das lebensboot

NewDawnK

Mitglied
Hallo Grasshof,

ein paar ganz subjektive Gedanken zu Deinem Text. (Also bitte nicht als Kritik missverstehen.):

In den ersten drei Absätzen kann ich Dir leicht folgen, denn Deine Metaphern umschreiben Lebenserfahrungen, die ich gut nachvollziehen kann. Im vierten wird es dann höchst spekulativ:
"geborgen dann
am Jenseits Ufer."

- Wo könnte das sein, dieses "Jenseits"? Wird LyrIch jemals diesen "Ort" erreichen?
Ich könnte es mir nun sehr einfach machen und die altbekannten religiösen Bilder, die ich im Hinterkopf habe, zu Rate ziehen, dann bin ich ziemlich schnell fertig mit dem Nachdenken, denn diese Bilder sind ja schon unzählige Male mit Glaubensinhalten gefüllt worden. Mir bleibt dann nur noch zu entscheiden: Will ich glauben, dass diese Metaphern zutreffen, oder will ich es nicht?

Etwas Anderes wäre es, wenn Du zum Beispiel geschrieben hättest:
"geborgen dann
am Meeresgrund."

- In diesem Fall bleibt der Ausgang offen, das heißt es kommt nun allein auf mich - den/die Leser/in - an, was ich mit diesem Bild mache:
Wie also stelle ich sterbliches Lebewesen mir das vor? Wird zum Schluss nichts mehr übrig sein von mir, etwa weil mich die Fische gefressen haben, oder geht es dennoch irgendwie weiter? Durchaus möglich, dass auch ich früher oder später auf Antworten stoße, die über mein bisschen Leben hinausweisen, aber das wären dann immerhin meine eigenen Gedanken, meine eigenen Bilder, die dicht an meiner biologischen Realität bleiben, und wo auch die Angst vor dem Tod ihren ganz natürlichen Platz finden würde.

Was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist: In jedem Nachdenken über Religiöses steckt eine große Portion verdrängte Angst vor dem Tod. Mir scheint es wichtig zu sein, sich dieser ganz natürlichen Angst erst einmal zu stellen, anstatt sie von vornherein mit vorgefertigten religiösen Bildern zu übertünchen.

Das nur als einer von vielen möglichen Gedankengängen zu Deinem Text. Vielleicht kannst Du etwas damit anfangen, vielleicht nicht, was dann auch völlig in Ordnung ist. Jeder muss seine eigenen Wege finden, ganz besonders in der Lyrik.

Schöne Grüße, NDK
 

Duisburger

Mitglied
Hallo.

mir scheint dein Lebensboot nur bedingt seetüchtig zu sein. Vorab scheint mir dieses Lebenslinie doch zu einfach geraten sein. Leben ist mehr, Leben ist vielfältiger.
Wellenleicht
in jungen Jahren,
Hier scheint mir das Bild falsch gewählt. Wellen haben für mich etwas behäbiges, schweres, kraftvolles. Diese "leichte Welle" kann ich mir nur schwer vorstellen. Die Leichtigkeit hätte man eher durch ein Segelboot, welches schnell und leicht über die Wellen gleitet, beschreiben können.
flutumbrandet
dann und wann,
Das passt wirklich gut. Treffend gewählt.
heimwehkrank
die Ruder ruhen,
Das Bild verstehe ich nicht. Wenn jemand an Heimweh leidet, müsste er sich dann nicht eher in Bewegung setzen, wenn es ihn Heim zieht.
geborgen dann
am Jenseits Ufer.
Hier erscheint mir die "Geborgenheit" im Tod zu wenig. Ist das so?

lg
Oldy
 

grasshof

Mitglied
lebensboot

Ich sehe mein leben so, dass es immer wieder abschnitte gibt, die nach hause führen. das leben als herausforderung, einmal gleitet man über das wasser, dann gibt es stürme, ich glaube an ein weiterleben nach dem tode und das schiff führt mich an das andere ufer, immer wieder... ich muß mich führen lassen und weiß mich geborgen, aber das dieseits ist eben unvollkommen und dann gibt es vollkommenes in der ewigkeit. ist glaubenssache -
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Grasshoff,

als bildhafte Dokumentation Deiner eigenen Weltsicht ist es ein rundes Gedicht, keine Frage!

Meine Anmerkungen bezogen sich auf den speziellen Fall, dass Du beim Leser ein Nachdenken über eigene Beweggründe für die Jenseitsgläubigkeit erreichen willst. Das muss nicht unbedingt so sein, in dem Fall steht Dein Gedicht als ein Glaubenszeugnis für sich und ist gut so, wie es ist.

Worum es mir geht: Ich behaupte, kein Mensch glaubt an ein "Jenseits" ohne Grund. Warum sollte er? Lebensängste können ebenso ein möglicher Auslöser sein wie eine diffuse Angst vor dem "Nichts"... oder die Befürchtung, im "Diesseits" vielleicht nicht genug gelebt zu haben... oder wenn Du schreibst, das "Diesseits" ist zu unvollkommen, ist es vielleicht die Sehnsucht nach einer perfekten Harmonie ohne Widersprüche und Konflikte... usw., usw. .

In der Lyrik kann man diesen eigentlichen menschlichen Beweggründen nachspüren, indem man sich ihnen in eigenen Bildern nähert, auch ohne mit einem mächtigen Glaubenswort wie "Jenseits" jeder weiteren Diskussion über das, was sein kann, von vornherein einen Riegel vorzuschieben.

Ich muss zugeben, Dieser Gedanke führt über Deinen Text hinaus und ist deshalb auch nur als eine Textassoziation zu verstehen.

Schöne Grüße, NDK
 

grasshof

Mitglied
lebensboot

Nun ja, mit meinem text habe ich einiges ausgelöst und es freut mich, dass es reaktionen gibt.
Freilich ist der text für gläubige menschen leichter zu verstehen, als für solche, die mit dem tod das totale ende sehen.
Aber das jenseitsufer ist nicht nur gemeint als nach dem tod. Wir haben so vieles im lebenn zu bewältigen und da ist es doch so, dass nach der überfahrt asu dem problem zur lösung, jenseits, der mensch wieder zur ruhe kommt.
Ich möchte es auch von dieser seite sehen.
Ich freue mich aber über eure äußerungen. Danke.
lieben gruß grasshof
 

Duisburger

Mitglied
Hallo grasshof,

auch ich bin ein gläubiger Mensch. Darum geht es aber nicht. Ich spreche dir deine religiösen Beweggründe ja nicht ab.
Mir ging es hier eher um die nach meiner Meinung nicht treffend gewählten Bilder- Auf diese Einlassungen, die nicht einmal richtig sein müssen, bist du gar nicht eingegangen. Wir sprechen doch hier über Lyrik, nicht über religiöse Weltanschauungen.

lg
Oldy
 



 
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