als ich einmal

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huwawa

Mitglied
Als ich einmal...

Als ich einmal der Bruder Franz
-der von Assisi nämlich- war,
umgab ich mich mit Tieren ganz,
vom Käfer bis zum Dromedar.
Mit Faltern, Affen, Hunden, Mäusen,
mit Ziegen, Wildschwein, (Ebern, Bachen)
mit Fuchs und Hennen, Löwen, Läusen,
und sprach auch all´ der Tiere Sprachen!

Die Leute jedoch sprachen bloß
von meinem Vogel, riesengroß!


Als ich einst König Ludwig war,
-der Vierzehnte, der „Grand Nation“-
da lag ich fast ein halbes Jahr
tagein, tagaus, auf dem Balkon!
Die Sonne schien mir auf den Bauch
ich fühlte mich ganz als Bourbone,
der Staat bin ich, so sprach ich auch
und ganz gewiss der Schöpfung Krone!

Doch meine Frau, nicht untertänig,
nannt´ Faulpelz mich, statt „Sonnenkönig“!


Auch Friedrich Schiller war ich einst,
schrieb eine herrliche Ballade,
gar wohl durchdacht, gesponnen feinst.
Nur eines war dann später schade:
Ich wurde zum Geheimrat Goethe,
da wollt´ ich kein Gedicht vom Schiller
und eh das Zeug mich bracht´ in Nöte,
verbrannte ich´s im Gartengriller!

(Ich hätt`s gern anderswo vernichtet,
doch war ich hier dem Reim verpflichtet!)


Ich war auch einmal Archimedes
und hatte ein Problem zu lösen.
Da schoss mir plötzlich ein: So geht es!
-Ich war im Freibad grad, beim Dösen-
„Heureka“ rief ich laut, „ich hab´s,
lief durch den Ort in Siegerpose
nach Hause zu, des eil´gen Trab´s,
noch immer in der Badehose!

Bald pfiff´s vom Dach der letzte Spatz:
Heureka heißt: Den Dichter hat´s!


Als ich einmal Geheimagent
-James Bond, wer sonst natürlich- war,
traf ich im Interkontinent-
Hotel, zunächst mal an der Bar,
die blonde, äusserst attraktive,
Spionin von der Gegenseite.
Wir näherten uns intensive!
Am Morgen suchte ich das Weite.

Doch meine Frau, vergrämt vielleicht,
hat drauf die Scheidung eingereicht!


Auch Winnetou bin ich gewesen,
ritt stolzen Blick´s durch die Prärie,
mein „Iltschi“ war ein Stiel vom Besen,
und laut schrie ich „wiwi, wiwi“!
Ein Sack wurde mit Löchern wohl
für Arme und den Kopf bedacht,
das Kriegsbeil schwang ich mit Gejohl
- beim Kinderfasching, ich war acht!

Es hat doch niemand angenommen,
ich hätt´ mich später so benommen?
 

San Martin

Mitglied
Die Strophen von Louis XIV., SChiller und Archimedes finde ich sehr lustig, die anderen nicht ganz so. Wenn du bei den letzteren noch ein bisschen feilen würdest, wäre das nur zum besten deines Gedichts. Bei Franz von Assissi kommt die Pointe etwas schwach erst im anschließenden Zweizeiler. Louis XIV ist herrlich eitel, faul und selbstverliebt. Auf Schiller und Goethes Freundschaft und eventuellen Neid Goethes auf Schillers Balladen einzugehen, ist immer lustig (in Wirklichkeit ist ja zumindest belegt, dass Schiller neidisch auf Goethe war). Archimedes im Freibad ist ein skurilles Bild. Bei James Bonds Strophe klingen die Reime sehr gezwungen, und lustig ist die Affäre und nachfolgende Scheidung nicht... und der Humor bei Cäsar ist derb und spricht mich nicht an.

Ich hoffe, das hilft dir.. ?
 

huwawa

Mitglied
Hallo San Martin

Danke, dass du dich mit meinem Gedicht beschäftigt hast.
Da es keine durchgängige Handlung hat, kann man natürlich die einzelnen Strofen gut für sich bewerten, manche sind gut, andere nicht so gut gelungen. Ich habe das Gedicht etwas harmlos begonnen, erst der erste Zweizeiler sollte die Richtung zeigen. Mit der letzten Geschichte wollte ich noch einmal einen kräftigen Akzent setzten, ich habe auch am längsten daran herumgeknobelt, aber da muss ich dir recht geben, aus kräftig wurde wohl zu deftig.
Ich glaube, ich werde es auf das hier ändern:

Auch Winnetou bin ich gewesen,
ritt stolzen Blick´s durch die Prärie,
mein „Iltschi“ war ein Stiel vom Besen,
und laut schrie ich „wiwi, wiwi“!
Ein Sack wurde mit Löchern wohl
für Arme und den Kopf bedacht,
das Kriegsbeil schwang ich mit Gejohl
- beim Kinderfasching, ich war acht!

Es hat doch niemand angenommen,
ich hätt´ mich später so benommen?


Liebe Grüße und einen schönen Rest vom Osterfest
wünscht dir
huwawa
 

San Martin

Mitglied
Das gefällt mir auf alle Fälle besser als die Cäsarstrophe. Es bring allerdings (gewollt) mit der eher klassischen Wahl der Persönlichkeiten, die das lyrische Ich war. Ich würde mir eher wünschen, dass du klassisch bleibst und eine andere Pointe ersinnst...
 

huwawa

Mitglied
hi San Martin

Die letzte Strophe soll den Leser ja doch wieder in die Realität "zurückholen", darum denke ich, dass das so passt.

lG
huwawa
 

San Martin

Mitglied
In die Realität zurückholen tut es den Leser schon, da pflichte ich dir bei. Wenn du das erreichen wolltest, hast du es getan. ;)

Martin.
 

Udogi-Sela

Mitglied
Den Dichter hat´s!

Also ich muss sagen: Das Stück ist gelungen.
Ich würde es eher der Gattung „Balladen und Moritaten“ zuordnen, obwohl hier nicht gemordet und gemeuchelt wird. Aber es hat was liedartiges, oder ist es gar ein artiges Lied?

Was mich noch interessiert, ist: Handelt es sich hier um einen Rückblick auf „vergangene Leben“ und was bedeutet „wiwi, wiwi“?

Ansonsten kann ich nur sagen:

„Auch hierzu pfiff vom Dach der Spatz:
Heureka heißt: Den Dichter hat´s!“

Grinsend
Udo
 

huwawa

Mitglied
Tja, Udo was soll ich denn dazu sagen? Wenns den Dichter wieder einmal hat, dann treibt er halt seine Späßchen und Verrücktheiten, mehr sollte man dahinter nicht suchen, denke ich.

Wi wi, wiwi, heisst nicht, dass ich vielleicht irgendwo „hingemusst“ hätte, aus dem Alter war ich mit acht doch schon heraus, sondern es sollte ein indianischer Kampfruf sein: wiwiwiwiwiwi...aber das Versmaß....

liebe Grüße

huwawa
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
prust!

mir gefällt besonders die letzte strophe. üprinx haben wir seinerzeit als indianer etwas gerufen, das geschrieben am ehesten "huwawa" gelautet hätte.
ganz lieb grüßt
 



 
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