der Misanthrop

Der Misanthrop

Es widert mich an. All dieses kümmerliche Menschsein, das Streben und Leben auf diese jämmerliche, menschliche Weise, es widert mich einfach nur an.
Da keuchen & kreuchen & fleuchen sie, die kümmerlichen Gestalten, da heischen sie nach Wissen & Erkennen, da ackern sie sich ab mit Schaffen, indem sie doch nur fliehen;
Fliehen vor dem Bewusstsein, dass es keine Hoffnung, kein Erbarmen und zum Glück der meisten auch keine göttliche Gnade & keinen Richtspruch für sie gibt!
Da bauen sie mit aller Kraft ihre Sandburgen, zwingen ihren Blick, sich abzuwenden von den beständig anrollenden Wassermassen; da erquicken & laben sie sich am vermeintlich Guten & Schönen, da intellektualisieren die, die es nicht kennen, das Leid, und die, welche es kennen,
die klammern sich umso mehr an die Freuden.
So und nicht anders; die, die das Leben am meisten hasst, diese lieben selbst das Leben mit größter Innigkeit! Dummheit, Torheit!
Doch der Mensch ist dem Menschen kein Wolf, er ist ein Hund, ein räudiger Köter,
aufs Beste folgsam und dumm, doch meist schlicht und einfach brutal.
Kultur, Kunst, aller Schöngeist, alle Lyrik, sind sie denn anderes als der klägliche Versuch des Verzweifelten, sich Sinn, sich Hoffnung zu schaffen?
Denn am Ende gibt es keinen Lohn und keine Gerechtigkeit, die Schuld wird nicht gesühnt und das Gute nicht geheiligt, sondern das Starke, das Brutale, vernichtet das Schwächere.
Oh und wie Grausam ist dieses Schwache beschaffen, dass es den Geist bekommen, die Gewissheit seinen Schicksals zu ahnen & darum zu sinnen, sich deshalb zu ängstigen, zu flüchten, zu hetzen, vergeblich zu hoffen & noch im Augenblick höchster Not an ein Gebet sich zu klammern!
Wie sieht es sich in die Enge getrieben, hilflos, machtlos, ausgeliefert, gemartert durch seine eigene, fürchterliche, selbst zerstörerische Fähigkeit zu denken, gerade soweit, um sich schon dadurch in den Abgrund zu stürzen, ehe die Bedrohung überhaupt tatsächlich vorhanden ist!
Oh und wie grauenvoll noch dazu ist dieses Starke beschaffen, dass auch dieses so beschränkt
Und doch über alle Maßen zuviel des Denkens im Stande ist!
Es weiß gerade soviel, als dass es auch in seiner Stärke schwach ist, wenn es nicht zwingt durch Furcht, denn nur in der Furcht der anderen kann es sich selbst die Stärke und die Fürchtenden sich ihre Schwäche glauben!
Und welch ein Schrecken, dies ist gewusst!
So sind sie nicht gewalttätig aus Trieb & Instinkt, sie töten nicht schnell noch effizient, sie quälen kalkuliert, mit Geist, vielleicht mit Freude, sie zerstören um des Leides willen, um der Angst willen!
Oh welch unvorstellbares Getier doch dieser Mensch ist!
Wie er sich trotz allem sorgt zu bewahren & zu reformieren, genussvoll an Empfindungen zu kosten, zu forschen, zu philosophieren, zu heilen & zu kreieren!
Wo er doch das furchtbare Opfer der Krankheit des Geistes – ja, der Geist selbst ist die Schlimmste Krankheit, und jede Geisteskrankheit kann den Zustand nur bessern!
Und so geht das Treiben und Reigen, dahin und dahin, ein gräulicher Totentanz, ein sinkendes Schiff mit einer singenden Besatzung!
Und ob man nun schwach oder stark, ein Starker in seiner Schwäche oder ein Schwächling in seiner Stärke, ein Guter oder ein Schlechter ist, in der Essenz bleibt aus diesen oder jenen Gründen immer nur: Die Angst.
Und was es auch so alles geben mag, das, was es für niemanden gibt, ist die Erlösung, ist die Ruhe, geschweige denn die ewige Ruhe.
Herr gib sie uns, denn wir haben Angst! So schreien sie!
Doch es gibt keine Versicherung!
Versucht sowenig zu denken und soviel zu glauben wie möglich. Vielleicht habt ihr Glück, es wird euch betäuben, retten kann es euch nicht. Nichts kann uns retten.
Wir sind, mit unserem Geist, die verdammtesten Existenzen, die es geben mag, und sollte uns wahrhaftig ein Gott geschaffen haben, so möchte ich niemals diesem Ungeheuer begegnen.
Am besten würden wir daran tun, die herrlichste Errungenschaft der Zerstörung, die wir hervorbrachten, die Atombombe, endlich einzig sinnvoll einzusetzen, und alle Zündknöpfe der Welt zugleich zu drücken. Nennt mich ruhig verrückt, ich würde es tun, läge es in meiner Macht. Denn dahin und nirgendwohin sonst ist unser Geist bestimmt, den Einzelnen wie die Gesamtheit aller am Ende zu führen: In den Abgrund.
So machen wir’s denn wenigstens kurz und schmerzlos!
Aber es wird ja doch nichts passieren…
Könnt ich nur lachen wie die vermeintlich Weisen über Maja.. so glaub ich ihnen ihr Gelächter ja doch nicht, nichts als Hohn..
Ich muss weiter hier harren, des Tages voll Ekel und des Nachts voller Angst, klein wie ein Wurm, hilflos wie ein Kind, machtlos wie in Ketten, und doch erfüllt von Willen und Geist.
 



 
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