Zwischen den Welten

Godjes

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Zwischen den Welten

Sie sitzt weinend an ihrem Platz am See. Um sie herum ist alles still. Die Vögel singen ihre Lieder. Niemand sonst ist da, es ist zu kalt. Gerade mal März, noch keine Badesaison.
Ihre Gedanken schweifen umher. Ihr Blick starr auf das Wasser gerichtet. „Was soll ich tun?“ diese Frage kreist ununterbrochen in ihrem Kopf umher. Doch sie findet keine Antwort darauf. Eine einzelne Träne bahnt sich ihren Weg hinunter zu ihren zarten Lippen.

Plötzlich durch diesen Dämmerschleier die Frage: „Kann ich mich zu dir setzen?“ Sie schreckt auf, Wischt sich die Tränen aus den Augen. Ihr trüber Blick schnellt in die Höhe. Neben ihr erblickt sie einen, ihr schon lange bekannten, Mann. Er lächelt ihr freundlich zu. Erkennt aber sofort ihre Traurigkeit und setzt sich, auch ohne ein Wort von ihr. Schweigend sitzen sie nebeneinander. Ihr Blick ist wieder auf den See gerichtet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees stehen zwei Kirchtürme. Egal wo man in dieser kleinen Stadt auch ist, sie sind immer sichtbar und wirken zwei Haltepunkte in einem Bottich kochenden Wassers.
Wie oft hat sich schon versucht diese beiden Türme auf einem Blatt Papier zu verewigen. Doch sie wird ihnen nie vollends gerecht.

Sie wird nervös, da sie nicht weiß, was sie sagen soll. Sie kann ja nicht einfach neben ihm sitzen und schweigen. „Warum sagt er denn nichts?“

Stockend fängt sie an zu erzählen, auch ohne Aufforderung. Sie weiß ja, dass er deshalb da ist.
„ Es ist schon komisch. Vor ein paar Wochen oder Monaten hätte ich nie gedacht, dass es so endet.“ sagt sie.

„Aber es ist noch nicht zu Ende. Es ist nie zu ende, hörst du. Es geht weiter!“ erwidert er, seiner Sache sicher.



„So oft habe ich mir gewünscht hier mit ihnen zu sitzen und zu reden, doch jetzt bin ich mir da irgendwie nicht mehr so sicher.“

„Du weißt, wir können über alles reden. Ob nun hier oder anderswo. Wenn du reden möchtest dann tue es ansonsten lasse ich dich wieder allein. Willst du das ich gehe?“

„Nein“ kommt es prompt zurück. „Nein ich will nicht, dass sie gehen. nein.“

„Ich habe dir doch schon vor Monaten das DU angeboten, warum siezt du mich immer noch?“
„Das ist nicht so einfach. Schließlich waren sie lange Zeit mein Lehrer. Ich duze ja nicht mal Leute, die ich schon viel länger kenne und die nur wenig älter sind als ich. Schon komisch. Das ist so drin, bei mir. Ich kann kaum was dagegen tun.“

Sie wirkt gefasster, doch er sieht ihr sofort an, dass sie den Tränen nahe ist. Doch er kann nichts tun. Er will sie nicht bedrängen und muss sie mit viel Fingerspitzengefühl anfassen.
Wie einen kleinen Fisch aus feinstem Porzellan, der sofort zerspringen würde, sobald man zu fest zupackt.

Sie starrt wieder aufs Wasser.

„Weißt du, auch bei mir läuft nicht immer alles glatt. Aber reden hilft? mir eigentlich immer. Oder auch ein Gebet zu Gott.“
 



 
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