fallobst

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Trasla

Mitglied
Warum ist alles klein geschrieben? Pauschal ist es dadurch erstmal schwerer zu lesen, gibt es einen bestimmten Grund dafür?
 

laudabilis

Mitglied
Lyrich schreibe ich seit nahezu dreißig Jahren grundsätzlich in Kleinschreibung. War damals modern, und ich bin dabei hängen geblieben. Bei meinen Prosa-Texten halte ich es anders, ebenso wie natürlich auch bei meinen Brotarbeiten (der Begriff ist nicht von mir, sondern von Arno Schmidt)als Journalist. Leider sind mir ganz viele Texte kürzlich beim abrupten Abschied der Festplatte in meinem vorigen Laptop verloren gegangen. Unter anderem auch - was besonders schmerzt - sämtliche Poetry-Slam-Texte. Seit ich meinen neuen Rechner habe, ziehe ich brav bei jedem Text Sicherungskopien, einen als Printversion, einen auf CD. Aber bei meiner Lyrik werde ich auch künftig bei der durchgängigen Kleinschreibung bleiben. Ich bin zu alt, um mich da noch einmal umzugewöhnen.

Liebe Grüße,
laudabilis
 
I

IKT

Gast
Hi Laudabilis,
ja da hat der Gute wohl Pech gehabt. Weg sind die Äpfelchen.
Aber warum dann "Fallobst"? ;-)
LG IKT
 

laudabilis

Mitglied
fallobst

einst als nur die apfelkiepen
dem tagelöhner geld gebracht
er versoff dann seine piepen
und seine ehe war verkracht

kinder greinten vater fluchte
schon wieder blieb die küche kalt
seine frau das weite suchte
mit der wird er nun niemals alt

am nächsten morgen stand er starr
ganz ohne frau da ohne geld
nie wieder äpfel fand er da
zog unbeweibt raus in die welt
 

laudabilis

Mitglied
hallo IKT,

asche auf mein haupt. diesen text habe ich auch in ein anderes literatur-forum eingestellt, dort hatte ich ihn schon geändert, weil mir die letzte strophe (und darin insbesondere die lezte zeile) doch ein wenig zu moralinsauer erschienen war.

das gedicht verstehe ich als hommage auf das vagantentum des mittelalters und der frühen neuzeit (bekanntester vertreter dieser spezies: francois villon).

fallobst soll ein doppeldeutiger titel sein. was heutzutage als neuester schrei ökologischen land- und gartenbaus gilt, war in mittelalterlicher zeit gang und gäbe. streuobstwiesen. und äpfel wurden damals nicht gepflückt, sondern von tagelöhnern aufgelesen, wenn sie denn vom baum gefallen waren.

aber auch die vaganten, so viel eigenen stolz sie ihrerseits hatten, galten gesellschaftlich als so etwas wie fallobst. sie waren vielfach vogelfrei, also geächtete, aber sie waren auch im besten sinne des wortes vogel-frei.

ich habe sowohl mein privates als auch mein berufliches leben als moderner vagant verbracht. inzwischen bin ich aber ruhiger geworden. meine jetzige wohnung bewohne ich seit mittlerweile acht jahren. seit ich vor nunmehr knapp 55 jahren meinen ersten schrei getan habe, hat mich noch niemals so lange ein- und dieselbe decke am stück behaust. "heimat" ist für mich stets ein ausgesprochen indifferenter begriff gewesen. wo ich eben gerade war, habe ich mich entweder wohl gefühlt oder auch nicht.

lg,
laudabilis
 
A

AchterZwerg

Gast
Gruezi, Eberhard.
So wie du es zur Zeit kredenzt, ist das Gedicht für mich nicht der ganz große Renner.
- Form und Inhalt sollten stets zusammenpassen.
Da du hier eine tradierte Form wählst, wären m. E. normale Rechtschreibung und Zeichensetzung angemessener.
- Es fehlt dem Text an Eleganz, an Enjambements etc.
- Die gewählte tradierte Form bedarf m. E. einer Besonderheit (und dies sollte hier nicht die Kleinschreibung sein), um dem Text mehr lyrische Aktualität zu verleihen
- Das Metrum ist überarbeitungsbedürftig.
Ich denke, da musst du noch mal ran ... ;)
LG, Heidrun
 

laudabilis

Mitglied
Moin, liebe Heidrun!

Du weißt hoffentlich, wie sehr ich deine Kritik, deine Anmerkungen, Anregungen und Änderungsvorschläge zu meinen Texten schätze :). Manches davon hat schon dazu geführt, dass ich ganze Gedichte über den Haufen geschmissen und grundlegend verändert habe. Manches hat nur zu kleinen Änderungen geführt, wie etwa dem Löschen der Auslassungspunkte in "zeitmesser". Aber ich habe auch schon Texte gegen deine Kritik erfolgreich verteidigt, wie du mir selbst bescheinigt hast. Und das muss ich in diesem Fall wieder einmal tun. (Wie du übrigens bemerken wirst, kann ich auch GROSZ- und kleinschreibung :D).

aber seit ich gedichte schreibe und das ist schon länger als dreißig jahre habe ich das grundsätzlich in kleinschreibung und ohne interpunktion getan wenn ich doch einmal ein satzzeichen gesetzt habe war es stets nicht den deutschen sprachregeln sondern der sinnverstärkung geschuldet davon kann ich nicht weg das ist mein persönlicher stil

