abendhelle Schattenbrise

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Nina K

Mitglied
Schenke mir die Schattenbrise,
hülle mich in Sehnsucht ein,
fahre schüchtern durch die Falten,
lass den Rostton Glanz behalten,
fühle mich und ebendiese
sanfte Glut im Mondenschein.

Tränke meine Trostgelüste,
schmeichel meinem Trauerkleid,
siehe Kraft in Farben fließen,
lass das Licht sich schwarz ergießen,
Silber glänzend zeigt die Küste
heute die Vergangenheit.

Webe mir in weichen Wellen
wärmend die Erinnerung,
stürze mutig in die Zeiten,
hole Luft und lass Dich gleiten,
drängen doch die abendhellen
Stunden Dich bald von mir fort.
 

Udogi-Sela

Mitglied
Morgendunkle Udo-Brise:

Als Ganzes betrachtet: Ein Gedicht voller Melancholie.
Ein melancholisches Abschiedsgedicht.

Aber diese Melancholie ist seitens der Autorin erwünscht, ja geradezu gefordert. Sie will sich baden in einer traurig angehauchten Abschiedsstimmung („Trostgelüste“, „Trauerkleid“), dass ein Mensch sie bald verlässt, der zwar im Moment noch da ist, aber „bald von den abendhellen Stunden fortgedrängt“ wird und (Er? Sie?) schon (www.) „in weichen Wellen wärmend Erinnerung webt“.

Und ich wusste, und weiß es eigentlich noch immer nicht so recht, ob mit den ersten Zeilen jener „fortgedrängte“ Mensch angesprochen wird, oder ob die Autorin, bzw. die Protagonistin, sich selbst anspricht:
„Schenke (DU) mir die Schattenbrise“ oder
„(Ich) Schenke mir die Schattenbrise“;
anwendbar auf die ersten vier Zeilen jeder Strophe.

Und, ein Schalk, wer Böses dabei denkt: Bei den Zeilen: „lass den Rostton Glanz behalten, fühle mich und ebendiese sanfte Glut...“, dachte ich, es könnte sich um eine schon nicht mehr ganz so junge Dame handeln, die schon einen gewissen Rostton (nicht nur) im Gefühl hat. Aber das meine ich nur augenzwinkernd.
Jedenfalls ist: „...fühle mich und ebendiese...“ für mich nicht ganz verständlich.

Ich ergänze: Alles in allem: Ein egoistisch-melancholisches Abschiedsgedicht.

Herzlichst
Udo
 

Nina K

Mitglied
Grüß Dich Udo,

mir gefällt Deine Auseinandersetzung mit dem Werk. Und wahrlich, Du brauchst nicht zu zögern, die gealterte Weiblichkeit in dem "Rostton" zu erraten - um genau diese geht es doch. ;-) Letztendlich ist es vielleicht die Jugend des Angesprochenen (denn angesprochen werden soll er mit den Strophenanfängen), die ihn fortgedrängt werden lässt?! Dass man das nur hineinahnen kann, da nicht benamst, gebe ich freilich zu.

Das "ebendiese" ist schwer zu erklären, erscheint mir aber stimmig: Es ist diese ganz bestimmte sanfte Glut, die der Mond nicht oft zu bieten hat. Mondlicht hat viele Gesichter, von fahl über kalt bis hin auch zu dem Glut-Aspekt. Vielleicht bringt Dir dieser Gedanke die Formulierung ein wenig näher? Nunja, falls nicht, nicht schlimm, lächel.

Der Ausdruck "egoistisch" störte mich beim ersten Lesen und ich musste kurz schlucken, um Dir recht geben zu können und einmal durchatmen, um nun zu wissen, das es genau das wohl ist.

Merci und lieben Gruß
Nina
 



 
Oben Unten