der unvollständige satz eines sterbenden

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M

margot

Gast
unvollständiger satz eines sterbenden

ich war noch nie in australien
ich stand nie auf der chinesischen mauer
afrika kenne ich vom dirke-atlas
die usa schießen sich über den fernseher
in mein bewußtsein
kanada wäre eine sehnsucht
unendliche wälder und natur bis zum
überdruß
grönland ist weiß
ich lebe in einem eintopf, der
europa heißt
südamerika wird mir erst wieder durch
die fußballweltmeisterschaft bewusst
und die begeisterung der süd-koreaner
sagt mir nichts
die japaner allerdings sehe ich durch die
hauptstraße heidelbergs promenieren
mit ihren knips-apparaten
von italien liebe ich florenz
paris ist mir zu teuer
in london würde ich mich gern verlieben
in schottland sterben
und in irland wiederauferstehen
ein pole würde mir den kopf halten
und ein tscheche telefonierte mit dem notdienst
ein russe würde mir ins ohr flüstern:
ralph, ich zeige dir moskau
rumänen, ungarn und österreicher ständen
außenherum
bedeutungslos
ich mochte mal einen türken, einen spanier
und einen griechen, sagte ich
das nummernschild des autos, dass mich anfuhr
ist weiß – rote schrift auf weißem grund
sind das die araber? die afghanen?
die usbeken?
ich schlucke mein blut
nebenher ist mir doch alles egal
ich könnte ein bombenopfer in tel-aviv sein
oder ein von einem israelischen scharfschützen
fälschlich getroffenes kind
der jugoslawe verlor beim billardspiel
von einem ostdeutschen wurde ich herausgefordert
meine augen verlieren ihre farbe
werden blässer
ich höre einen zug über meiner stirn
vorbeirattern
völker
namenlose gesichter
unheimlich müde - ich verlor meine sprache
indische gottheiten umarmen mich wie
kraken
zuletzt wollte ich schreien
lasst mich los
ladet mich endlich in diesen krankenwagen
und fahrt mich fort

aufs meer
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein Ostdeutscher lobt Dein Gedicht

Hallo, margot

es ist wirklich ein bemerkenswertes Gedicht, gehört zu denen, die mich in letzter Zeit besonders ansprachen.
Schlaglichter auf alles, kurze Eindrücke über das was ist.
Es könnte auch ein Lied sein.

-

Ein Hilferuf, aber auch ein Abschiedsruf ist es, scheint es, alles geht nochmal durch den Kopf, und der letzte Wunsch, ein unvollständiger Satz.

Viele Grüße von bernd
 
M

margot

Gast
desillusionierter wessie grüßt hoffentlich illusionierten ossie

hallo bernd, ich fing das gedicht an mit einer
impression, und die entwickelte sich dann quasi
von alleine weiter.
ich wollte die nationale engstirnigkeit sprengen,
aber ich schaffte es nicht ganz.
natürlich auch die kulturellen mauern -
wir menschen sind alle keine besonderen glanzlichter,
wenn wir uns in toleranz üben sollten, aber zu leicht
in archaische gedankenmuster zurückfallen.
die zur zeit wieder aufkeimenden diskussionen in den
medien regten mich an.
ein sportereignis wie die fußballweltmeisterschaft
sollte ein gutes beispiel für völkerverständigung sein.
wir müssen endlich kapieren, daß wir uns gegenseitig
bereichern und niemand dem anderen was wegnehmen will.
von den schlitzohren abgesehen, die es überall gibt.
wir leben in einer brenzligen zeit, und ich hoffe,
daß sich die gewalteskalation des nahen ostens bei
uns nicht gnadenlos fortsetzten wird.
haben wir die falschen schiedsrichter auf der welt?

schönen tag
margot
 

nally

Mitglied
"ich lebe in einem eintopf, der europa heißt" - wunderbare schilderung... Zu der Frage, der falschen schiedsrichter... nun ja, wenns mal nur an den liegen würde - aber das ist ein thema, da könnte ich, da könnte man ewige diskussionen führen.
 
M

margot

Gast
die überraschung siegt über unsere eingeweide

danke, liebe nally: südkorea gewann über italien.
und ich fand das gut ...

margot
 
M

margot

Gast
für trappatoni tut`s mir leid

klar, daß du als girlie auf die italiener stehst.
aber ich glaube, die trainierten zu oft vor dem
spiegel ...
 

nally

Mitglied
nenn mich noch mal girlie und du bekommst nicht nur das kissen um die ohren

mein lieblingsspieler ist b. lizarazu ;-) und dann kommt ronaldo.
 
M

margot

Gast
meine nally

na gut, zuckerschnüti, ich mag diesen glatzköpfigen
schieri. der ist klasse!
 

Schakim

Mitglied
lost paradises

margot:

Ich mag jedes Land
auf dieser Welt,
wenn es nur nicht durch Kriege
einstürzt und zerfällt!


G
Schakim
 
M

margot

Gast
es funktioniert nicht

schakim - langsam wird es zeit für ein globaleres
bewußtsein - leider sind acht neuntel der weltbevölkerung
noch nicht so weit. was ich zwar verständlich finde,
was aber zwischen den kulturen weiterhin zu graben-
brüchen führen wird. und gewalt wird in den augen
mancher machthaber weiterhin ein adäquates machtmittel
sein, ihre stellung in der wertegemeinschaft zu behaupten.

ralph
 



 
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