hat mir
der Tod geschenkt
dein Tod
ein Sonnenstrahl
verfängt sich
in meinen Wimpern
ich halte an
steige aus
schließe meine Augen
ich kann kein
Licht in diesem
Tal ertragen.

Die Zeittropfen fallen gekonnt auf den Computer-
bildschirm
und regnen ein schönes Bild von Natur, Sehnsucht,
Vergangenheit und Tod und Liebe...
Ein zarter roter Faden geht durch das Gedicht
...bis zu den Wimpern.
"Gare du Nord" hab ich nicht verstanden.

lg

Gare du Nord - ein Bahnhof in Paris.
Ich habe das Gedicht ähnlich empfunden wie rosste. Liebe, Verlassen, Sehnsucht, Tod. Sehr stimmungsvolle Zeitfenster, die du hier öffnest. Fast fragmentartig und doch zugehörig und stimmig. Melancholisch und schön.
Die Wiederholung vom "zurück" war sehr einprägsam, gut gesetzt.
Sehr gern gelesen.
LG
Sandra