Zwischen Welten

4,40 Stern(e) 12 Bewertungen

Echoloch

Mitglied
Taumle unbeschwingt und schweren Herzens
durch die Nacht im Frühlingsregen
deine Nähe unerreichbar, unvergleichbar,
die Vereinigung verloren,
nicht mehr von dir auserkoren;
nur ein schmaler Lebensstreifen
Zweisamkeit, Einmaligkeit.

Deine Worte streicheln Hoffnung,
meine Schranken sperren aus,
bin noch immer zu befangen,
unerfahren, schmerzbenommen.
Schon verschwommen
unser Fluss Natürlichkeit,
gedankenlose Zauberzeit.
Längst zerronnen der Moment
unbeschwerter Einigkeit.

Fühl mich trostlos, überfordert,
bodenlos in meinem Kampf,
zu gefallen, zu erhalten,
zu erobern, zu verwalten,
falsche Worte, schlechte Regeln,
nicht einmal Notwendigkeit,
nicht einmal der Zwang der Wahrheit,
lediglich verspielte Klarheit,
Kopfschmerztaumelhoffnungstrank.

Wenn ich doch nur, könnte ich,
vielleicht noch einmal – würde ich
dir offen sagen, was ich denke
fühle wünsche hoffe will
Hätte ich nicht, wäre einfach,
gäbe es die Möglichkeit,
dich dann zu fragen, wer wie wo wir,
was wir füreinander sind,
könnte mich dir anvertrauen,
öffnen, lösen, weitergehen.
Taugespenster nagen Löcher
in das Tageslicht-Geschehen.

Sinke matt in meinen Schutzraum,
trinke vom sterilen Boden,
seh dein Bild, hör deine Stimme, glaube kaum,
dass ich den Traum
ungenutzt verhallen ließ,
lass mich fallen, schlage auf
im ewigen Moralverlies.
 

wondering

Mitglied
Liebe Maja,

dir gelingt es, dem Taumeln ein Dynamik zu verleihen, die noch schwindeliger macht, als das Taumeln selbst. Taumeliger Rhythmus und Worte wie Kopfschmerztaumelhoffnungstrank oder Taugespenster und ein Schluss, der den Aufprall spüren lässt, machen das Werk derart rund, dass ich gar nicht weiß, wo das Zwischenweltliche ist.
Ich empfinde den Taumel, so dargestellt, als eigene erlebenswerte Welt.


Viele Grüße
wondering
 

MH

Mitglied
hallo echoloch,

zunächst möchte ich ganz einfach anmerken, dass ich begeistert bin von deinem gedicht...

gleich beim ersten lesen ist mir sofort dieser abschnitt besonders aufgefallen:

Wenn ich doch nur, könnte ich,
vielleicht noch einmal – würde ich
dir offen sagen, was ich denke
fühle wünsche hoffe will
Hätte ich nicht, wäre einfach,
gäbe es die Möglichkeit,
dich dann zu fragen, wer wie wo wir,
was wir füreinander sind,
könnte mich dir anvertrauen,
öffnen, lösen, weitergehen.
Taugespenster nagen Löcher
in das Tageslicht-Geschehen.

diesen text - auch für sich alleine stehend, und daher nochmal in mein posting kopiert - finde ich so stark, dass ich ihn sogar als eigenständiges gedicht akzeptieren könnte, zumal er für mich sowas wie eine nachdenkliche, rückblickende (?) unterbrechung des "taumels" darstellt - der fluss des werkes setzt sich erst in der folgenden strophe wieder fort...

das einzige, was mich beim lesen ein wenig gestört hat ist die "zauberzeit", die für mich in dem ansonsten sehr natürlichen und konkreten text etwas nicht greifbares, zu allgemeines plaziert und somit eine leichte unruhe bringt.

abgesehen von dieser kleinen bemerkung sehe ich - im positven sinne - keinen anlass für weitere textarbeit ;-)

mfgMH
 

Echoloch

Mitglied
@wondering und MH

Hallo ihr Zwei, da bleibt mir ja kaum mehr zu sagen, als mich für eure begeisterte Resonanz zu bedanken! Es bleibt mir nach wie vor rätselhaft, welche Texte ins Herz treffen und welche vielleicht nicht - aber es wäre natürlich auch schlimm, das planen zu können.

