Zweiundzwanzigstes Märchen: Vom Kampf gegen den Kelpie

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VikSo

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Zweiundzwanzigstes Märchen: Vom Kampf gegen den Kelpie
„Dafür, dass es so eilig ist, lassen sie sich reichlich Zeit.“
Kai war in verdrießlicher Stimmung. Nach seiner Audienz in der vergangenen Nacht hatte er so gut wie nicht geschlafen. Er war um sieben Uhr aufgestanden und hatte ausschließlich Kaffee gefrühstückt. Die ganze Zeit über saß er auf dem Sprung für den Fall, das die Nachricht mit dem Schlüssel eintreffen würde. Vorsichtshalber hatte er das Fenster weit aufgerissen, denn der Bote der Feen musste sicher ein Vogel sein.
Mittlerweile war es später Vormittag und Kai hatte mindestens fünfmal den gleichen Zeitungsartikel gelesen, ohne zu merken, dass er die Zeitschrift verkehrt herum hielt. Viola weilte auf Patientenbesuchen. Maria war noch vor allen anderen aufgestanden und hatte sich unbemerkt aus dem Haus geschlichen. Jetzt, da er sich dazu hatte breit schlagen lassen, schien keiner außer ihm diesen Auftrag mehr wichtig zu finden.
Als zwölf Uhr vorbei war, beschloss Kai, seine Suche schon einmal im Märchenbuch seines Großvaters zu beginnen…in dem er rein gar nichts fand. Das überraschte ihn nicht, schließlich kannte er die Geschichten darin in- und auswendig. Wenn das Meistermärchen darunter gewesen wäre, hätte er das ja wohl längst bemerkt. Oder? Woran erkannte man das „Märchen der Märchen“? Kai stellte sich vor, dass ihn eine Art erhabenes Gefühl überkommen müsse, wenn er es lese. Nichts dergleichen geschah.
Nach einer weiteren Stunde sinnlosen Herumtrödelns gab er schließlich auf. Missgelaunter denn je schnappte sich Kai Mantel und Handschuhe und wollte eben zur Türe hinaus stürmen, als das Telefon klingelte.
„Hallo“, meldete sich Marias samtiger Alt. „Hast du zufällig Zeit? Ja? Wunderbar. Zieh dich warm an und komm zu meinem Laden. Bitte. Ein Satz Wechselsachen wäre vielleicht angebracht.“
„Maria, du hast doch nicht…“
…irgendetwas Dummes vor. Bevor er den Satz vollenden konnte, hatte Maria den Anruf unterbrochen.
„Also gut.“, murmelte Kai. „Ich habe ja eh nichts Besseres zu tun.“
Wie ihm geheißen stand er also fünfzehn Minuten später vor Marias Geschäft. Zu seiner Verwunderung hatte die Hexe sämtliche Vorhänge vorgezogen, sodass das Haus einen gänzlich verlassenen Eindruck erweckte. Diese Annahme musste Kai jedoch einen Augenblick später revidieren, als aus dem Inneren ein Lärm ertönte, als hätte sich ein halbes Dutzend Handwerker mit schweren Maschinen gleichzeitig an die Arbeit begeben. Kai schwante Böses, während er in einem drängenden Stakkato auf den Klingelknopf einhämmerte. Es dauerte einige Sekunden, bis er auf der anderen Seite der Tür stapfende Schritte hörte.
Ihm öffnete eine von oben bis unten durchnässte Maria. Irgendwann an diesem Tag hatte sie die Kleidung gewechselt: Eine schwarze Bluse klebte in nassen Falten an ihrer Taille; die Beine der schwarzen Samthose hatte sie hochgekrempelt. Die Füße waren barfuß. Der weißblonde, tropfende Haarschleier verdeckte zur Hälfte ihr bleiches Gesicht.
„Gut dass du kommst“, tirilierte sie, als wäre er mal eben auf eine Tasse Tee herein geschneit. „Zieh deine Schuhe gleich am Eingang aus, die Strümpfe auch.“
Kai wollte angesichts der sibirischen Kälte widersprechen, erkannte jedoch schnell den Grund dieser Forderung: Das Licht von an die 30 Kerzen, überall auf den oberen Regalbrettern verteilt, beleuchtete eine drei Finger hohe Wasserschicht, die soweit das Auge reichte den Boden des Verkaufsraumes bedeckte. Eine Tropfsteinhöhle. Vor Kais Füßen trieben zwei Beutel „Earl Grey“ vorbei.
