behindert

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Sonnenkreis

Mitglied
Liebe Magic,

Dein Gedicht ist so traurig und so wahr!

Weißt Du, in dem Moment wo man mir so
fragend in die Augen schaut, da verberge
ich meine Tränen. Manchmal verschlucke ich
die dann auch.

Aber dann finden sich die Momente, da kann
ich die Tränen weinen.

Und dann, wenn sich mein Schmerz gelöst hat,
dann verstehe ich was damit gemeint ist.
Wenn man sie Sonnenkinder oder auch Sternen-
kinder nennt. Denn schau mal in die Augen
ihrer Eltern: Viele haben einen anderen, einen
ganz ehrlichen Glanz...

Alles Liebe
Sonnenkreis
 
F

Frosch

Gast
Schöne, nachdenkliche Zeilen,
hat mich gefreut,es zu lesen.
L.G. Frosch
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Magic,

Dein Gedicht würde m.E. an menschlicher Größe gewinnen, wenn der Titel nicht wäre.
Wäre ich behindert, würde ich mich gewiss darüber freuen, wenn mich ein Schubladendenker in die selbe Schublade wie die "Nicht-Behinderten" einsortieren würde.

Schöne Grüße, NDK
 

Magic

Mitglied
Es sind Sonnenkinder, lieber Sonnenkreis und jeder könnte von ihnen lernen...
Herzlichen Dank für deine einfühlsamen Zeilen.

Hallo Frosch, mich hat es gefreut, dass du es gelesen hast :) Herzlichen Dank!

Hallo NDK, deine Meinung ehrt dich. Nur, was hat eine Tatsache mit Schubladendenken zu tun? Es ist fast so wie wegsehen, oder, na ja... wie schubladendenken... verstehst du?
Aber ich weiß schon, was du meinst :)

Vielleicht soll gerade der Titel ein Aufruf sein, nicht so zu denken, wie viele es tun... und in Verbindung mit dem Gedicht, behinderte Menschen so sehen wie sie sind, nämlich anders gesund.

Alles Liebe euch
Karin
 

NewDawnK

Mitglied
@ Magic

vorweg: Jede gesellschaftliche Stigmatisierung fängt mit Schubladendenken an. Besonders folgenschwer für die Schubladenbewohner sind Schubladen mit medizinischen Diagnosen, die manchmal auch nichts weiter sind als ein Bündel hartnäckiger wissenschaftlicher Vorurteile.

Wenn Du z.B. ein Kind als "behindert" titulierst, drückst Du ihm einen Stempel auf die kleine Stirn. Natürlich ruft das mitleidige Menschen auf den Plan. Diesen angeborenen Beschützer- und Helferinstinkt haben die meisten von uns. Wenn Deinem Prot. die Tränen kommen, ist das also nichts, das ihn vor anderen Menschen auszeichnet. Du unterschätzt Deine Mitmenschen, wenn Du schlechter über sie denkst.
"doch viele meinen gott hat sich vertan" - ist m.E. zu kurz gedacht. Ich würde sagen - "viele plappern die Meinung nach, die ihnen am Bequemsten erscheint, so lange sie sich nicht höchstpersönlich mit solchen Themen beschäftigt haben". Das kommt der Wahrheit vielleicht näher.

"Anders gesund" wäre übrigens ein schöner Titel, der wirklich zum NachDenken anregen würde - und zwar nicht nur die selbsternannten Gutmenschen.

Schöne Grüße, NDK
 

Inge Anna

Mitglied
Behinder

Liebe Magic,
durch den Titel aufmerksam geworden, las ich vorstehenden Text.
ich denke, dass Gott sich nicht vertan hat, als er mir den Lebensstempel (behindert) aufdrückte; kein Patzer also - harte Bestimmung. Ich habe mich in meinem Leben oft gefragt, ob auch er es war, der mich andererseits mit Mut und Kraft versah, an den unterschiedlichen Reaktionen meines Umfeldes nicht zu zerbrechen. "die anders Gesunden".
Dein Text stimmt mich nachdenklich.
Dir ganz liebe Grüße
Inge Anna
 

Magic

Mitglied
Hallo NDK,
ich arbeite schon sehr viele Jahre mit behinderten Kindern. Ich kenne mich ein bisserl aus :)
Danke, für deine ausführliche Sichtweise.

