zora feldman
Mitglied
Es begann mit einer kleinen Blase an meinem großen Zeh. Ich saß barfuß auf meinem Bett und trauerte zum wiederholten Mal meiner erst kürzlich beendeten Beziehung nach, da entdeckte ich sie. Ich zupfte daran, während ich überlegte, woher sie stammen könnte. Sie schmerzte nicht, die Haut darunter war weich, aber nicht wund, weshalb ich sie wieder vergaß.
Nur für kurze Zeit. Gegen Abend bemerkte ich, daß sich meine Füße anfühlten, als steckten sie in zu großen Strümpfen. Als ich verwundert einen Blick auf sie warf, verschlug es mir den Atem: sie waren lose umhüllt von einer lockeren, weißen Hülle, ohne Zweifel ehemals meine Haut. Es war mir unheimlich und ich wollte mich nicht verletzen, also ließ ich alles, wo es war, und bemühte mich, den seltsamen Zustand meiner Füße zu ignorieren. Das gelang mir, bis ich zu Bett ging und mich auszog. Da waren es nicht mehr nur meine Füße. Bis hinauf zu den Knien schlackerte meine Haut so frei um mich, als sei sie für jemand anderen gemacht worden. Angewidert und unentschlossen rupfte ich daran herum, konnte mich aber nicht überwinden, stärker zu reißen.
Ich legte mich ins Bett, ohne an Schlaf auch nur zu denken - ich wollte nur den Morgen erwarten, um einen Arzt aufsuchen zu können. Um meinen Zustand nicht zu verschlimmern, lag ich ausgestreckt und so regungslos wie möglich.
Offenbar übermannte mich aber doch der Schlaf, denn wenig später erwachte ich bei dem Versuch, mich auf die Seite zu drehen, wobei ich auf unerwarteten Widerstand stieß. Mit böser Vorahnung machte ich Licht, hob die Decke und schauderte. Meine Haut umschlackerte meine Beine und Hüften, schlug hier Falten und dehnte sich dort unter meinen Bewegungen. Nur knapp oberhalb meines Bauchnabels aber saß sie noch immer wie sonst; wie ein alter Luftballon schnurrte sie am Übergang auf ihre angestammte Form zusammen. Ich starrte eine Weile ratlos auf diese lose Hülle, ich schwitzte vor Angst und konnte dennoch nichts tun als mich zurückzulegen und zu warten.
Jetzt blieb ich wach - aber das war schlimmer. Ich konnte spüren, wie meine Haut geradezu von mir absprang. Fast minütlich tastete ich nach dem Zustand meines oberen Bauches, meiner Brüste, schließlich meiner Schultern.
Es kam, wie es kommen mußte; an meinen Armen baumelte es und meine Finger steckten in lockeren, weichen weißen Handschuhen, die nur durch die Fingernägel gehalten wurden. Durch die Hülle hindurch konnte ich nichts mehr fühlen. Ich war froh darum, denn die Abtrünnigkeit meiner Haut reichte nun bis zu meiner Unterlippe. Ich nagte mit den Zähnen daran und konnte so einen Weg unter meine ehemalige Haut bahnen. So weit es ging, streckte ich meine Zunge in Richtung meines Kinns. Was ich ertastete, unterschied sich kaum von dem, was ich dort in Erinnerung hatte: es war glatt, weich, nur mit einer salzigen, etwas glitschigen Flüssigkeit bedeckt. Meine Nasenlöcher trennte ich durch kräftiges Schnauben von ihrem Ballast.
Endlich nahm der Vorgang ein Ende, als die Ablösung meinen Haaransatz erreichte - doch was konnte ich nun tun? Einerseits wollte ich nicht in diesem Kokon bleiben, andererseits wurde mir schlecht bei dem Gedanken, an dem Leder zu reißen, das bis vor kurzem noch meinen Körper bedeckt hatte. Ich erinnerte mich an das Loch, das diese Hülle an meinem großen Zeh hatte; ich mußte mich nur überwinden, dann gäbe es einen Weg in die Freiheit.
Also zog ich und zerrte an meiner alten Haut. Die Nachgiebigkeit, die Dehnbarkeit und Schlaffheit meiner Hülle widerte mich an, obwohl ich doch bis jetzt mein ganzes Leben darin gesteckt hatte. Aber das hier, war das denn ein Teil von mir? Ich fühlte mich wie von einer riesigen Spinne eingewoben.
