Zwischenzeit

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Joh

Mitglied
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[ 4]Zwischenzeit




[ 4]Zwischen dem Alten und dem neuen Jahr überließ er sich ruhigen Gedanken, doch immer mehr verlor er sich in einem Nebel, der ihn mit vagen Schatten und gedämpften Lichtern schreckte. Er stolperte verwirrt in seinem Innern umher, hatte Mühe sich selbst zu erkennen und kam schließlich zu einem Seeufer, an dem er sich erschöpft niederließ. Wellen umspülten seine Füße und lockten, bis er endlich verstand, ein Netz nahm und hinausschwamm. Er fischte in den getrübten Wassern nach Erinnerungen und verschwommen Gefühlen, die er ans Ufer zog. Ein Stück nach dem anderen holte er hervor, um es genauer zu betrachten.

[ 4]Vieles von seinem Fang ließ ihn lächeln und wärmte ihn ganz tief im Innern, das verwahrte er an einem besonderen Platz, damit er es immer hervorziehen könne. Die grauen Nebelschwaden trieben langsam auseinander, so daß die noch blasse Sonne zwischen ihnen hervorlugte. Manches zeigte in diesem Licht ein anderes Gesicht, so verwandelten sich gehässige Fratzen in ausdruckslose Masken, die er achtlos fallen ließ oder einsteckte, um sie ihren Besitzern zurückzugeben. Hinter anderen Erwachsenengrimassen kamen geschundene Kindergesichter zum Vorschein, die er vergebend mit einem Streicheln fütterte. Auch fand er einiges, was er beschämt vor sich selbst hatte verstecken wollen. Nun, da es offen vor ihm lag, sah er ein, daß er die schweren Lasten selbst zurücktragen mußte, um von Anderen verzeihen zu erbitten. Er schnürte ein Bündel daraus.

[ 4]Zuletzt nahm er die schwersten Brocken, sie klafften auf und schmerzten, wie frisch zugefügt. Er reinigte die Wunden mit brennenden Tränen von allem, was nicht zu ihm gehörte und versorgte behutsam, was heilen mußte. Dann legte er alles unter einen Stein, damit es nicht vergessen, aber zur Ruhe kommen könne.

[ 4]Als er aufstand, öffnete sich eine Tür, und die neue Zeit strömte herein.



Johanna Pless
1.2008


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N

nobody

Gast
Hallo Johanna,
nach deiner Ankündigung war ich schon gespannt auf diesen Text, erwartete „Wellentanz und Vogelschrei und andere skurrialistische Sachen“ (die ich mir vorgenommen habe zu lesen) - und wurde nicht enttäuscht. Zum Inhalt nur soviel: „beeindruckend“. Sprachlich habe ich mir erlaubt, einige Anmerkungen im Text zu machen (blau). Ansonsten: Gratuliere!
LG Franz

Zwischen dem Alten ([blue]alten[/blue]) und dem neuen Jahr überließ er sich ruhigen Gedanken, doch immer mehr verlor er sich in einem Nebel, der ihn mit vagen Schatten und gedämpften Lichtern schreckte. Er stolperte verwirrt in seinem Innern umher, hatte Mühe sich selbst zu erkennen und kam schließlich zu einem Seeufer, an dem er sich erschöpft niederließ. Wellen umspülten seine Füße und lockten, bis er endlich verstand, ein Netz nahm und hinausschwamm. Er fischte in den getrübten Wassern nach Erinnerungen und verschwommen ([blue]verschwommenen[/blue]) Gefühlen, die er ans Ufer zog. Ein Stück nach dem anderen holte er hervor, um es genauer zu betrachten.

Vieles von seinem Fang ließ ihn lächeln und wärmte ihn ganz tief im Innern, ([blue]Semikolon?[/blue]) das verwahrte er an einem besonderen Platz, damit er es immer hervorziehen könne. Die grauen Nebelschwaden trieben langsam auseinander, so daß die noch blasse Sonne zwischen ihnen hervorlugte. Manches zeigte in diesem Licht ein anderes Gesicht, ([blue]Semikolon[/blue]?) so verwandelten sich gehässige Fratzen in ausdruckslose Masken, die er achtlos fallen ließ oder einsteckte, um sie ihren Besitzern zurückzugeben. Hinter anderen Erwachsenengrimassen kamen geschundene Kindergesichter zum Vorschein, die er vergebend mit einem Streicheln fütterte. Auch fand er einiges, was er beschämt vor sich selbst hatte verstecken wollen. Nun, da es offen vor ihm lag, sah er ein, daß er die schweren Lasten selbst zurücktragen mußte, um von Anderen verzeihen [blue](Verzeihen/Verzeihung?) [/blue]zu erbitten. Er schnürte ein Bündel daraus.