Liebe Inge Anna,
Gott hat sich ganz gewiss nicht vertan, im Gegenteil. Das Geschenk, das ich von diesen Kindern bekomme, lässt sich kaum in Worte fassen.
Mut, Kraft, Offenheit, Staunen, Fröhlichkeit... alles Werte, die mich Demut lehren.
Ich danke dir von Herzen.

Alles Liebe euch
Karin
 

Dorothea

Mitglied
Anders gesund?

Hallo Magic,

vielen Dank für Dein Gedicht!!! Viele Menschen denken nicht nur, Gott habe sich vertan, sie sprechen es auch aus. In den USA verliert man den Anspruch auf medizinische Kostenerstattung, wenn ein solches Leben trotz prenataler Diagnostik geboren werden darf!

"Anders gesund"? Ist das nicht ein Euphemismus, der so tut, als würde behinderten Menschen nichts fehlen, als wäre ihnen ohne Hilfe alles zugänglich, was den Menschen zur Verfügung steht, die über alle Sinne, alle motorischen Fähigkeiten verfügen? Es kommt natürlich auch auf den Begriff "gesund" an.

Mit den Zeilen
und meinen
gott selbst
sieht mich an
ist der Text ganz nahe am christlichen Gottes- und Menschenbild, was mir persönlich auch sehr gut gefällt.
 
V

vexierbild

Gast
Warum soll man zu Behinderten nicht Behinderte sagen? Da liegt die Krux..weil wir auch verinnerlicht haben, dass das Wort Behinderte was Schlechtes, Unaussprechliches beinhaltet?
Wenn man was benennen muss muss man einen Namen haben, was ist schlecht daran?. Benennen ohne dass man es negativ benutzt..das Negative entsteht erst im gesamtgesellschaftlichen Denken und in einzelnen Köpfen aus falscher Vorstelung heraus.

Wenn ich Behinderter höre, denke ich, der hat ein Problem, das größer ist als die des Durchschnittsmenschen, also auch meine. Obwohl ich auch manchmal riesige hab. Aber sie behindern mich nicht besonders im Alltag. Das ist wohl der Unterschied.

LG heri
 
@ Magic

Ich, ebenfalls Behinderten-Erfahrener, verstehe zwar sehr gut, um was es Dir in dem Text geht,

ich finde es aber/ fand es immer abscheulich, wenn Behinderte nach egal welcher Seite stigmatisiert wurden. Auch ihre Überzeichnung ins Positive tut ihnen bitter Unrecht.
Es sind weder Gottes- noch Teufels-Kinder/Menschen/Wesen, sondern in ihnen spiegelt sich schlicht die Vielfalt der Evolution, ihre Variationsmöglichkeiten auch innerhalb der Art "Mensch", die alle naiven Erwartungen übertrifft.
Auch in Behinderten brennt, und zwar vollständig, das Feuer des Lebens, und auch ihr Feuer ist ernstgemeint und voll gültig.

Und "Behindert-sein" ist immer die Definition all derer, die sich trotz Käsefüßen, emotionaler Debilität, Verstandesmangel, Charakterlosigkeiten, Perversionen, usw. selbst als "normal" definiert haben.
Eine objektive Definition was "Behinderung" ist, ist unmöglich, es handelt sich dabei stets um Setzung, und diese ist letztlich beliebig.

Wie (tatsächlich erschreckend) normal die selbsternannten Normalos sind, kann man an der realen Welt, dieser selbstgemachten Hölle, leichtest ablesen.

Ich hab mal den von mir ernstgemeinten Vorschlag gemacht, man solle jedem "Macher", "Technokraten", "Aufsichtsrat", "Politiker" einen ganz normalen Mongoloiden beiordnen, der ihn -mit gleichem Stimmrecht!- emotional berät.
Wir würden dann in einer völlig anderen, weit erträglicheren Welt leben, und diese Maßnahme würde den Respekt vor Behinderten und ihr Ansehen ein für Allemal festschreiben, weil sie damit in ganz realen gesellschaftlichen Funktionen etabliert wären, und nicht mehr im Bild der Bittsteller und Lazarusse daherkämen.

Durch die Totverwaltung, Stummschaltung und Kasernierung von Behinderten (weg vom Auge der Öffentlichkeit) wird ein unglaublicher gesellschaftlicher Reichtum verschwendet, und es wird damit gegen die primitivsten Grundlagen der Allgemeinen Menschenrechte tagtäglich verstoßen.

