Zwischen den Türen (gelöscht)

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G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Lieber Lap,

für mich eine gut erzählte Geschichte, eine gute Prosalyrik. Einzig mit der folgenden Stelle komme ich nicht klar:
Das Geländer wurde aufgeschlagen,
so fleckig folgt es mir hinab.
LG Franka
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Franka,

ja, schwierige Stelle. Das grundsätzliche Bild ist ein Metall-Geländer, dessen Farbe an vielen Stellen abgeplatzt ist, zumeist durch rohe Gewalt. Das Karee des Geländers ist immer sichtbar wenn man hinabsteigt. Je schneller man wird, umso gefährlicher wirken diese Wunden, klagen ihre Verletztheit an.

Ein bisschen wollte ich mit dem "aufgeschlagen" eine unterschwellige Gewalt einbringen. Einen kleinen Rückschluss auf das, was hinter der Tür passierte. So ein Bohren im Unterbewusstsein.
:)

Ich habe das Gedicht sehr optisch im Kopf. (und olfaktorisch)

Dank Dir fürs Lesen!

cu
lap
 

presque_rien

Mitglied
Hi Lapi,

das hat richtig Tempo und Atmosphäre, gefällt mir gut! Nur an einem Wort habe ich mich irgendwie gestoßen - du wirst lachen - es ist das Wort "Fäkalien". Es klingt nach meinem Geschmack zu unnatürlich: Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand denkt "oh, da sind Fäkalien in den Ecken".

Lg presque
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Äh Julia,

da hab ich nur kurz gezögert. Mir fiel echt kein gutes Wort für die Stelle ein. Urin oder Pisse wollen klanglich da nicht passen. Aber Du hast Recht, es wäre echter.
Aber wie bekomme ich dann den Bezug zu den Schimpfwörtern in den Wandschmierereien hin?
Muss mich wohl nur durchringen.

schimpfwortfilternder
lap
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Vielleicht immer wieder geschlagen, draufgeschlagen, fast erschlagen und so verletzt, verletzlich folgt es mir hinab.

LG Franka
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Was hältst Du von:

Das Geländer wurde oft geschlagen,
verwundet folgt es mir hinab.

?
 

presque_rien

Mitglied
Also ich finde diese Stelle
Das Geländer wurde aufgeschlagen,
so fleckig folgt es mir hinab.
gelungen, ich hatte da sofort das Bild vor Augen, das du auch meinstest. Und dass die aufgeschlagenen Stellen wie Wunden sind, sagst du ja auch später (dort übrigens ein schöner Übergang zu den eigenen Wunden, die man sich an denen des Geländers holt) - wenn du die obige Stelle änderst, ist diese Steigerung (die ja zur gesamten Spannungssteigerung des Texts beiträgt) nicht mehr gegeben.

Zum Thema Fäkalien ist mir übrigens auch nichts besseres eingefallen; vielleicht etwas abstrakteres wie "Gestank" (obwohl das dann zusammen mit der Nase ein paar Verse weiter vielleicht ein Overkill wäre) oder "Dreck". Oder "Hinterlassenschaften" - passt gut zu den Wänden, aber dann liegt wiederum zu viel Druck zur Aufklärung auf der armen gepeinigten Nase. Oder "Exkremente" - zwar auch künstlich, aber mir gefällt das Bild von Wandschmierereien als Ausscheidungen. Oder lass es einfach so ;).

Lg Julia
 

ENachtigall

Mitglied
Ein Flug durch eines dieser verwaisten Treppenhäuser, deren Existenz nur von Randeerscheinungen dubioser Art gelegentlich "belebt" wird; "besiecht" wäre das treffenderer Wort.

Schnell weg, ist das Passwort. Das heißt: keine Zeit auf den Fahrstuhl zu warten. So stark ist der Fluchtinstinkt, so angeschlagen eben auch die fieberhafte Wahrnehmung. Das Tempo adäquat dem des Aufzugs, der abwärtsfahrend treffender "Abzug" heißen müsste. Und genauso gespannt scheint der Flüchtende.

Kinematische Lyrik, (gibt´s das schon?), lap sei Dank erfunden. Gefällt mir ausgezeichnet!

Schönen Gruß, die Elke.
 

Milko

Mitglied
die Tür

erschlagend
mir gefällt es
ausgesprochen
gut lapis
zum suchenden Wort
" Fäkalien"
warum nur schlägt keiner
das einfachste
vor
____
scheiße in den Ecken
____

banal, vielleicht
aber im Tempo
passend
vielsprachig auch
manchmal erschlägt die Einfachheit die Suche nach dem "mehr"
an Inhalt
aber ich weiß das hier gewisse Ausdrücke Beliebtheit unterdrücken
( übrigens habe ich bewusst "scheiße" klein geschrieben !
gm
 
M

mirami

Gast
hallo lapismont,

ich schleiche nun schon eine weile ’zwischen den türen’ herum.
eindrücklich beschrieben! fürs geländer würde mir angeschlagen
gefallen, wegen der zweideutigkeit. damit hättest du einerseits
die mutwilligkeit und anderseits den desolaten zustand drin. das
so dahinter, mein ich, verträgt sich nicht so gut mit dem so der zweiten
zweile, es würde nicht fehlen.

die fäkalien find ich übrigens gut. die wortwahl erzählt übers lyri.
z.b., dass das lyri keiner ist, der in treppenhäuser macht. :)


das wort ’spuren’ könnte man durch das „Ich war hier, lief weiter“ ersetzen

wo ich mit harten Tritten
Ich war hier, lief weiter,
in den Bohnerwachs
vergangener Putzereien presse.

würde sich irgendwie lebendiger lesen. du müsstest dann nur um den nachfolgenden schönen satz zu erhalten ein „schneller“ davor setzen.

jetzt noch ein paar winzigkeiten, bei denen ich beim lesen stolperte:

die blanke nase. hm. was meint hier blank? nackt? im sinne von schutzlos ausgeliefert? wehrlos?
wie wärs mit die nase voll?

“lasse Haut und Blut zurück“ wirklich? das scheint mir etwas unrealistisch und zu dramatisch. ich denk im laufen fliegen eher die hände übers geländer. könnte mir da eher schwitzende hände vorstellen.


viele grüße
mirami
 

Joh

Mitglied
Hallo Lapismont

kinematische Lyrik paßt wirklich, man wird in diesen Treppensog hineingezogen, spürt, riecht und rennt mit hinunter durch die Facetten der Eindrücke. "Fäkalien" würde ich auf jeden Fall stehenlassen, es paßt sowohl zur Lyrlsprache als auch im Rhythmus, einzig die "blanke Nase" kann auch ich nicht deuten. Ein tolles Gedicht!

LG Johanna
 
G

Gelöschtes Mitglied 8846

Gast
Also, Julia hat mich überstimmt, lass es lieber so.

LG Franka
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Oh, so viele Kommentare. Danke!

"Kinematische Lyrik", bestimmt gibts das schon. Aber eine spannende Richtung ist das auf jeden Fall.

Ich werde mal das ganze setzen lassen und am Samstag mit den Berlinern breittreten.
:D (Feile schon am Vortrag)

cu
lap
 
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