„Was hast du angestellt?“, fragte er die junge Frau in bestürzt. „Sollten wir nicht einen Klempner rufen?“
„Sofern du einen kennst, der sich auf das Zügeln von Wasserungeheuern versteht.“, meinte sich nachsichtig lächelnd. „Ich habe sämtliche Wasserhähne abgedreht und das Leitungssystem mit einem kleinen Zaubertrick soweit blockiert, dass er sich nur noch in diesem Raum hier aufhalten kann.“
Womit sie wohl recht hatte. Deutlich genug rumpelte es in den Rohren über ihren Köpfen.
„Und woher das ganze Wasser?“
„Kollateralschäden.“ Die Hexe zuckte die Achseln. „Als er merkte, dass er in der Falle sitzt reagierte unser Freund etwas gereizt und schmolz kleine Löcher in die Leitung. Keine Angst, ich habe sie soweit geflickt, dass er nicht ungesehen entkommen kann.“
„Das beruhigt mich ungemein.“, brummte Kai. „Und wahrscheinlich hast du auch schon einen genialen Plan, den du mir gleich auseinandersetzen wirst?“
„Stell dich einfach mal hierher.“ Maria wies auf eine Stelle inmitten des Zimmers. Aus nicht ersichtlicher Quelle war das Wasser inzwischen fast auf Knöchelhöhe gestiegen. Kai seufzte und hoffte, die Hexe wisse, was sie tue.
„Gut.“, urteilte diese, als der junge Mann zu ihrer Zufriedenheit postiert war. „Jetzt rühre dich nicht von der Stelle. Egal, was passiert, bleib genau da stehen, wo du bist.“
Während Kai sich noch besorgt fragte, was genau denn passieren sollte, verschwand Maria in einer schattigen Ecke. Binnen einer Sekunde war sie mit der Dunkelheit verschmolzen.
Danach gar geschah eine Weile lang erst einmal gar nichts. Der Raum fühlte sich leer und dumpf an. Tropfen plätscherten irgendwo außerhalb seines Blickfeldes im Sekundentakt zu Boden. Kai begann, sich ziemlich dumm vorzukommen, wie er dort mit nassen Füßen in einer eiskalten Lache stand. Fast erwartete er, im nächsten Moment eine Handvoll Leute aus dem Ecken springen und „April April!“ rufen zu hören.
In dieser Sekunde erwachte das Phantom über seinem Kopf zu neuem Leben. Das Pochen gegen die Leitungsrohre, das gerade noch in einem gemächlichen Tock – Tock – Tock vor sich hin geklopft hatte, steigerte sich auf einmal zu einem galoppierenden Tocktock – Tocktock – Tocktock. Wie ein durchgedrehter Trommler raste es von einem Ende des Raumes zum anderen. Plötzlich blieb es stehen, direkt vor Kai, tobend wie ein Presslufthammer. Kai spannte unwillkürlich die Muskeln an. Da, wo das Tosen am wildesten tobte, begann das Kupfer des Rohres zu leuchten als hielte jemand von innen einen Bunsenbrenner dagegen.
Maria, ich hoffe dein Plan ist wirklich brillant.
Es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Einen Augenblick später gab das Metall der konzentrierten Hitze nach. Mit einem gewaltigen „WUSCH!“ tat sich ein klaffendes Loch in dem Rohr auf. Zugleich schoss eine Fontäne zischenden Wassers hervor. Kai musste an sich halten, nicht durch einen Sprung auszuweichen, als die Fontäne nur eine Handbreit vor seinem Gesicht zu Boden stürzte. Spritzer kochenden Wassers trafen seine schützend erhobenen Hände. Weißer Dampf trübte seinen Blick.
Rühr dich nicht von der Stelle!, klang Marias Warnung in seinem Ohr, obwohl er sicher war, dass sie nicht gesprochen hatte. Lenk ihn ab. Verwickle ihn in ein Gespräch!
Wen?, dachte Kai angestrengt. Die Frage erübrigte sich allerdings, als sich aus der Dampfwolke ein Schemen heraus zu schälen begann
Das ist aber kein „Er“.
