das imperium schlägt zurück

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M

margot

Gast
antonia berichtete aus
bagdad
von den ersten hörbaren explosionen
lichtblitze wie bei einem seltsamen
gewitter
am horizont
wir hatten unseren rundgang im
pflegeheim gerade beendet
und setzten uns mit frisch desinfizierten
händen
vor die glotze
der präsident der vereinigten staaten
redete
ich mochte sein gesicht und den
pathos, als er von den mutigen
kämpfern sprach
patriots starteten
wie feuerbälle in den nachthimmel
tausende matrosen wie ein ameisenvolk
unter deck der schwimmenden
festungen taten das ihre
und die piloten, die kämpfer warteten
auf ihren ersten einsatz
mit scharfen waffen

wie gebannt starrten wir auf den
bildschirm, die kulisse
einer stadt mit minaretten und
palästen aus tausend und einer nacht
virtualität und wirklichkeit verknüpften sich
zu einem komischen theater
„antonia, hören sie mich ...?“
nein, das war keine science fiction
die jedi-ritter griffen an
meine kollegin und ich dämmerten dem
feierabend entgegen, um
das geisterschiff der alten und gebrechlichen
verlassen zu dürfen
tausendfach wurde von korrespondenten
fachleuten und politikern meinungen
über den äther transportiert
eine millionenstadt im zweistromland
vibrierte schwach unter
den enthauptungsschlägen
 
C

caruso

Gast
an die Opfer

...an die Tausenden Verstümmelten denkt man nicht wenn man mit grinsendem Gesicht in die Kameras sagt wie gut und wichtig dieser ganze Krieg ist, denn man ist ja der Stärkere und darf alles und ungestraft tun, gestern Hiroshima und Vietnam, heute eben Bagdad und morgen gehört ihm die ganze Welt.

Die Gesichter der Verstümmelten will man lieber nicht sehen, was bedeutet schon Tod wenn man aus grosser Höhe morden kann.

Nachdenkliche Grüsse, caruso
 
M

margot

Gast
caruso, ich finde es lediglich tragisch wie komisch,
daß man die menschen erst verwundet, ins unglück stürzt
oder umbringt, um sie hernach wieder zusammenzuflicken
zu trösten und zu ehren.

einfach ätzend dieses "menschliche" verhalten.
ich verurteile die amis nicht. sie sind lediglich spielball
einer noch größeren macht.

gruß
ralph
 

GabiSils

Mitglied
Hallo Ralph,

ist die Schreibweise "yeti-ritter" Absicht und wenn ja, was soll das aussagen ausser einem eher müden Wortspiel?

Guter Text. Nicht massiv wertend, die Situation des Beobachters ist nachvollziehbar eingefangen; sehr gut finde ich die Passagen "ich mochte sein gesicht..." und "... dämmerten dem Feierabend entgegen".

Gruss, Gabi
 
M

margot

Gast
aber natürlich ist mein text wertend.
wie würdest du denn yeti-ritter schreiben?
das war eine assoziation zu diesen science fiction
filmen, wo die guten gegen die bösen dunklen mächte
kämpfen. und als ich die soldaten in den fernseh-
beiträgen in ihren kampfmonturen und gasmasken sah,
als ich das abfeuern der geschosse und die riesigen
flugzeugträger sah - kamen mir merkwürdige parallelen zu
den "yeti-rittern" in den sinn. nein, das war kein wortspiel.
ich wollte, in manchen köpfen würde es auch dämmern ...

gruß
ralph
 

GabiSils

Mitglied
Jedi, bitte.
Der Yeti ist der Kumpel von Reinhold Messner.

Wertend, ja, aber nicht mitm Holzhammer, kein Meinungsdruck - oder?

Gabi
 
C

caruso

Gast
Spielball

Lieber Ralph,

prinzipiell hast Du recht, auch Bush ist austauschbar die amerikanischen Soldaten die als Kanonenfutter verheizt werden tun mir leid LG caruso
 
M

margot

Gast
danke gabi für deine rechtschreibehilfe. habe ich sofort
verbessert.
caruso, letzlich werden wir alle verheizt - die frage ist nur - auf welche weise.

ralph
 
M

margot

Gast
übrigens halte ich große stücke auf reinhold meßmer.
und wenn ich in 7tausend metern höhe einem yeti
begegne, ist das allemal besser, als 300 000 soldaten
und kriegsgerät in ein land zu schicken, um damit einen
dauerhaften frieden herzustellen.
wer nun ist der größere spinner?
bush oder meßmer?

ralph
 

Vera-Lena

Mitglied
Vermischung

Hallo, margot,

"Realität und Virtualität vermischten sich." Dieser Satz in Deinem atmosphärisch sehr dichten Text sagt mir am meisten.
Für jemand, der den Krieg schon einmal direkt miterlebt hat, sind diese Fernsehübertragungen kaum erträglich. Als erstes dachte ich sogar, daß wohl die Sirenen auf der ganzen Welt gleich klingen, denn diesen Ton kann ich natürlich nicht mehr vergessen. Und alle Bildausschnitte werden von meinem Gehirn automatisch vervollständigt.Da funkelt nun das Leid der Welt über den Bildschirm, und man wünschte sich, es wäre irgend so ein Thriller, den sich ein krankes Gehirn ausgedacht hat.

Ich danke Dir für eindrucksvollen Text.
Liebe Grüße Vera-Lena
 
M

margot

Gast
liebe vera, meine mutter erlebte die luftangriffe
in gotha, und sie erzählte mir viel von diesem
geschehen, den ängsten der menschen, den schmerzen
und der zerstörung. sie war damals erst 11/12/13
jahre alt. kriegsgefangene wurden durch die straßen
gepeitscht und manche gütige menschen, die diesen
elenden kartoffelschalen zuwarfen, wurden mit
gewehrkolbenhieben in ihre schranken zurückgewiesen.
tausende erstickten unter den trümmern in den kellern
ihrer häuser. als meine mutter zur schule ging, sah
sie die neuen häuserlücken, und wie ein alptraum
erscheint es ihr noch heute, daß ihre nachbarn
plötzlich vom erdboden verschwunden waren.

liebe vera, wir haben keine ahnung. dieser präsident
der usa hat keine ahnung, was er eigentlich anzettelte.
er begab sich auf das niveau der terroristen des
11. september mit den militärischen und imperialistischen
akzenten seiner macht.

vielleicht wird alles gut.
danke für deinen kommentar.

ralph
 



 
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