ein Wespe oh Graus....

ninlil

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Eine Sommergeschichte


Bssss Bssss Bssss,
zielgerecht steuert der schwarz geringelte gelbe Tornado mein mit Karottencreme verschöntes Gesicht an. Der Duft der gelben Rübe scheint es ihm angetan zu haben, denn er zieht immer engere Kreise um meine Nase. Unmutig wedle ich mit der Hand. Bemerke zufrieden, dass ich erfolgreich einen Treffer gelandet habe. Taumelig von der Wucht meines Schlages, krabbelt das ordinäre Insekt an meiner veredelten Fuchsie empor.

Neidvoll begutachte ich das schwarze Quergestreifte, das der schmalen Wespentaille nichts anhaben kann. Verlegen wende ich den Blick. Ich vertiefe mich wieder in mein Buch, diesmal eins von der leichten Sorte, wenn auch nicht gerade Hera Lind, dennoch dicht daneben.
Oh, endlich scheint die Protagonistin den Wert ihres Jugendfreundes zu erkennen, der sie schon seit Jahren, von ihr unbemerkt, vor allem Unbillen bewahrt. Die schillernde, undurchsichtige Gestalt in Form eines gut gewachsenen Playboys hat, so wie es ausschaut, endgültig ausgespielt.
Sie landet endlich in den Armen ihres alten Freundes. Ich seufze vor Behagen.

Bsssss Bsssss Bsssss, diesmal versucht der abscheuliche stachelbewehrte Quälgeist auf meinem, mit einer Packung aus Eigelb und Öl versehenen Haarschopf, zu landen. Das Geräusch wird durchdringender, schon haken sich die Füße siegessicher an meinen aufgetürmten Haaren fest. Entsetzt fahre ich aus meinem Liegestuhl. Das fehlt mir noch, ein Stich in meine Kopfhaut, wo ich doch ohnehin so allergisch bin. Gerade Wespenstiche, an der richtigen Stelle platziert.......! Ich wage es nicht, weiter darüber nachzudenken.

Entschlossen fuchtle ich mit dem Buch über meinem Kopf herum. Der halbleinerne Umschlag löst sich. Die einzelnen Blätter verteilen sich idyllisch über den Balkon. Ein lauer Sommerwind blättert in den Seiten.
Ich überwinde den ersten Schrecken, denn ich liebe Bücher. Aber, ich habe dieses fast ausgelesen und besonders wertvoll ist es auch nicht.
Bssss Bssss Bssss.
Die renitente Bestie kehrt zurück. Allzu erfolgreich scheint meine Abwehrmaßnahme nicht gewesen zu sein. Die Wespe fliegt einen eleganten Bogen über meinen Balkontisch, umrundet mit tückischem Bsssss Bsssss meinen Oberkörper. Das halte ich nicht aus!
Ich greife nach der dicken Gesamtausgabe von Shakespeare, die neben mir auf dem Tisch liegt. Ich kann sie kaum mit beiden Händen umfassen. Giftig schiele ich zu dem Insekt, das munter unter meinem hellgelben Sonnenschirm herumsaust.
Diesmal geht es dir endgültig an den Kragen, nehme ich mir kriegerisch vor. Ich umklammere den Shakespeare, mit einem gewaltigen Satz stürme ich nach vorn. Die Wucht reißt mich von den Füßen, ich hänge mit dem Oberkörper über der Brüstung.
Aber ich habe getroffen!
Wehmütig starre ich auf meinen Sonnenschirm. Den hat Shakespeare aus der Verankerung gerissen, das zerfetzte Tuch ziert nun das Gebüsch unterhalb meines Balkons. Das weiße Gestell ragt gebrochen durch den glänzenden Stoff. Shakespeare dagegen ist anscheinend nichts passiert, der thront auf meiner einstigen sonnenschützenden Zierde.
Ermattet sinke ich in den Stuhl, ringe nach Fassung.
Bsssss Bsssss Bsssss.
Das kann nicht wahr sein. Vermutlich höre ich schon Wespengespenster. Vorsichtig wende ich meinen Kopf dem Geräusch zu. Ich zwinkere, traue meinen Augen nicht. Munter und unbeschadet klettert die geringelte Zeitbombe an meinem Glas mit dem Rest Orangensaft hinauf. Auf dem Glasrand entfaltet sie ihre durchscheinen Flügel, schwingt sich probeweise einige Zentimeter empor. Sekundenlang verharrt sie wie ein winziger Hubschrauber auf der Stelle.
Da, sie linst zu mir hinüber. In ihren Facettenaugen liegt eindeutig ein triumphierendes Glitzern!
Und so, als ob nichts gewesen wäre, lässt sie imponierend ihre Flügel rotieren, um sich im gleichen Augenblick, anmutig, aufwärts, in den wolkenlosen Sommerhimmel zu schrauben.
 

Ralf Langer

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hallo ninlil,
und herzlich willkommen in der LL

eine locker leichte geschichte um eine wespe
hast du da geschrieben.
kurzweilig.

die idee mit shakespeare hat mir gefallen

in diesem sinne

weiter so

man liest sich
ralf
 



 
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