In der Tat: Je mehr sich der Schatten verdichtete, desto deutlicher erkannte Kai seine Formen. Eindeutig weiblich. Kai kniff die Augen zusammen. Die Frau war klein, schlank und trug ein Gewand, das dem Wesen bis zur Hüfte wie eine zweite Haut anlag, um dann unten nahtlos in die glänzende Wasserlache überzugehen. Kurzes, goldblondes Haar hing ihr über die faszinierend azuren Augen. Das alles fesselte Kai aber nicht halb so sehr wie das Gesicht selbst. Jeder Zug, die Nase, der Mund, die etwas spitz zulaufenden Ohren – alles entsprach zu hundert Prozent der Miene Violas.
„Hallo Kai.“, begrüßten ihn Violas Lächeln und Violas klingende Stimme – mit einem verführerischen Unterton, den Kai bei Viola noch nie gehört hatte.
Sprich mit ihm!, ermahnte sich Kai selbst.
„Äh – Hi.“ Selbst in seinen Ohren klang das unbeholfen.
„Du kennst mich, nicht wahr?“, gurrte die falsche Viola weiter. Ihr Blick bohrte sich auf unwiderstehliche Weise in den seinen.
„Ja.“, stotterte er unsicher. „Natürlich.“ Wobei er sich nicht sicher war, ob das Biest nun „Viola“ oder „Kelpie“ genannt werden wollte.
„Was tust du hier in der Kälte, Kai?“ Das Ungeheuer verfiel in einen mitleidig-besorgten Singsang, der auf zehn Meter Entfernung noch falsch geklungen hätte.
„Ich – wollte dich besuchen.“, polterte Kai heraus. Noch als er es sagte hätte er sich die Zunge herausreißen mögen. Der Kelpie glaubte ihm natürlich kein Wort. Stattdessen plätscherte er ein perlendes Lachen hervor.
„Kai, Kai, hör auf, mich anzulügen. Lügen ist unartig und du stehst doch auf der Seite der Braven.“ Violas Augen verengten sich misstrauisch. „Die Hexe hat dich hergelockt, hab ich recht? Wo befindet sie sich jetzt? Du darfst ihr nicht trauen, Kai. Sie hat mich auch getäuscht.“ Die Stimme des Monsters wurde eindringlich. „So sind sie nun einmal, diese Hexen. Ihr Herz ist von Geburt an heimtückisch; sie könnten sich nicht dagegen auflehnen, selbst wenn sie es versuchten. Was hat sie dir vorgegaukelt? Dass ich sie töten wollte? Unsinn! Wieso sollte ich von mir aus eine Hexe angreifen? Noch dazu eine, deren Kraft ich schon weit vor der Stadt gewittert habe? Sie lockte mich hierher und sperrte mich dann ein und jetzt benutzt sie dich, um mir den Rest zu geben. Sei nicht dumm, Kai! Lass dich nicht von ihr verführen!“
Die letzten Worte waren in einer einzigen hasserfüllten Welle hervor geströmt. Kai sah das Blut in Violas Wangen schießen. Die blaugrünen Augen verwandelten sich in einen verzehrenden Abgrund.
Dennoch hatten ihre Worte – neutral betrachtet – etwas Einleuchtendes. Genau genommen stand das Wort eines zwielichtigen Geschöpfes (Marias Bericht, der Bericht einer Hexe) gegen das des anderen. Wenn ich Maria nicht kennen würde…
Aber wie gut kannte er sie überhaupt? Seit ein paar Tagen. Kai musste an das Kind denken. Das Baby, das Maria vielleicht vor Jahren gegen ihre eigene Freiheit eingetauscht hatte... In der Tat: Warum sollte er ihr mehr trauen als dem Kelpie mit Violas Gesicht. Diesem hübschen Gesicht, das ihn so gefühlvoll betrachtete.
„Liebling, was stehst du dort wie angewurzelt an der Stelle?“ Violas Lippen lächelten zuckersüß. Klang ihre Stimme nicht schon ein bisschen mehr nach der echten Viola? Wieso hatte er vorhin einen Unterschied herausgehört?
Ich sollte zu ihr hinübergehen.
Kai wollte gerade einen Fuß heben, da trat Maria aus dem Schatten. Mit ernstem, bittenden Blick schüttelte sie den Kopf.
Was soll das?
Statt einer Antwort wedelte Maria mit den Händen. Kai nahm sie nur aus dem Augenwinkel war. Noch immer fixierte ihn Violas untiefer Blick.
