credo

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poetix

Mitglied
Hallo Label,
da bringst du etwas zur Sprache, das ich auch so sehe: dass der Glaube an die Vernunft auch ein Glaube ist.
da haben sich
vertrauen und vernunft
im streit getrennt

und jeder wählte zu glauben
Das finde ich gut. Es beschreibt eine Situation, wie sie für unsere Zeit charakteristisch ist. Die anderen Passagen verstehe ich nicht ganz so gut, aber ich kann erahnen, was du meinst.
Viele Grüße
poetix
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
an Vernunft "glauben"?

ja - und genau das erregt bei mir Anstoß. Wenn Vertrauen (=Glauben) und Vernunft (=Denken) sich trennen, kann die Vernunft "rein" werden (das ist die Terminologie Immanuel Kants): Denken ist in sich selbst zuhause und erkennt sich in dieser Selbständigkeit. Indem die reine Vernunft praktisch wird (wieder in Kantscher Sprache), beweist sich die Freiheit des Willens durch die selbstbestimmte (=vernunftgesetzliche) Tat.
Aber vielleicht habe ich Dich ja mißverstanden und Du wolltest die Vernunft-Vertrauen-Dichotomie gar nicht (sagen wir mal:) "begrifflich-falsch" aufspalten und zuordnen.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Label,

du setzt hier Gegensatzpaare nebeneinander wie sie momentan viel diskutiert werden. Glaube und Vernunft, wie passen sie zueinander?
Die Wissenschaft ist so weit fortgeschritten, dass sie dem Menschen eine Unabhängigkeitserklärung abfordert: Du selbst bist der Macher, einen Schöpfer brauchst Du nicht.

Der wahre Glaube kann die Vernunft integrieren und muss das auch, wenn er wahrhaftig sein will. Theologie kann die Vernunft nicht ausklammern.

"Auch der Tod ist relativ" verstehe ich so, dass manche Menschen an ein Weiterleben nach dem Tode glauben, andere nicht.

Du zeigst hier nur das Problem auf und beziehst als Autor keinerlei Stellung. Sehe ich das richtig? Die Dinge stehen in der Diskussion und vielleicht möchtest Du erneut einen Anstoß dafür geben.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Liebe Vera-Lena!

Aber wieso sollte der Mensch nicht der "Macher" sein? Schlechtes Wort - richtiger, besser ist: der Tätige, der Handelnde, ein Ich, ein ewiges Selbstbewußtsein. Sogar in biblischer Bildsprache ist der Mensch ein Ebenbild des Schöpfers, und das kann er nur sein, indem er selbst originell tätig ist und zu sich selbst "Ich" sagt und "Ich bin". Der Mensch trägt den Gottesnamen!
Und weiterhin biblisch: JHWH Elohîm bläst dem aus Irdischem geformten Leib seinen Atem ein, seinen schöpferischen Geist, und das ist der Wesenskern des Menschen, der ungeschaffene: göttlicher Atem (ruach, pneuma), göttlicher Geist.
Die Dichotomie von "Schöpfer" und "Mensch" ist falsch, sie ist in jeder Hinsicht unmöglich. Ein Ich kann gar nicht geschaffen werden, es kann nur geboren werden, gewissermaßen parthenogenetisch ausknospen. So, wie Lebeniges nicht aus Leblosem hervorgezaubert werden kann, sondern von Lebendigem abstammt.
grusz, hansz
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Hansz,

wir beide stehen in gar keinem Widerspruch zueinander. Gott will den Menschen zum Mitschöpfer.

Mir war Folgendes ein Anliegen: Wenn ich einen Marienkäfer versehentlich tot getreten habe, kann ich ihn nicht wieder lebendig machen.

Gott ist der Schöpfer des Universums. Er ist so groß, dass der Mensch, so lange er auf Erden weilt, Gott nicht erfassen kann.

Die Naturwissenschaft bringt aber den Menschen in Versuchung, genau daran zu zweifeln.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Unfaßbares wird in Dichtung benennbar:

der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes (schreibt Paulus)
 

Vera-Lena

Mitglied
Ja, lieber Hansz, genau hier liegt ja der Unterschied: Die Wissenschaft sagt, es geht nicht; der Gläubige sagt, es geht.