Ich kämpfte hart, sowohl mit der Haut wie auch mit der Übelkeit. So zäh war mein Gefängnis, daß ich blind nach der Schere tastete, die im Wollkorb neben meinem Bett lag. Bei jedem Schnitt, den ich tat, redete ich mir ein, ich schnitte mich aus einem dichten Stoff frei; nur so konnte ich verhindern, in Ohnmacht zu fallen.
Endlich hatte ich eine so große Öffnung geschaffen, dort, wo früher mein Bauchnabel gesessen hatte, daß ich versuchen konnte, mich hindurchzuzwängen. Wie ein Säugling aus der Mutter wand ich mich aus meiner Zelle, dehnte sie aus, um meine Schultern zu befreien, und konnte endlich den losen, zerrissenen Hautlappen von mir werfen. Ich konnte mich selbst betrachten und feststellen, daß die Häutung weder Wunden noch Veränderungen hinterlassen hatte, im Gegenteil, mein glitschiger, rosaschimmernder Körper kam mir neu, jünger und schöner vor.
Ich vermied es, den Rest weißen Leders auf dem Boden anzusehen oder zu berühren, als ich mich vor den Spiegel stellte und mich dann vorsichtig trockenrieb. Die frische Haut war heiß und ich merkte, daß ich schwächer wurde. Fiebrig sank ich ins Bett zurück und ließ alle Bedenken hinter mir.
Als ich wieder aufwachte, waren ein Tag und eine Nacht vergangen. Ich fühlte mich stark und gesund, und nur der Haufen vertrockneter Haut blieb als Beweis für mein Erlebnis. Mit spitzen Fingern packte ich den Rest von mir und warf ihn, eingehüllt in eine Plastiktüte, in den Müll. Ich wollte weder anderen von meiner Häutung erzählen noch selbst daran erinnert werden.
Ich muß allerdings zugeben, daß sich etwas verändert hat, seitdem mein Körper diese radikale Erneuerung vorgenommen hat. Mein Leben - nun, es ist wie vorher, und doch ist es nicht dasselbe. Ich könnte nicht benennen, was es ist; ich kann nur versichern, daß es begann mit einer kleinen Blase an meinem großen Zeh.
Nur für kurze Zeit. Gegen Abend bemerkte ich, daß sich meine Füße anfühlten, als steckten sie in zu großen Strümpfen. Als ich verwundert einen Blick auf sie warf, verschlug es mir den Atem: sie waren lose umhüllt von einer lockeren, weißen Hülle, ohne Zweifel ehemals meine Haut. Es war mir unheimlich und ich wollte mich nicht verletzen, also ließ ich alles, wo es war, und bemühte mich, den seltsamen Zustand meiner Füße zu ignorieren. Das gelang mir, bis ich zu Bett ging und mich auszog. Da waren es nicht mehr nur meine Füße. Bis hinauf zu den Knien schlackerte meine Haut so frei um mich, als sei sie für jemand anderen gemacht worden. Angewidert und unentschlossen rupfte ich daran herum, konnte mich aber nicht überwinden, stärker zu reißen.
Ich legte mich ins Bett, ohne an Schlaf auch nur zu denken - ich wollte nur den Morgen erwarten, um einen Arzt aufsuchen zu können. Um meinen Zustand nicht zu verschlimmern, lag ich ausgestreckt und so regungslos wie möglich.
Offenbar übermannte mich aber doch der Schlaf, denn wenig später erwachte ich bei dem Versuch, mich auf die Seite zu drehen, wobei ich auf unerwarteten Widerstand stieß. Mit böser Vorahnung machte ich Licht, hob die Decke und schauderte. Meine Haut umschlackerte meine Beine und Hüften, schlug hier Falten und dehnte sich dort unter meinen Bewegungen. Nur knapp oberhalb meines Bauchnabels aber saß sie noch immer wie sonst; wie ein alter Luftballon schnurrte sie am Übergang auf ihre angestammte Form zusammen. Ich starrte eine Weile ratlos auf diese lose Hülle, ich schwitzte vor Angst und konnte dennoch nichts tun als mich zurückzulegen und zu warten.