Wenn ich, als einer der dies über 20 Jahre miterlebte, sehe, wie in dieser Gesellschaft mit Behinderung und Behinderten eiergetanzt wird, bekomme ich ernsthaft Lust Bomben zu bauen.
 

Magic

Mitglied
Hallo heri,

es stimmt! Leider haben Viele die Meinung, dass das Wort Behinderung etwas Negatives ist. Das hat wahrscheinlich den Grund: sie haben aus Unwissenheit ganz einfach Angst und wissen nicht wirklich damit umzugehen. Die Behinderten selbst haben damit meist überhaupt kein Problem. Sie sagen es frei heraus, dass sie behindert sind. Natürlich kommt es dabei auch auf den Grad der Behinderung an.
Aber ich denke, hier eine Diskussion über Behinderte zu beginnen, würde zu weit führen und hat nicht wirklich etwas mit meinem Gedicht zu tun, auch wenn dieses zum Nachdenken anregen sollte.

*
Lieber Waldemar,

deinem Beitrag kann ich uneingeschränkt zustimmen.
Vielleicht muss ich noch dazu sagen, dass sich meine Erfahrungen nur auf Kinder beziehen. Ich arbeite in einer Integrativgruppe.
Das Gedicht ist entstanden, als ich eine sehr emotionsgeladene Unterhaltung unter Erwachsenen mitverfolgte, aus denen genau die Stigmatisierung nach beiden Seiten herauszuhören war. Keiner hat sich im Grunde wirklich auf die Behinderten selbst eingelassen und trotz aller Glorifizierung ins Negative, wie ins Positive, hatte ich den Eindruck, sie redeten über ein "Ding"...

Ich danke euch!

Alles Liebe
Karin
 

rosste

Mitglied
hallo magic,
dein gedicht - ich kann jede zeile nachempfinden und es ist selten, dass ich so ganz mit einem "fremden" gedicht übereinstimme.
da ist so viel reflexion drin:
der behinderte ist "groß" und du erkennst diese größe,
die nervige meinung der anderen,
der blick für das wesentliche, die augen,
die bereitschaft zum weinen
und der wunsch, von gott gesehen zu werden und vielleicht auch seine herrlichkeit zu sehen.
auch, wenn du ein wunderbares gedicht über behinderte geschrieben hast, sagst du so viel über dich.
danke für das wunderbare gedicht
 

agonius

Mitglied
Liebe Karin,
eine körperliche Behinderung kann schon ein hartes Los sein,
es ist oft eine schwere Einschränkung, eine verminderte Lebensqualität, häufig mit furchtbaren Schmerzen verknüft, was aber oft auch erstaunliche Kräfte freisetzt.
Geistig Behinderte sind nicht durch den Geist behindert,
sie gehen ungezwungen, unverkrampft auf andere Menschen zu, sie sind somit auch oft offen für alles und jeden.

Mit Herzensgruß
jürgen
 

Magic

Mitglied
Lieber Jürgen,

es gefällt mir, wie du den Kreis zum Positiven schließt und ich kann dies nur bestätigen.
Ich danke dir herzlich.

Alles Liebe
Karin
 

Elias

Mitglied
Liebe Magic,

Deine Gedicht hat mich tief berührt, gerade weil es die menschliche Dimension nicht außer Acht lässt, die sich nun einmal nur bedingt mit dem Maßstab der political correctness vereinbart. Gute Lyrik geht über letztere hinaus und Du hast dies getan mit genau dem Spannungsmoment, das dem Gedicht seinen Wert gibt. Beste Grüße Elias
 

Magic

Mitglied
Lieber Elias,

genau das ist es! Ein Mensch!
Egal, ob so in die Welt gegeben oder von anderen Umständen zu einem Anderssein geformt. Es liegt ganz sicher ein Sinn in Allem.
Ich danke dir herzlich.

Alles Liebe
Karin
 
M

Melusine

Gast
Hi Magic, ich spare es mir momentan erst mal, die Kommentare zu lesen. Dein Gedicht gefällt mir ziemlich gut. Es erinnert mich an ein Rilkegedicht, ich nehme an, das war beabsichtigt.

"Lieb sein wollende" Bezeichnungen wie "anders gesund" nehmen nichts, aber auch gar nichts vom Stigma der Behinderung, wie vermutlich jede/r weiß, der/die sich schon mit behinderten Menschen beschäftigt hat.

LG Mel


P.S.: Bewerten kann ich's nicht, tut mir leid. Ich wüsste nicht wie.
 



 
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