Wondering, als ich den Text schrieb, fühlte ich mich sehr zwischen den Welten, wenn nun eine eigene Welt entstanden ist, dann habe ich mich wohl (zu?) sehr hineinfallen lassen. Ich muss noch verdauen und darüber nachdenken, ob es gut oder schlecht oder wertfrei ist, wenn die Zwischenwelt nun eine neue Welt ist (wobei eine Synthese zwischen den beiden Welten, also der These und der Antithese, durchaus mein Ziel ist und ich diesem mit dem Text vielleicht näher gekommen bin, als ich dachte).

MH: Du hast Recht. Die "Zauberzeit" passt nicht gut, danke für den Hinweis, jetzt sehe ich das auch. Der Begriff passte perfekt auf die reale Szene, aber sprachlich passt er nicht gut in den Text. Ich werde darüber nachdenken, ob ich ihn ersetzen kann. Allerdings hänge ich sehr an ihm. Wegen der realen Szene. Je mehr ich darüber nachdenke, desto häufiger scheine ich mich zwischen Welten aufzuhalten ...

Hm, nun war doch mehr zu sagen als "danke". Auch das ließ sich nicht planen. Viele liebe Grüße von Maja
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Maja,

Dein Worttaumel hat auch mich ganz düselig gemacht.
Das ist dann auch das Einzige, das dem Text weh tut, die vielen Wort verwirren mich.

Aber ansonsten: Toll!


cu
lap
 

Echoloch

Mitglied
Jaaaaa, lieber Lapismont, ich weiß das wohl, dass ich zuweilen (okay, fast immer) zu wortverliebt bin und bemühe mich um stetige Besserung, ich schwör's! Ein bißchen ist es aber auch Geschmackssache, oder?
;O))
Es freut mich aber sehr, dass der Text dir trotz der vielen Worte gefallen hat, und ein bisserl schwindelig ist gar nicht so schlecht, mir schwindelt nämlich noch immer, und das nun schon seit Tagen ...

Liebe & beste Grüße von Maja
 
B

bonanza

Gast
Viel zu anstrengend. Diese ganzen Adjektive und Adverbien.
Das kommt wie ein Müllsack, den man sich vor die Füße
schüttet.
Ein lauer Brei voll Nichtssagendem.
Mir fehlt die Spannung in der Sprache.
Was hält sie zusammen?
Wo fließt der Saft in deinem Gedicht?
Stattdessen Eintönigkeit.
Oberflächlich mit dem Bemühen nach Tiefe.
Schlimmer geht`s fast gar nicht.

Aber in unserer Gesellschaft fängt man mit dieser Flöten-
melodie viele Ratten.

bon.
 

Echoloch

Mitglied
Lieber Bonanza, ich freu mich, dass mich endlich mal jemand versteht. Ich hatte in der Tat nichts zu sagen, war emotionslos und verzweifelt um Tiefe bemüht, als ich diesen Text schrieb. Und die gesellschaftliche Zustimmung bleibt mein höchstes Ziel.

Tut mir sehr leid, dass du gezwungen warst, vergeblich nach dem Saft in dem Gedicht zu suchen und dass dich dieses dann auch noch überanstrengte. Wird sicherlich wieder vorkommen.

Amüsierte Grüße von Maja
 
S

Sandra

Gast
Wer hat hier was gegen Ratten?

Klasse Gedicht, ohne Frage. Wortverliebt bist du sicherlich, Maja, aber man muss erst einmal ein entsprechendes Repertoire an Worten haben, um sich so etwas leisten zu können. Zudem wissen wie man sie einsetzt. Dies ist dir wirklich über die Maßen gut gelungen. In deinem Taumel drehst du den Leser gleich mit. Die Gefühle sind spürbar und zu fassen, so muss es m.E. nach sein. Natürlich - wirkliche Qualität erkennen nur Kenner ;), aber mit den ersten drei Komm. hast du ja drei auf deiner Seite.

Liebe Gruße

ebenfalls amüsiert

Sandra
 



 
Oben Unten