Zuletzt nahm er die schwersten Brocken, sie klafften auf und schmerzten, wie frisch zugefügt ([blue]das irritiert, weil sich „frisch zugefügt“ auf „Brocken“ bezieht. Vielleicht: „... wie frisch zugefügte Wunden. Er reinigte sie mit brennenden ...)[/blue] Er reinigte die Wunden mit brennenden Tränen von allem, was nicht zu ihm gehörte und versorgte behutsam, was heilen mußte. Dann legte er alles unter einen Stein, damit es nicht vergessen [blue](würde/werde?), [/blue]aber zur Ruhe kommen könne.

Als er aufstand, öffnete sich eine Tür, und die neue Zeit strömte herein.
 

Joh

Mitglied
Hallo Franz,

Dein Lob macht mich etwas verlegen, ich danke Dir!

Aber lies bitte nicht Wellentanz und Vogelschrei, das sind alte Geschichten, ich habe mich weiterentwickelt. Ich werde hier nach und nach von den neuen Geschichten einstellen, da wirst Du mehr Freude haben, wenn Dir das bisher gelesene schon gefallen hat. Die Änderungen sind wieder sehr gut, also mache ich mich gleich an die Arbeit.

ein lieber Gruß an Dich, Johanna
 

Joh

Mitglied
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[ 4]Zwischenzeit




[ 4]Zwischen dem alten und dem neuen Jahr überließ er sich ruhigen Gedanken, doch immer mehr verlor er sich in einem Nebel, der ihn mit vagen Schatten und gedämpften Lichtern schreckte. Er stolperte verwirrt in seinem Innern umher, hatte Mühe sich selbst zu erkennen und kam schließlich zu einem Seeufer, an dem er sich erschöpft niederließ. Wellen umspülten seine Füße und lockten, bis er endlich verstand, ein Netz nahm und hinausschwamm. Er fischte in den getrübten Wassern nach Erinnerungen und verschwommenen Gefühlen, die er ans Ufer zog. Ein Stück nach dem anderen holte er hervor, um es genauer zu betrachten.

[ 4]Vieles von seinem Fang ließ ihn lächeln und wärmte ihn ganz tief im Innern; das verwahrte er an einem besonderen Platz, damit er es immer hervorziehen könne. Die grauen Nebelschwaden trieben langsam auseinander, so daß die noch blasse Sonne zwischen ihnen hervorlugte. Manches zeigte in diesem Licht ein anderes Gesicht; so verwandelten sich gehässige Fratzen in ausdruckslose Masken, die er achtlos fallen ließ oder einsteckte, um sie ihren Besitzern zurückzugeben. Hinter anderen Erwachsenengrimassen kamen geschundene Kindergesichter zum Vorschein, die er vergebend mit einem Streicheln fütterte. Auch fand er einiges, was er beschämt vor sich selbst hatte verstecken wollen. Nun, da es offen vor ihm lag, sah er ein, daß er die schweren Lasten selbst zurücktragen mußte, um von Anderen Verzeihen zu erbitten. Er schnürte ein Bündel daraus.

[ 4]Zuletzt nahm er die schwersten Brocken, sie klafften auf und schmerzten, wie frisch zugefügte Wunden. Er reinigte sie mit brennenden Tränen von allem, was nicht zu ihm gehörte und versorgte behutsam, was heilen mußte. Dann legte er alles unter einen Stein, damit es nicht vergessen würde, aber zur Ruhe kommen könne.

[ 4]Als er aufstand, öffnete sich eine Tür, und die neue Zeit strömte herein.



Johanna Pless
1.2008


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N

nobody

Gast
Kein Grund für Verlegenheit. Dann freue ich mich mal auf das, was kommt.
LG Franz
 

solastyear

Mitglied
Der Leser bekommt hier einen schön geschilderten Eindruck der Umgebung und Gefühle. Gefällt mir!

Ps: Netter Schreibstil. Kannst dich ja bei meinem Text "Stehen. Einfach so stehen." revanchieren. :)
 

Joh

Mitglied
Hallo Solastyear und Schusterjunge,

es freut mich wirklich sehr, daß Euch die Geschichte gefallen hat, Dank für euer Lob.

ich grüße Euch, Johanna
 
G

Gelöschtes Mitglied 7520

Gast
hi joh,

das ist klasse. umgebung? was für umgebung?

liebe grüße
nofrank
 



 
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