Textvergleich
Hallo annes,
erstmal Lob für dein Gedicht, welches auf sanfte Art kreative Spielräume öffnet, in welche man sich ohne großen Zwang entwerfen kann. Hab mir nun doch mal die Mühe gemacht, einen Vergleich zwischen deiner und bons Version anzustellen, obwohl ich mir bewußt bin, daß Subjektivität ein Solches prinzipiell kaum zuläßt.
Allgemein: Ich finde deine Version subtiler. Seine Version neigt nach meinem Dafürhalten zu stärkerer Vordergründigkeit. Nicht das dies schlecht wäre, aber es ist anders.
Den Begriff trümmer würde ich dem der trümmerlandschaft eindeutig vorziehen. Der "fühlende Gewinn" ist eher marginal, doch durch die "Trümmerlandschaft" wird die Sprachmelodie der ersten Strophe gestört. Ich lese mir oftmals Texte laut vor, weil man mit rein visuellen Zugang diese Feinheiten kaum erkennt. Die Zeitform dagegen ist für mich unerheblich. Im Hinblick auf die nachfolgenden Strophen find ich den Gebrauch der Gegenwartsform vielleicht eine Spur angemessener. Vielleicht ist auch bons Version da garnicht so schlecht. Geschmackssache...
Die zweite Strophe leidet durch bons Eingreifen. Der sematische Gehalt erfährt eine Veränderung. Deine Version ist unschärfer und rückbezüglich im doppelten Sinn. Das geht mir mehr unter die Haut. Auch die "flucht vor den Blicken" lebt genau von dieser Unbestimmtheit, wessen Blicke gemeint sind, ehe einen Tick später die Auflösung kommt.
Bon fällt dagegen gleich mit der Tür ins Haus (es bleibt die Flucht vor unseren Blicken)
Man kann das Achten auf diese Feinheiten als überzogenes Ästhetentum betrachten, aber mir fallen sie halt auf.
Das "nichts. nirgend." verweist (m.E.) auf raum- und zeitgebundene Konstitutionen unseres Seins. Bons Version schlachtet das leider runter. Ich finds im Original deutlich besser.
Das "summierten" in bons Version stört einfach heftigst.
Sehr schön das flirren deines Textes, gipfelnd im
"das wir mit unseren Daumen nicht zu stoppen wagen"
Strophe 4/5 bzw. 6 ist gleichwertig, habe nichts zu meckern. Groß-/Kleinschreibung ist mir völlig egal.
Liebe Grüße
Elias