die Geschichte von Ludger dem Biker

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Hagen

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Die Geschichte von Ludger dem Biker

Ludger der Biker traf seine Frau Susanne auf einem Bikertreff in Assen. Lang, lang ist’s her, und Susanne war mit einem anderen Biker angereist, als Sozia, so sprach man derzeit noch.
Es war so gar nicht Susannes Mentalität, auf einem Bikerfest dabei zu sein. Die Musik war ihr zu laut und zu scheußlich, und der allgegenwärtige Geruch von verbranntem Gummi, Auspuffgasen, Kettenfett und Männerschweiß war gar nicht in Susannes Sinne. Und so kam es, dass sie des Nachts in Ludgers Zelt kroch, weil ihr Freund voll des herben Bieres war.
Ludger war hoch erfreut, hatte er doch schon den ganzen Abend mit Susanne geliebäugelt, auf die Zurückhaltende, was ansonsten gar nicht des Bikers Mentalität ist.
Zurück fuhr Susanne mit Ludger, und sie gebar ihm nach neun Monaten das Mädchen, das dereinst auf dem Bikerfestival in Assen im Zelt gezeugt worden war. Sie nannten es Melanie.
Soweit hört sich alles märchenhaft an, zumal sie heirateten und sich ein Eigenheim schafften, in der sich eine Küche mit einem großen Cerahnfeld befand.
Ludger der Biker kam immer seltener dazu, sich auf sein Bike zu setzen und zu fahren, einfach so, den Traum von Daytona oder einmal die Route 66 entlang cruisen hängte er an den bekannten Nagel, den er in der Garage eingeschlagen hatte; - über seiner stillgelegten Harley.
Als er mal zur Harley Stampede wollte, wurde Susanne krank, und als die Harley Stampede vorüber war, gesundete Susanne ruckartig – mit einem Lächeln auf der Lippe.
Luder resignierte, schließlich ging Melanie noch zur Schule und brachte gute Zeugnisse nach Hause. Ludger war stolz und machte selbst Karriere. Dabei legte er sich ein Wohlstandsbäuchlein zu, und als er mal vom Arzt kam, erzählte er seiner Frau, dass der Arzt etwas erhöhten Blutdruck bei ihm festgestellt hatte.
Das hätte er besser nicht tun sollen, denn Susanne erzählte fortan allen Leuten, dass Ludger zu hohen Blutdruck hätte, und sie sich ja solche Sorgen machte. Und sie schaute ernsten Gesichts in die Runde und würgte damit jedes Gespräch ab.
Und als sich dann auch noch im Bett die bekannte tote Hose auszubreiten begann und Susanne sich immer öfter verweigerte, weil sie Angst hatte, dass ihr Mann bei der Liebe einem Herzinfarkt erliegen könnte, versprach Ludger, sein Wohlstandsbäuchlein abzutrainieren.
Und Ludger machte Liegestütze und Situps bis ihm der Schweiß aus allen Poren lief.
In den folgenden Wochen brachte er seine Harley in den Keller und zerlegte sie sorgfältig, nachdem er seine Übungen absolviert hatte. Ludger schliff die Ventile des Twin Cam Motors und spendierte ihm neue Laufbuchsen.
Irgendwie hatte er den Traum von Daytona doch noch nicht ganz aufgegeben. Einmal im Leben dabei sein, wenn die Bikersaison eröffnet wird, eine Tour an der Atlantikküste entlang nach Key West und zurück über Miami, an der Golfküste entlang Fort Myers - Tampa zurück nach Orlando.
Einmal im Leben auf seiner neu aufgebauten Harley.
Susanne verstand es nicht. Sie sah nur, dass es zu langsam ging, mit dem Abnehmen und bestellte einige Trimmdich-Geräte für ihren Mann.
Als die Geräte geliefert wurden, wollte Susanne sie nicht im Wohnzimmer haben. Sie befahl den Männern, diese scheußlichen Apparate im Keller aufzustellen.
Als die Männer die Geräte in den Keller geschleppt hatten, stellten sie fest, dass kein Platz dafür war, weil dort das Regal mit den alten Motorradteilen stand.
Susanne ordnete an, den ganzen Kram zu entsorgen und die Fitnessgeräte aufzubauen.
Als Ludger der Biker das Abends heim kam und seine Frau ihm von der Überraschung im Keller erzählte, ahnte er bereits fürchterliches. Im Keller angekommen sah er die leere Wand an der das Regal mit den Teilen seines geliebten Bikes gestanden hatte, nur sein Helm hing noch an dem Haken an der Wand.
Rechts und links davon waren Geräte, mit denen er Fahrrad fahren und Gewichte heben sollte.
Ludger der Biker drehte er sich um, bleich im Gesicht.
Nein, er erschlug seine Frau nicht, er reichte auch nicht die Scheidung ein, er ging einfach weg.
Drei Tage später kam er wieder.
Er bockte ein Motorrad im Vorgarten auf und ging in den Keller. Dort nahm er seinen Helm vom Haken, ging zurück, winkte seiner Frau, die am Wohnzimmerfenster gestanden hatte, und fuhr weg; - in eine Nebelwand.
Susanne gab eine Vermisstenanzeige auf, doch lange Zeit später wurde sie zu den Akten gelegt, Ludger der Biker blieb verschwunden.

Währen der Daytona Bike Week Tour erzählt man sich gerne die Geschichte von der Nebelbank über der Sky Way Bridge, aus der ein deutscher Biker namens Ludger auf seiner Screaming Eagle wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Einige Meilen fuhr er mit den anderen Bikern und man konnte sein glückliches Lachen hören.
Irgendwann soll Ludger der Biker gen Himmel abgehoben sein…
 



 
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