geheimnisverrat

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um normalnull letzte bewegung gesucht
auf angstfreigängen hinter schweigemauern
ließ sich noch ein vorleben vermuten
ohne zugang und übergangslos
in gedachte welten brachte ich spekulatiefe
in lauem wind auf baufälligen balkonen schwebt
schon der sonnenuntergang im westen
und morgen schickt der osten tageslicht
uhren zerticken die tageszeit
erlebnishappen genussgerecht warten
auf ganzheit und eine flickwerksbesichtigung
nur strenge zweifelhaftbefehle fesseln glaubwürdigkeiten
haltlose werden gezogen als preis
in geplante abenteuerlust

im dunkel bleibt ein letzter wunsch
nach unwissen
 

Thylda

Mitglied
Lieber Karl

Ein beeindruckendes Werk, das viele Interpretationen zulässt.

Geheimnisverrat ist nicht schön und enthüllt nicht nur die preisgegebene Information, sondern gibt auch einen Einblick in die enthüllende Person. Damit muß der Vorgang nicht unbedingt negativ sein, wie man z.B. an Wiki-leaks sehen kann.
Paparazzis enthüllen Irrelevantes zur Befriedigung der Sensationsgier. Wessen Vorteil wird bedient? Geltungssucht spielt auch oft mit. Geheimnisverrat ist nur für den ein Problem, der die Wahrheit scheuen muß.

Angst, Schweigemauern, es wird Nacht. Im Dunkeln wird gemunkelt, doch die Sonne bringt es an den Tag.

Lyri ist nicht betroffen, sonst würde es die Wahrheit wissen wollen.
Es geht davon aus, dass es kein die Allgemeinheit betreffendes Wissen enthüllt wurde. Dabei ist die verratsfolgende Aufregung mehr unliebsames Nebengeräusch.

Liebe Grüße
Thylda
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,

da steckt jede Menge drin (vielleicht sogar zuviel), wobei sich manches für das (Un)Wort des Jahres eignen würde:
"angstfreigängen, spekulatiefe, zerticken, erlebnishappen, flickwerkbesichtigung, zweifelhaftbefehle, haltlose etc.
Inhaltlich lese ich eine "Ost-West-Reflexion", wobei alles (gewollt?) etwas im Ungewissen bleibt.
Mir ist es etwas zu wortüberladen, aber das ist reine Geschmackssache.
LG
Manfred
 
Liebe Thylda,
deine tief gehende Interpretation macht mich sehr nachdenklich.
Danke dafür. Mir ging es in dem Gedicht zunächst vor allem um ein Lyr-ich, das sich immer wieder vor Selbsterkenntnissen drücken will, die es längst ahnt.
Herzliche Grüße
Karl
 
Lieber Manfred,
ja, ich kann nicht abstreiten, dass es ein wenig überladen ist. Vielleicht dünne ich es noch etwas aus.
Danke für den Hinweis.
Karl
 
um normalnull bewegung gesucht
auf freigängen hinter schweigemauern
ließ sich noch vorleben vermuten
brachte übergangslos spekulatiefe
in gedachte welten
im lauen wind schwebte
auf baufälligen balkonen
schon der sonnenuntergang
morgen schickt der osten tageslicht
von uhren zertickte erlebnishappen
auf flickwerksbesichtigung
zweifelhaftbefehle kontra glaubwürdigkeiten
haltlose gezogen
als preis geplanter abenteuerlust

im dunkel bleibt der wunsch
nach unwissen
 



 
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