Zwischen Zuversicht und Erschöpfung

ibini

Mitglied
Bestimmte Erscheinungen, Ereignisse oder Abläufe aus dem Tagesgeschehen von Mensch oder Natur sind in moderne Lyrik umgesetzt. Jeder dieser nur aus Metaphern aufgebauten Zyklen besteht aus vier gleich langen Episoden. Diese sind zwar in sich abgeschlossen, vermitteln jedoch nur in ihrer Gesamtheit das vorgezeichnete Bild. Der erste Zyklus – „Zwischen Zuversicht und Erschöpfung“ – gibt einen Marathonlauf (bzw. Marathonläufer) vom Start bis zum Ziel bei zwei Zwischenstationen (Kilometer x und y) wieder. Um konstruktive Kritik wird gebeten. Danke!


zwischen zuversicht und erschöpfung – zyklus

start

träume
der hoffnung entwunden
voll zuversicht gepflockt
in sich gekehrt
die gedanken
flirrende einsamkeit

im widerschein
des entspannens
bricht neues leben
den augenblick
im labyrinth der irrungen
seinen weg suchend

erinnerungsbeladen der pfad
in den lachenden tag
zwischen start und ziel

stummer zeuge ein name
marathon

kilometer x

schwerelos die schritte
in die ungewißheit
ungebrochen das begehren

inhaltsverlorene gedanken
schweben im
sanften sommerwind
leichtfüßig
der spur folgend

allein die zeit
verlangt tribut
das ende
unbeirrbar im visier

ins nichts entschwunden
die ersten zeichen von ermüden
zwischenspurts
im bewußtsein
sich vertiefend der graben

kilometer y

die letzten runden
mitleidlos der weg
indes die begierde
stumpft dornen
schon entglittenes
gewinnt unversehens an boden

schwindende kräfte
trüben lockeres spiel
wecken
momente des vergessens

erwartungen
verblassen
in lautloser tiefe

greifbar nahe das ziel
und doch von
unendlicher weite
rien ne va plus

ziel

entschieden
erstarrt was berauscht
schwer der atem
in der leere
kreisender gedanken

mutlos verkrampft
der augenblick
aus der enttäuschung
neue hoffnung
gebärend

erschöpfung
verliert sich
im wirrwarr von erinnerungen
zuversicht
keimt im licht des willens

nouveau jeu
rouge ou noir​
 
J

josipeters

Gast
hallo ibini,

also ein Spiel?! Roulett? Besser nicht ernst zu nehmen
 

ibini

Mitglied
Noch kurz zur Erläuterung: Ich selbst bin kein Fan moderner Lyrik. Für mich aber kein Grund, sich nicht damit zu beschäftigen. Im vorliegenden Fall geht es mir nun vorrangig auch mit darum zu sehen, ob sich „Alltagsgeschehen“ in seiner Gesamtheit durch moderne Lyrik so wiedergeben läßt, daß es erkennbar ist/bleibt. Etwa im Gegensatz zu einem surrealistischen Maler, der einen Apfel zum Beispiel durch zwei Querstriche darstellt.
 

anemone

Mitglied
hallo ibini,

wenn aus seiner Sicht der Apfel 2 Striche sind, hat es wohl keinen Sinn ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Für ihn ist der normale Apfel nichts wert
 

ibini

Mitglied
Hallo anemone,

warum willst Du ihn auch vom Gegenteil überzeugen? Ist es nicht besser zu versuchen, ihn zu verstehen? Bist Du sicher, daß etwas so aussieht, wie Du es glaubst? Wenn Du wissen willst, wie Du bist, dann solltest Du nicht in einen Spiegel schauen. Denn der wird Dir immer nur sagen, wie Du sein möchtest. Frag andere! Wundere Dich allerdings nicht, wenn Du ganz unterschiedliche Antworten bekommst. Und vor allem Antworten, Bilder, von denen Du sagen wirst, nein, das bin ich nicht! Laß also dem Maler seine zwei Striche Apfel sein. Und mit Wertvorstellungen hat das nun wirklich nichts zu tun.

Ähnlich ist es mit der modernen Lyrik wohl auch. Sag zum Beispiel „Ich liebe dich“, und alle werden Dich sofort verstehen. Drückst Du dagegen das gleiche Empfinden zum Beispiel mit „Jeder Gedanke an dich ist eine rote Rose“ aus, ist das bereits etwas anders. Sprichst Du gar von „Berauscht der Gedanken Leere“, dann läßt sich das fast schon mit dem „Strichapfel“ vergleichen. Also, zu verstehen versuchen, nicht überzeugen wollen! Und das ist auch bei dem „Lyrik-Zyklus“ mein Anliegen.

Mit Gruß
ibini
 



 
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