buchenwald, zur konzentration

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I

IKT

Gast
Schön?

Hi Samuel, ich weiß zwar, wie du es meinst, das "es war schön". Aber ob man das so schreiben kann?
Auf alle Fälle waren die Kinder doch schon von Eltern und anderen Angehörigen getrennt, hatten viel Schlimmes auf dem Transport erlebt, bei der Ankunft im KZ...
Die Schönheit der Natur rings um das Lager mag ja da gewesen sein. Aber ob diese Kinder dafür noch einen Blick hatten? Darüber läßt sich sicher streiten. Allerdings, wenn man sich mit diesen Sachen beschäftigt dann fällt auf, dass einem gerade durch die Wiederholung der Worte "es war schön", die ganze Absurdität bewußt wird.
Dies ist nur meine Meinung und als Gedicht finde ich es gelungen.
Liebe Grüße! IKT
 

blaustrumpf

Mitglied
Hallo, Samuel

Was mir an deinem Gedicht besonders gefällt, sind zum einen die so unterschiedlichen Möglichkeiten, es zu interpretieren. Zum anderen zeigt es mir sehr deutlich die Grenzen meines Wissens.

Spricht das Gedicht von den Kindern, die während der Nazi-Zeit in Buchenwald gefangen waren? Hatten die Sowjets dort nicht nur Erwachsene interniert? Handelt es sich um den vom Lehrplan für Schulen verordneten Gedenkstättentourismus? Kann man vom Lagergelände aus eigentlich das Goethe-Schiller-Denkmal sehen?

Alles Fragen. Keine Antworten, jedenfalls keine im Text. Dafür eine eigentümlich schwebende Stimmung, deren Sog ich mich kaum entziehen kann.

Hier ist die Textarbeit: Du siehst an den Fragen, wie der Text in mir arbeitet. Die letzten beiden Absätze finde ich für meinen Geschmack ein bisschen zu pädagogisierend. Auf mich würde es eindrucksvoller wirken, wenn du einfach die erste Zeile wiederholtest. Aber dann wird die Zerrissenheit der abgehackten Zeilen nicht mehr so deutlich.

Was auch immer du nun "wirklich" mit deinem Gedicht sagen wolltest: Du hast mich nachdenken gemacht. Das allein schon hebt deinen Beitrag in meinen Augen hervor.

Schöne Grüße von blaustrumpf
 

Rainer

Mitglied
hallo samuel,

eigentlich haben ikt und blaustrumpf schon alles zum text gesagt, was auch mir durch den kopf geht.
natürlich wäre es schön, wenn du uns ein bißchen die augen öffnen würdest, was du mit diesem text bewirken wolltest.

zur frage von frau blaustrumpf, ob man das dichter-denkmal sieht - ich weiß es nicht, hat mich noch nie interessiert.
ich glaube auch, dass dieser punkt nicht wichtig ist; ich interpretiere diese zeilen anders (in der interpretation, dass es sich um die kinder von damals handelt):
goethe und schiller im tal, bei den "anderen". bei denen (auch den weimaranern), die nichts gewusst haben wollen, die sich erstaunt gaben, was dort oben passiert sein soll.
es ist nicht die welt dieser kinder; die fremde welt liegt im ilm-vernebelten tal, legendenhaft, sagenumwoben und unerreichbar für sie.

auf der anderen seite könnte natürlich auch nicht das denkmal gemeint sein, sondern, dass hier oben wenigstens goethe (von schiller weiß ich banause es nicht) schon gestanden hat (die goethe-buche/eiche(?) stand auf dem kz-gelände) und ins tal schaute, so wie die kinder jetzt...

dem vorschlag von frau blaustrumpf würde ich folgen: die letzten beiden zeilen streichen und durch die wiederholung der ersten zeile ersetzen. dies würde den gesamtem text hermetisch schließen; so wie die welt der kz-kinder war.

die bewertung gibt es für die kürze der worte, die auf grund ihres provokanten inhaltes so viel zu transportieren vermögen und eine intensive beschäftigung erfordern.
so sollte literatur sein.

viele grüße + anregende diskussionen

rainer (leider erst am montag wieder da)
 
S

samuel

Gast
goethe und schiller standen schön im kz

hallo ikt/blaustrumpf/rainer!

danke für eure rückmeldungen und für die gedanken, die ihr euch gemacht habt!ich will ein wenig zu antworten versuchen:

1. das gedicht ist mindestens drei- oder vierdeutig; diese bedeutungen erscheinen und ausfühlen/austasten zu lassen war meine absicht.

2. ihr habt recht: die letzten beiden zeilen sind problematisch; vielleicht wirken sie so, aber sie sind nicht pädagogisierend gemeint; ich stelle sie mir gesprochen höhnisch-bitter-spöttisch und damit provozierend vor.
vielleicht sollte ich die zeilenaufteilung ändern, aber die wortfolge am schluss ("die dichter standen goethe und schiller schön im kz")möchte ich nicht zerstören.

also: danke! liebe grüße samuel
 



 
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