hexe

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Woher das Wort „Hexe“ wirklich stammt

Bei den Menschen gehen Wissensdurst und Unverstand Hand in Hand. Das sieht man schon bei den Babys: alles nehmen sie zur näheren Erkundung in den Mund und später, als Kleinkinder, stecken sie ihre Fingerchen in jedes noch so kleines Loch, und wenn es die Steckdose ist.
Im Jahre 2354 wurden Zeitreisen endlich Realität und ein Forscherteam beschloß, eine junge Frau namens Oksana in das Jahr der Geburt Christi zu schicken, damit einfürallemal geklärt wird, ob Jesus nun Gottes Sohn ist oder nicht. Sie kam auch glücklich in Jesu Geburtsort an. Leider war sie nicht ganz genauso gekleidet wie damals üblich, ihr Gewand war viel zu fein. Flugs ließ sie es sich in etwas Gröberes verwandeln. Das bemerkte ein kleiner Junge, aber glücklicherweise glaubte ihm niemand, so blieb die unvorsichtige Oksana unbehelligt.
Wegen der anstehenden Volkszählung machte sie sich keine Sorgen, sie würde einfach nicht hingehen, zu den Nachbarn aber sagen, sie wäre hingegangen. Dank des Universal-Translaters war die Verständigung leicht.
Natürlich konnte Oksana viel Elend auf den Straßen erblicken. Es ist verblüffend, mit wie wenig ein Mensch auskommen kann, solange er gesund ist. Aber bald packen ihn die Entbehrungskrankheiten und das Durchschnittsalter pegelt sich auf 30 Jahre oder weniger ein. Oksana hatte Mitleid mit den armen Menschen. Oft replizierte sie Speisen für die Hungernden und manchmal blieb dies den scharfen Augen der Bettler nicht verborgen. (Der Replikator wurde ihr mitgegeben, damit sie ihre kostbare Zeit nicht mit dem damals üblichen Broterwerb vergeuden muß.)
Sie wurde den Leuten unheimlich mit ihrer scheppernden Stimme und ihrer ständigen Heimlichtuerei. Hätten die Leute nicht so viel Angst, wären sie schon viel früher auf sie eingedrungen. Oksana verständigte sich per Laptop (der ist 2354 kaum größer als eine Streichholzschachtel) mit ihrem Team, was sie denn nun machen soll, sie hat doch nur helfen wollen und jetzt wird sie angefeindet! Sie wurde sofort zurückgeholt.
In jenem Ort aber ging seitdem die Sage von dieser unheimlichen Frau, die wie ein sanfter Donner sprach, oft mit einem sonderbaren, unnatürlich geformten Kristall redete, in welchem sie augenscheinlich ihren Gesprächspartner sehen konnte, und heilkräftige Speisen herbeizaubern konnte. Bald entfernte der Volksmund das weibliche „a“ am Ende ihres Namens, um ihre Absonderlichkeit auch auf diese Weise kenntlich zu machen, der Kristall wurde nicht mehr so ausführlich beschrieben und den guten Taten wurden auch böse hinzugefügt. Das begann mit der wundersamen Bestrafung von Übeltätern und endete damit, daß „die Hexe“ – soweit ist „Oxana“ im Laufe der Jahrhunderte verändert worden – auch harmlosen Bürgern Übles antat.
Was also kam dabei heraus, wissen zu wollen, ob Jesus wirklich Gottes Sohn ist? Es kam heraus, daß es Hexen gibt, zu deren Ausstattung geheimnisvolle Kristalle gehören!
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo flammarion,

wieder ein schön erzählte Geschichte. Es stimmt schon, es ist nicht immer von Vorteil Geheimnisse aufdecken zu wollen.

liebe Grüße
Reneè
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

vielen dank, liebe renee. ja, meine erziehungsberechtigte sagte damals immer "Neujier macht ne spitze Neese un n dicken Bauch". in der pubertät verstand ich endlich, was sie damit meinte, obwohl sie es mir auf fast alle fragen erwiderte. lg
 
Liebe oldicke,
eine unterhaltsame Einführung in das Wort ‘Hexe‘.
Ein Glück, dass du den Text erst in dieser Zeit geschrieben hast, sonst wäre er als ‘Teufelswerk der Aufklärung‘ damals auf dem Scheiterhaufen gelandet.
Liebe Grüße
Willi
 
L

leonie

Gast
hallo oldicke

eine schön erzählte geschichte. was würden wir wohl sagen wenn jemand mit kristallen spricht und nahrung herbeizaubert? wir leben ja angeblich in einem sehr aufgeklärtem zeitalter. na in hundert jahren hieße es vielleicht außerirdische will menschheit verführe oder so ähnlich. hat mir sehr gefallen.
ganz liebe grüße leonie
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

ihr lieben, vielen dank für euren zuspruch. ja, liebe leonie, die menschen, die vor 2000 jahren lebten, würden sehr vieles in unserem leben für sonderbare kristalle halten!
ja, aber schneller, als ich hilfe schreien könnte, wäre ich auf dem scheiterhaufen gelandet, wenn ich etwas von zeitreisen erwähnt hätte!
ganz lieb grüßt
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo flammi,

nun verrate mal das Rezept: Wie kommt man auf so eine geniale Idee dieser Story. Geschah es im Traum?
Wirklich klasse!!! :)
Gruss
RZ (Der rote Zeitreisende)
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

nischt is mit rezept. selten fällt mir was ein, und wenn, dann zwischen frühstückskaffee kochen und stulle schmieren. wenn ich dann nicht gleich alles fallen lasse, hat der tagesablauf schon die idee gelöscht . . . freut mich, daß dir meine geschichte gefällt. ganz lieb grüßt
 

Breimann

Mitglied
ja,
eine wunderbare Sprache in einer "verhexten" Geschichte. Ich lasse mich so gerne verzaubern! Morgen beginne ich eine lange Bahnreise und ich habe mir dafür - mit andenen - diese schöne Erzählung angedruckt; sie wird mir die Reise verkürzen! Danke
eduard
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

ich danke dir, lieber breimann! vielleicht nimmst du auch dein und mein "Mädchen mit den Streichhölzern" mit? ganz lieb grüßt
 



 
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