"fallobst" ist ein Gedicht, das ich als Hommage an das Vagantentum des Mittelalters und der frühen Neuzeit nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern Europas verstehe. Deshalb habe ich ganz bewusst die tradierte Form und zwar auch in dieser ausgeprägten Schlichtheit gewählt. Die Vaganten waren Ruhelose. Allenfalls verdingten sie sich als Tagelöhner. Ja, sie gründeten bisweilen sogar Familien, waren aber stets bereit, alles von jetzt auf gleich aufzugeben und liegen zu lassen und weiter zu ziehen. Meist lebten sie auf Zeit in irgendeiner mittelalterlichen Stadt in der Halbwelt zwischen Wirts- und Hurenhaus. Sie waren vielfach Geächtete, lebten unter dem Bann, waren vogelfrei. Aber sie hatten auch ihren eigenen ganz speziellen Stolz und waren im besten Sinne des Wortes "Vogel-Frei", was für die Menschen des Mittelalters nicht unbedingt üblich war. Viele von ihnen haben literarische Zeugnisse ihres unsteten Leben hinterlassen (allen voran Francois Villon, wobei ich weit entfernt davon bin, mich mit diesem Meister seines Fachs vergleichen zu wollen). Die meisten Texte der Vagantenliteratur waren sehr viel schlichter. Dem bin ich bei meinen Formulierungen gefolgt. So viel zum Inhalt.

Nun zu deiner formalen Kritik. Wo du in meinem Gedicht orthographische, also Rechtschreibfehler finden kannst, ist mir absolut schleierhaft. Und über das Metrum bin ich anfangs sogar selbst gestolpert. Ich musste mir selbst die Mühe machen, jede einzelne Zeile nach Silben und Hebungen durchzuzählen. Nach allem, was die alten Griechen und Adam Ries in Sachen Algebra und Grundrechenarten erfunden haben, stimmt es am Ende doch.

Ergo: Ich werde deine Kritiken und Anregungen auch weiterhin schätzen und dort, wo ich sie für angemessen befinde, auch gerne befolgen. Aber dieses Gedicht bleibt, wie es ist!

Liebe Grüße
Eberhard
 
A

AchterZwerg

Gast
Nun zu deiner formalen Kritik. Wo du in meinem Gedicht orthographische, also Rechtschreibfehler finden kannst, ist mir absolut schleierhaft.
Was schrieb ich denn darüber? *staun. Ich setzte das "normal" vorsorglich in Anführungsstriche, um auf Groß- und Kleinschreibung zu weisen.
Das Metrum lässt sich allenfalls "schönlesen", nicht aber klangvoll skandieren. -
Falls du dich wirklich auf das Vagententum beziehen möchtest, bleibt das dem Leser weitgehend verborgen und der Text scheint mir dafür viel zu blutarm. Lies mal Villon:
...
Zu jener Zeit, wie ich`s befinde,
Zu Weihnacht tote Jahreszeit,
Da sich die Wölfe nährn vom Wind
Und man im Haus bei glühend Scheit
Sich aufhält, weil es draußen schneit,
War ich der Liebe hartes Joch
Zu brechen willens und bereit;
Brach es mein Herz in Stücke doch.
...
(Le Lais - Übersetzung: Walther Küchler).
Grüßle
der 8. Zwerg
 
A

AchterZwerg

Gast
Das mit den Anführungsstrichelchen nehme ich zurück, hatte es einfach so in Erinnerung. ;) Doch mein "normal" bezog sich gleichwohl nur auf die gängige Groß- und Kleinschreibung nebst Zeichensetzung.
Grüßle, der 8.
 

laudabilis

Mitglied
Hallo 8.,

ich habs dir ja geschrieben, ich will mich keineswegs mit Francois Villon vergleichen. Der ist und bleibt nun mal der ungekrönte König der Vagantenliteratur.
Die Sache mit der durchgängigen Kleinschreibung in der Lyrik: Das war so, das ist so und das bleibt so bei mir. Ich kann auch GROSZ und klein und das sogar mit regulärer Interpunktion!
Etwa in Texten für Poetry Slams oder in ganz normaler Prosa. Leider hat ein herabfallendes Lexikon vor ein paar Monaten meinen damaligen Laptop getilt. Und Sicherungskopien bzw. -ausdrucke habe ich selbst bei der Lyrik nur in Ausnahmefällen gemacht. Ich suche noch immer einen Spezialisten, dem es gelingt, die Festplatte meines alten Laptop so weit wieder herzustellen, dass er dann zumindest meine literarischen Texte noch auslesen kann. Denn abgesehen von einem einzigen autobiographischen Prosatext ist derzeit alles andere in dieser Hinsicht im elektronischen Nirwana verschwunden. Viele Gedichte übrigens auch.
Ich bin aber auf meine alten Tage durchaus noch lernfähig. Seit mir das passiert ist, landet jeder Text sofort als Sicherungskopie auf einer CD. Auf einer wiederbeschreibbaren selbstverständlich, denn es passiert doch bisweilen einmal, dass ich Anregungen und Kritik gerade vom 8. Zwerg gerne aufnehme und einen Text grundlegend ändere ;).
Liebe Grüße
Eberhard
 



 
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