Zitat Albert Einstein: "Das Universum ist so groß, dass der menschliche Geist es nicht durchdringen kann."
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja, lieber Hansz, genau hier liegt ja der Unterschied: Die Wissenschaft sagt, es geht nicht; der Gläubige sagt, es geht.
"Die Wissenschaft" - welche bittesehr? Mit welcher wissenschaftlichen Aussage? Ich empfehle Hegels "Wissenschaft der Logik", wo alles als Schöpfungswort im innertrinitarischen Selbstgespräch entfaltet wird. Wissenschaft, die sich wissenschaftlich "aufhebt" (in den drei Bedeutungen dieses Wortes).

Zitat Albert Einstein: "Das Universum ist so groß, dass der menschliche Geist es nicht durchdringen kann."
Ist Geist das Raumdurchdringungsorgan? Der optische Raum wird vom Auge durchdrungen - nun ja, nur bis zum Horizont, nachts "nur" bis zu etwa 300 Lichtjahren im Umkreis, das ist ein kleiner Ausschnitt unserer Galaxie; scharfe Augen sehen noch die Nachbargalaxie: den Andromedanebel, Milliarden von Galaxien (!) bleiben uns unsichtbar. Aber ist Sehen = Begreifen? Das Ohr reicht nur einige hundert Meter weit, aber dringt unser Verstehen der Sprache nicht wesentlich weiter als die Wahrnehmung ihrer akustischen Grundlage? Der Tastsinn erreicht nur das unmittelbar Berührbare; geht Begreifen aber nicht über das Greifen ins Unendliche hinaus?
Menschlicher Geist begreift die geometrischen Gesetzmäßigkeiten des Raums, die euklidischen wie die nichteuklidischen. Wo soll der Mann der Absolutheitstheorie des Lichts (die aus unerfindlichen Gründen "Relativitätstheorie" genannt wird - wohl wegen der Krümmung, der Relativität des RAUMES) jenen Satz geschrieben haben? Ich wüßte gerne die Belegstelle und den Zusammenhang.
 

Label

Mitglied
Hallo poetix
das ist eine Lesart, die für diesen Teil des Textes seine Berechtigung hat und der eine Geschichte mit vorher, mittendrin und nachher erzählt.
danke für dein Interesse und fürs Reinschauen


Lieber Mondnein, liebe Vera-Lena

freut mich sehr, dass dieser Text euch interessiert.
So ist das mit Wörtern sie enthalten oftmals viele Facetten, sind in unterschiedlichsten Situationen verwendbar.
Vertrauen hat mit glauben zu tun, glauben ist aber nicht nur der religiöse Glaube, wiewohl auch enthalten.
Es ist leider so, dass Vertrauen und Vernunft gegenwärtig als gegensätzlich betrachtet werden.
Hauptsächlich von denen, die eine Präferenz für eines der beiden haben.

Vertrauen (Glaube) wird problematisch, wenn nicht auch die Vernunft etwas zu sagen hat, und die reine Vernunft befriedigt nicht das mehr, das der Mensch braucht um sich wohl zu fühlen.
Ich glaube ;) dass Menschen hauptsächlich deshalb zur scharfen Trennung der beiden tendieren, weil sie sich zuvor übermäßig auf eines der beiden gestützt haben und ent-täuscht wurden, dann das Kind mit dem Bade ausschütten und sich an das Gegenteil klammern.

Davon handelt der Text, aber auch davon, dass beide einen Modus finden, in einem weniger engen Rahmen übereinstimmen zu können.


Da der Tod nun mal eine Tatsache ist und keiner weiß wie ein Individuum ihn "erlebt" ist alles was den Tod betrifft (außer der biologischen Zell- Molekül- und Atombetrachtung)
Glaubenssache.