Jetzt blieb ich wach - aber das war schlimmer. Ich konnte spüren, wie meine Haut geradezu von mir absprang. Fast minütlich tastete ich nach dem Zustand meines oberen Bauches, meiner Brüste, schließlich meiner Schultern.
Es kam, wie es kommen mußte; an meinen Armen baumelte es und meine Finger steckten in lockeren, weichen weißen Handschuhen, die nur durch die Fingernägel gehalten wurden. Durch die Hülle hindurch konnte ich nichts mehr fühlen. Ich war froh darum, denn die Abtrünnigkeit meiner Haut reichte nun bis zu meiner Unterlippe. Ich nagte mit den Zähnen daran und konnte so einen Weg unter meine ehemalige Haut bahnen. So weit es ging, streckte ich meine Zunge in Richtung meines Kinns. Was ich ertastete, unterschied sich kaum von dem, was ich dort in Erinnerung hatte: es war glatt, weich, nur mit einer salzigen, etwas glitschigen Flüssigkeit bedeckt. Meine Nasenlöcher trennte ich durch kräftiges Schnauben von ihrem Ballast.
Endlich nahm der Vorgang ein Ende, als die Ablösung meinen Haaransatz erreichte - doch was konnte ich nun tun? Einerseits wollte ich nicht in diesem Kokon bleiben, andererseits wurde mir schlecht bei dem Gedanken, an dem Leder zu reißen, das bis vor kurzem noch meinen Körper bedeckt hatte. Ich erinnerte mich an das Loch, das diese Hülle an meinem großen Zeh hatte; ich mußte mich nur überwinden, dann gäbe es einen Weg in die Freiheit.
Also zog ich und zerrte an meiner alten Haut. Die Nachgiebigkeit, die Dehnbarkeit und Schlaffheit meiner Hülle widerte mich an, obwohl ich doch bis jetzt mein ganzes Leben darin gesteckt hatte. Aber das hier, war das denn ein Teil von mir? Ich fühlte mich wie von einer riesigen Spinne eingewoben.
Ich kämpfte hart, sowohl mit der Haut wie auch mit der Übelkeit. So zäh war mein Gefängnis, daß ich blind nach der Schere tastete, die im Wollkorb neben meinem Bett lag. Bei jedem Schnitt, den ich tat, redete ich mir ein, ich schnitte mich aus einem dichten Stoff frei; nur so konnte ich verhindern, in Ohnmacht zu fallen.
Endlich hatte ich eine so große Öffnung geschaffen, dort, wo früher mein Bauchnabel gesessen hatte, daß ich versuchen konnte, mich hindurchzuzwängen. Wie ein Säugling aus der Mutter wand ich mich aus meiner Zelle, dehnte sie aus, um meine Schultern zu befreien, und konnte endlich den losen, zerrissenen Hautlappen von mir werfen. Ich konnte mich selbst betrachten und feststellen, daß die Häutung weder Wunden noch Veränderungen hinterlassen hatte, im Gegenteil, mein glitschiger, rosaschimmernder Körper kam mir neu, jünger und schöner vor.
Ich vermied es, den Rest weißen Leders auf dem Boden anzusehen oder zu berühren, als ich mich vor den Spiegel stellte und mich dann vorsichtig trockenrieb. Die frische Haut war heiß und ich merkte, daß ich schwächer wurde. Fiebrig sank ich ins Bett zurück und ließ alle Bedenken hinter mir.
Als ich wieder aufwachte, waren ein Tag und eine Nacht vergangen. Ich fühlte mich stark und gesund, und nur der Haufen vertrockneter Haut blieb als Beweis für mein Erlebnis. Mit spitzen Fingern packte ich den Rest von mir und warf ihn, eingehüllt in eine Plastiktüte, in den Müll. Ich wollte weder anderen von meiner Häutung erzählen noch selbst daran erinnert werden.
Ich muß allerdings zugeben, daß sich etwas verändert hat, seitdem mein Körper diese radikale Erneuerung vorgenommen hat. Mein Leben - nun, es ist wie vorher, und doch ist es nicht dasselbe. Ich könnte nicht benennen, was es ist; ich kann nur versichern, daß es begann mit einer kleinen Blase an meinem großen Zeh.