die der angst das schweigen brechende

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D

Die Dohle

Gast
... ist ja interessant: Noch ´ne Angstbetrachtung, das Thema schwingt im Äther scheints

Hallo ENachtigall,

für´s erste betrachte ich diesen Text als ziemlich gelungen, muß aber noch ein paar mal lesen.

lg
die dohle
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo elke,

die der angst das schweigen brechende

nacht nahm er wahr
aus dem wald seines gesichts
den geruch gescheiterter
worte, ihr brennen
wie auch immer
ein nie genug

mond für den wolf zu heulen



sperrig kommt die ertse zeile daher, ein höchstmaß an Konzentration einfordernd
und der weitere verlauf fordert daselbige.

ein text nicht für jedermann, den ich erst einmal sinnig zerlegen muß, bevor die enjambents, und überhaupt das „zeilen-brüchige“ erkennbar wird:

die der angst das schweigen brechende nacht (nahm er)wahr
oder

die der angst das schweigen brechende nacht nahm
er wahr aus dem wald
(seines gesichtes)

oder
nahm er aus dem wald seines gesichtes
den geruch gescheiterter worte


oder

nahm er aus dem wald seines gesichtes
den geruch gescheiterter
worte

hier erst durch das satzzeichen kommt ein von dir gesetztes „break“

worte, ihr brennen wie auch immer
ein nie genug

oder

worte, ihr brennen
wie auch immer
ein nie genug mond

für den wolf zu heulen

oder

worte, ihr brennen
wie auch immer
ein nie genug mond für den wolf
zu heulen


das nenne ich metaphysik der sprache. auf eine sehr konstruierte Art(ohne wertung gemeint)
verschwinden hier die konkreten bedeutungen der worte durch die art der setzung.
sehr spannend, sehr vielschichtig

lg
ralf
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo,

danke für die Rückmeldung, Christoph.
Als elementarer Erlebniszustand hat auch sie ihr gutes Recht auf Zuwendung ;)

Wobei sie genau genommen auf stand by in diese Wortmaschine eingestiegen ist ...

Lieben Gruß,

Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Ralf,

ich bin immer wieder fasziniert von deinem Blick für die Nuancen und Strukturen, die einen Text ausmachen.
Und ebenso dankbar und glücklich darüber, dass dieser Text trotz seiner Sperrigkeit angenommen wird.
Meine Beschäftigung mit Sprache führt ein seltsames spannendes Eigenleben und wechselwirkt mit dem Alltäglichen und Besonderen. Manchmal mache ich ein "Abbild/Foto" von einem Stadium, das mir festhaltenswert erscheint. Manchmal lässt sich ein Thema nur derart "verdichtet" abschließen.
Und die Reise geht weiter!

Einen besinnlichen Abend wünscht Dir

Elke
 

Ralf Langer

Mitglied
Ein paar Gedanken – nieder – lassungen

ich umschleiche mit Begeisterung:

„die der angst das schweigen brechende nacht nahm

also die Angst nehmen davor das Schweigen zu brechen. Schweigen ist eine Errungenschaft des menschlichen Wesen. Schweigen ist in vielerlei Hinsicht (ge)wichtiger als Reden.
Reden ist oft beiläufig, es geschieht: Schweigen muss man wollen. Es ist eine tiefere Form der „Inkenntnisnahme“ und basiert auf einem Urteil.

Oder in dem Wissen um „den geruch gescheiterter worte“

Wer also das Schweigen bricht, kann die Büchse der Pandora öffnen.

Oft liegt im Schweigen auch die Demut vor der Stille.

Aber das Sein ist stets ambivalent, es trägt in sich alle Keime.

So ist die Frage, wann gilt es das Siegel zu brechen, wann ist das Schweigen ein Verbrechen.

Eine Frage die hier nicht beantwortet wird – und das ist auch gut so – ja, vielleicht eine Wertung die liegt hier schoin vor, und ich kann ihr folgen.

Denn die „Worte brennen“, sie brennen und wollen es auch, doch ach sie erreichen „immer (nur) ein nie genug“

Wie sagte Benn: „Wer schweigt der ist auch im Geheimnis“.

Dieses Geheimnis ist hier. Es glüht, ich sehe es, bin fasziniert, aber es bleibt ein Geheimnis.
Ich kann es nur schauen.

Lg
Ralf
 



 
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