den rolladen auf halbmast

3,70 Stern(e) 3 Bewertungen
M

margot

Gast
heute ist ein heller tag
aber kalt
der sturm ebbt ab
ein wunder, dass heute noch
leute von bäumen erschlagen werden
diese verdammte welt gibt
eine menge rätsel auf
zum beispiel die pyramiden
oder wie das leben auf die
erde kam
ich verabredete mich mit
armin in der billard-kneipe
ich will nicht den ganzen tag die
wohnung putzen
zwischendurch ein gedicht schreiben
und stundenlang radio hören
neige sowieso zur schwermut
das universum breitete sich kurz nach
dem big bang
für den bruchteil einer sekunde
mit überlichtgeschwindigkeit aus
womit sich die überaus hohe
gleichmäßige verteilung der
galaxien, sterne, nebel
an unserem nachthimmel erklären
lässt
inzwischen sind wir bei minus
270 grad celsius angelangt
kein wunder, dass
mir kalt ist
manchmal vermisse ich einfach
die wärme eines lebewesens
das sich anschmiegt und um mich herum
streicht wie eine katze
ich wünschte, die nahtod-erfahrungen
von menschen, die erfolgreich
wiederbelebt wurden, wären wahr
denn zugegeben habe ich riesige angst vor
dem tod
und was danach kommen mag
oder nicht
ich möchte gar nicht drumrum rätseln
vielleicht werde ich erleuchtet
ganz unerwartet
womöglich beim nächsten sturm von
einem baum erschlagen
oder dumm und alt aus der wäsche gucken
ein greiser narr
der sich von der welt verabschiedete
lange bevor
der tod ihn zu sich holt
 
Och je, Du Armer...

Es gibt nicht "den Tod", es gibt auch nicht "das Leben". Solche Begriffe sind versubstantivierte Adjektive oder Verben ("grün" -> "das Grüne")

Man kann leben, geborenwerden, sterben. Mehr nicht. Das Geheimnis besteht daraus, daß absolut keines da ist.
Den ganzen Zirkel nennt man in einem stets zum Hypostasieren veranlagten Denken und Wahrnehmen "Vergänglichkeit".

Diese V. ist aber nicht einfach eine bedauerliche Negativeigenschaft der Welt, sondern eine Grundeigenschaft, aus der überhaupt die Existenzmöglichkeit alles Seienden stammt, denn neutral beschrieben, ist Vergänglichkeit nur eben die Notwendigkeit permanenter Wechselwirkung von Allem mit Allem. Und da eine jede WW die jeweils beteiligten Partner verändert, sind diese niemals stabil (nennt man "nicht-selbstidentisch").
Und das gilt für Berge, Sonnen, Elektronen, Menschen, Frösche, für alles Existierende.

Verstehst? Etwas, was keinerlei Wirkung in dieser Welt machen würde, existierte eben deshalb auch nicht, und bei jedem Wirkungmachen (Existieren) ist es eben Wechselwirkung, d.h., der Schuß geht immer unveränderlich in beide Richtungen los, was den Wirkenden jeweils stets mit verändert.
Existieren ist also Veränderung, anders gehts nicht.
Und eine Form der Veränderung ist eben auch der Systemuntergang bei jener Wandlung, die man magisch "Tod" genannt hat.

Was danach geschieht? Geheimnisvoll?
Eher nicht: Es geschieht danach dasselbe, was vor Deiner Geburt geschah: Für "Dich" nix mehr, einfach weil Du nicht mehr bist.
(Das Bild auf dem TV ist auch nicht mehr, wenn das Gerät kaputt ist.)

Wenn Dich die Tanatologie interessiert (sog. "NachtodErfahrungen"), dann lies Kübler-Ross, aber Warnung: Glaub nicht dran!
Du bist Dein Gehirn (und Dein Körper), und, wenn die zerfallen, bist Du nicht mehr, einfach so.

Die Angst vorm "Tod", dem Sensenmann, dem Freund Hein, kann auch die Hinwendung zur Religion bewirken. Aber Du weißt selbst mit welchem Effekt: Die Angst vorm Tod wird gepushed und noch vergrößert, statt verkleinert, denn es gibt ja dann Himmel/Hölle/Fegefeuer usw...

Psychologisch ist anzumerken, daß die Angst vorm Tod umso größer ist, je weniger direkte, persönliche Erfahrungen mit dem Sterben vorliegen. Ich kann dies aus meiner Erfahrung nur bestätigen, denn persönlich miterlebt man Sterben genau wie Gebären als die natürlichste Sache der Welt.

Sehr oft auch ist scheinbare Todesangst bei näherem Hinsehen eine sich versteckende Lebensangst, denn nicht der Tod, sondern das Leben ist jenes Problem, an welchem Viele von uns scheitern.
(Wäre dies nicht so, wären Viele sogar noch zu dumm zu sterben!)

André Heller fasste dies im Satz zusammen: "Nicht an der Fähigkeit zu sterben, sondern an der Unfähigkeit zu leben gehen die Meisten zugrunde."
 
M

margot

Gast
hammel, verschone mich, ich wünsche dir ein gutes
ableben deiner eigenen persönlichkeit.
die intellektuelle kacke kannst du bei leuten abladen,
die wie du auf arroganz aus sind und dabei die
empirische entwicklung des seins, des lebens ganz
vergessen haben.
bonavita.
ralph
 
S

sternchen700

Gast
Also, Waldemar Hammel!

Ich finde nicht, daß man die Gedanken, die sich jemand macht, nicht derart analysieren (oder sich gar darüber lustig machen) sollte.
Ich glaube, viele haben ähnliche Gedanken oder Ängste.
Ist jetzt nicht böse gemeint, aber glaubst Du, daß Du alles weißt???
Keiner weiß doch genau, was z.B. nach dem Tod mit uns passiert - wenn überhaupt...
Das "nicht wissen" mag zum Teil auch sehr beängstigend sein, doch andererseits: Wer will schon alles ganz genau wissen? Was wäre das für ein Leben?
Gruß Nicole.
 

wolfsfrau

Mitglied
Stürme des Lebens

Hi Ralph

Bei deinen Gedichten dringt für dich deine eigene perlönliche Weisheit durch, die ich eher nachvollziehen
kann wie diese allgemeinen Betrachtungen über Leben und
Tod. Zur Zeit lese ich Stanislaw Lem die Sterntage-
bücher. Ich bin begeistert von seiner Phantasie. Und was
die Welt wirklich zusammenhält werden wir wohl nie erfahren.

Viele liebe Grüße
die Wolfsfrau
 
M

margot

Gast
liebe wolfsfrau, stanislaw lem kann ich dir nur
empfehlen. ich erlag desöfteren seinen phantasien.
manchmal auf dem klo, während ich einfacher maschinen-
bediener war. manchmal am strand eines baggersees,
während ich auf den busen einer schönen braut schielte.

ralph
 



 
Oben Unten