„Kai“, hauchte Violas Mund. „Komm zu mir.“
„Ich kann nicht.“ Allein das zu sagen kostete ihn unvorstellbare Überwindung. „Die… Hexe hat mein Bein festgebunden. Festgezaubert. Du musst mich befreien. Liebling.“
Das letzte hatte er spontan angefügt. Der Kelpie stutzte. Offensichtlich erschien das selbst ihm zu einfach. Er witterte die Falle, konnte jedoch nicht feststellen, worin sie lag.
Da sind wir ja schon zwei.
Endlich breitete sich ein Lächeln über Violas zartem Gesicht aus, so sanft wie das des Wolfes vor einer Schafherde. „Natürlich Schatz.“
Ohne sichtbare Schritte glitt sie auf ihn zu. Aus dem Loch im Rohr tropfte schluckweise Wasser heraus (Plopp – Plopp – Plopp). Jetzt stand sie direkt vor ihm. Die Spitze ihrer Stupsnase berührte nahezu seine. Ihr Körper strömte eine feuchte Kälte aus. Sie duftete nach Salzwasser und grünen Algen.
„Keine Sorge Liebling, gleich bist du frei.“ Sie klang liebevoll wie Meeresrauschen. „Nur noch eins. Nur noch eins.“
Langsam, wie eine Welle, die sich schwer ans Ufer rollt, beugte sie sich noch weiter vor.
Oh. Ohhhh.
„Oh!“, gurgelte der Kelpie.
Zu seinem Schrecken spürte Kai, wie die kalten, salzigen Lippen von seinen weggerissen wurden.
„Was?“, wollte er rufen. Stattdessen spuckte er einen riesigen Schwall Wasser heraus. Wasser, Wasser, immer mehr Wasser. Panisch begann Kai zu husten. Woher kam das ganze Wasser in seinem Mund? Er konnte nicht atmen. Einen Moment lang wurde ihm schwarz vor Augen und er sank auf die Knie. Ich ertrinke. Ich ertrinke! Dann war es vorbei. Hektisch keuchend kauerte Kai auf allen vieren auf dem Boden. Ihm blieb jedoch nicht viel Zeit.
„Kai, könntest du mir hier mal helfen?“
Marias Stimme bebte vor Anstrengung. Als Kai verwirrt aufblickte, sah er die junge Hexe zwei Meter von ihm auf dem Boden kauern. Ein Knie hatte sie dem liegenden Kelpie in den Rücken gestemmt. Mit beiden Händen umklammerte sie jeweils ein Ende eines dünnen, silbrig glitzernden Fadens, den sie dem Ungeheuer um die Kehle geschlungen hatte.
Reißfeste Zahnseide.
Violas dünne Gestalt bäumte sich unter der übermächtigen Kraft der Zauberin auf. Ihr Gesicht war zu einer wütenden Fratze verzerrt.
„Arg!“ Ein Schrei des Zorns entrang sich der Kehle des Monsters. Für eine Sekunde verwandelten sich ihre schlanken Beine in zwei gewaltige Hinterläufe, die sich gegen den Boden zu stemmen versuchten.
„Denk nicht mal dran!“, zischte Maria. Kai warf einen Blick auf ihre Miene. Im Schein der Teelichter schien ihre Haut einen eigenen Glanz auszustrahlen. Ein Leuchten von purer Macht. Zum ersten Mal seit ihrer Bekanntschaft konnte er sich vorstellen, dass dieses unschuldig wirkende Mädchen eine Hexe war.
„Maria, du bringst sie um!“
„Tatsächlich?“, keuchte die Hexe. Es focht sie nicht großartig an. „Bring mir mal den Schleier da drüben.“
Mit einem Nicken deutete sie zu einem Beistelltisch hinüber. Trügte ihn sein Verstand oder lag dort ein…?
„Ähm, Maria, ich werde dieses… Ding nicht heiraten.“
„Sei nicht albern. Beeil dich. Das Biest ist stark. Jemand muss seine Kraft durch einen Zauber verstärkt haben.“
Der Kelpie lachte ein hässliches, wieherndes Lachen.
Mit neuer Entschlossenheit trat Kai näher.
