Zwei Schiffe

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hwg

Mitglied
Der kleine Jörg schenkte seinem Vater, dem Literaten, zwei winzige Schiffe.
Sie sind aus goldenem Stanniolpapier und haben eine besondere Eigenart:
Niemand sieht ihnen an, dass es Schiffe sind.
Gekrümmte Papierblättchen.
Wenn der Vater es nicht vom Sohn erfahren hätte, so wüßte auch er es nicht.
"Wozu hast du die Goldpapierfetzen auf dem Bücherregal?", wird der Dichter oft gefragt.
"Lasst sie liegen - es sind zwei Schiffe!"
Die Schiffe werden auf dem Bücherboard bleiben, bis der älter gewordene Jörg seinem Vater etwas anderes dafür hinstellt.
Der Poet denkt an sein erstes Gedicht.
Es war ein Fetzchen bekritzeltes Papier,
und niemand wollte es damals als Gedicht gelten lassen...
 

Rodolfo

Mitglied
Von deinen 4 Ultrakurzgeschichten gefällt mir diese bei weiten am besten. Die anderen beschreiben einen Eindruck, sind Denkanstösse oder Momentaufnahmen. Diese hier ist eine vollständige Geschichte. Wahnsinn, wie du die Story auf ein Minimum reduziert hast ohne die Aussage zu verlieren.

Wenn du es auf die Spitze treiben möchtest, könntest du sogar noch einen Satz weglassen:

"Die Schiffe werden auf dem Bücherboard bleiben, bis der älter gewordene Jörg seinem Vater etwas anderes dafür hinstellt."

Aber tu's besser nicht, ist nur so ein Hirnfurz von mir.

Saluti: Rodolfo
 
G

Gelöschtes Mitglied 5196

Gast
hallo,

gefällt mir, nicht leicht in einen so kurzen text so viel aussagekraft zu bringen, dir ist es hier gelungen,

gruß

mye
 



 
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