Insofern hast du durchaus Recht liebe Vera-Lena, ich beziehe keine Stellung für entweder Vertrauen oder Vernunft.

euch allen herzliche Grüße
Label
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Hansz,

im Lupanum eröffne ich einen Tread mit dem Thema: Vernunft und Glaube. Dort kann dann weiter diskutiert werden.
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo Label,
gutes thema gut umgesetzt, find jedenfalls ich.
vertrauen und glauben dividieren die, especially solche, die etwas ungutes mit macht im sinn haben. vertrauen ist der glaube in die überlieferten erfahrungen, glaube allein schaut mit vernunft und vertrauen in die zukunft, könnte man das so sagen?

eine vertrauenswürdig bewährte alltagsroutine strandet an unerhörtem, eine scheinbar heile welt offenbart ihre schwächen.
dies zu benützen, bedeutet im unguten ein spiel mit der angst, ein spiel mit der macht, die manipulativen übergriffen die türe weit öffnet. im guten eröffnet es die möglichkeit zu wachsen.

ein rätsel habe ich:
den letzten vers, letzte strophe, da les ich dauernd " ... der tod sei relativ"
weil auch das sich nicht im dunst von unverbrüchlichen gewissheiten bewegt?

lg
die dohle
 

Label

Mitglied
Liebe Dohle

das "gutes thema gut umgesetzt" freut mich wirklich sehr
und deine Interpretation hat meine Absicht recht gut getroffen.

die letzte Strophe

da habt ihr beide Dohle und Mondnein, für mich klären können, warum in meiner linken untersten Gehirnwindung noch ein Räuspern zu vernehmen war.

nein, der Tod ist keine Möglichkeit (sei), der Tod ist
und es geht ja immer nur um das danach
es hat sich lange lange schon diese Begriffsverwurstelung breit gemacht, man sagt Tod und meint das Danach

durch euren Anstoß habe ich nun eine bessere Möglichkeit gefunden das auszudrücken.
Danke dafür

herzliche Grüße
Label
 

Label

Mitglied
als unerhörtes gehört und
vertrauensseliges verzweifelte
wurde der schein ganz unscheinbar

da haben sich
vertrauen und vernunft
im streit getrennt

und beide wählten zu glauben
der tod ist
relativ
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
ist oder sei

Ich fühle mich nicht "beantwortet". Das mit dem Möglichkeiten-Konjunktiv war Dohles.
egal.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich kann Labels Schluss nachvolziehen.

Glauben ist keine Möglichkeit. Zweifel ist im Grunde Nichtglauben.
Würde am Schluss stehen, dass sich beide entschieden zu glauben, der Tod sei relativ, wäre es kein wahrer Glaube.

Aber ich interpretiere die Schlussstrophe komplett anders.

Für mich beginnt nach glauben nicht nur ein neuer Vers, sondern auch ein neuer Gedanke.

Durch die Trennung von Vertrauen und Vernunft und der Hinwendung zum Glauben ging die Eineindeutigkeit verloren. Die Gewissheit, das Bestimmte. Es gibt kein Vertrauen auf die Endgültigkeit des Todes, keine Vernunft, die seinen Absolutismus erklärt. Nur noch das Ungefähre, Unbeweisbare des Glaubens.
 

Label

Mitglied
lieber mondnein

fühltest du dich beantwortet, setzte ich der von dir angemerkten indirekten Rede wegen, nach "und beide wählten zu glauben" einen Doppelpunkt?
dann entfiele die Notwendigkeit für "sei", siehst du das auch so?

entschuldige bitte, dass ich in meinem Eifer für den Strophenumbau, deinen Hinweis übergangen habe

dir einen lieben Gruß
Label

PS hinter deinen Kommentaren zum Inhalt, konnte ich aber kein Indiz ausmachen, ob das in deinen Augen ein leidlicher Text ist.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Münchhausentrilemma

Die Behauptung, etwas sei relativ, ist das Gegenteil von Glauben. Glauben verabsolutiert. Irgend etwas als absolut hinzustellen, ist dogmatischer Begründungsabbruch.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
zum Doppelpunkt: Ja!

Danke für Deine Antwort; wir haben offensichtlich gerade gleichzeitig geschrieben - ich schrieb eine Antwort auf das statement seiner Eminenz des Herrn Forenredakteurs.
Liebe Label, ich werte selten, ich entwöhne mich des Wertens. Langsam reife ich zur Beobachtung, und Beobachten wird durch Werten (sagen wir mal) "gestört". Werten ist (mit anderen Worten) nichts wert.
 



 
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