„Ich habe ein wenig die Bücher gewälzt.“, presste Maria hervor. „Einige Legenden besagen, dass ein Schleier – ein Brautschleier – dem Kelpie auf den Kopf gesetzt, die gleiche Wirkung entfalten soll wie das Zaumzeug.“
„Wieso ein Schleier?“
„Weil der Schleier eine Braut auch Zügeln soll. Patriarchalische Vorstellung, wenn du mich fragst. Würdest du jetzt bitte?“
Zögerlich – wie herum brachte man dieses Ding denn an? – folgte Kai dem Befehl.
Kaum hatte der Stoff das Haupt des sich windenden Ungeheuers berührt, ging eine Veränderung mit dem Kelpie vor. Wie ein Schlauchboot, aus dem man die Luft gelassen hatte, sank die Gestalt mit einem Zischen in sich zusammen. Der Brautschleier, eben noch strahlend weiß, verfärbte sich innerhalb eines Atemzuges faulig grau. Desgleichen tat das Haar, das plötzlich stumpf, struppig und schmutzig in das aschfahle Gesicht baumelte. Es war die Haut einer uralten Frau, die sich wie brüchiges Papier über spitzen Knochen spannte. Ihr Atem kam röchelnd und stoßweise.
Maria entspannte sich sichtlich. Mit flinken Fingern band sie an einem Ende der Schnur in ihrer Hand eine Schlinge. Das andere behielt sie in der Hand, sodass es aussah, als würde sie das halbtote Skelett auf dem Boden an der Leine führen.
„So.“, meinte sie schließlich. „Jetzt wollen wir uns in aller Ruhe unterhalten.“
Das Wesen lachte bitter auf. Kai konnte nicht umhin, Mitleid zu empfinden. Dann dachte er daran, wie ihn das Ungeheuer noch vor fünf Minuten mit einem Kuss fast ertränkt hätte und unterdrückte diese Regung sofort.
„Was willst du von mir, Hexe aus der Sippe Andersen? Wen soll ich für dich aus dem Weg schaffen?“ Die Geschäftsmäßigkeit, mit der diese Frage hervorkam, schnürte Kai die Luft ab.
„Nichts dergleichen.“, antwortete Maria. „Du sollst mir einige Frage beantworten. Ich denke, eine kennst du bereits.“
Der Kelpie kicherte heiser. „Du willst wissen, wer mich gesandt hat. Kannst du dir das nicht selbst denken?“
Die Lippen dünn wie ein Strich nickte Maria. Ihre Mimik war so angestrengt unbeteiligt, dass es Kai in der Seele schmerzte.
„Warum jetzt? Warum ausgerechnet jetzt?“
Das Wesen atmete tief. „Was habe ich davon, wenn ich spreche.“
„Im Moment lebst du noch.“
„Nicht mehr lange, wenn ich zu viel plaudere.“ Es entblößte ein paar gelbe, große Zähne. „Von ihr weiß ich, dass sie nicht lange fackelt. Dein Herz dagegen ist weich.“
„Dann hoffe auf dieses weiche Herz und sprich.“
Der Kelpie zögerte. Kai beobachtete, wie widersprüchliche Gedanken sich hinter seiner Stirn jagten.
„Sie bekommt es nicht unter Kontrolle. Es ist zu stark für sie. Es spürt, dass es nicht wirklich ihr gehört. Nicht, solange sein wahrer Eigentümer am Leben ist.“
Maria runzelte die Stirn. Was Kai eher durcheinander brachte, schien ihr vollkommen klar zu sein. Ihre Augenlider zitterten, während sie das Gesagte verarbeitete.
„Was weißt du noch?“
Das Monster versuchte einen unschuldigen Augenaufschlag. Mit dem Gesicht der halb mumifizierten Greisin wirkte es grotesk. „Oh einiges. Doch fällt es mir im Augenblick nicht ein. Wenn es einen Ort gäbe, wo ich in Ruhe nachdenken könnte…“
Maria verzog höhnisch das Gesicht. „Dünken dir die Kerker des Elfenreiches sicher genug?“
Der Kelpie schien wenig begeistert. „Nur so lange, bis ihr unterliegt.“
„Dann wollen wir hoffen, dass das nicht geschieht.“, entgegnete Maria trocken. „Also?“
Zögern. Dann zuckte der Kelpie zornig mit dem Kopf.
„Also schön.“, flötete Maria. „Dann bringen wir dich mal dorthin.“
 



 
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