letzte ölung

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Ralf Langer

Mitglied
Samuel,
mein wortkarger Löwenbändiger,

ein schwerer boshafter Schlag ist dir da wieder
gelungen.
Pass auf das du den Bogen nicht überspannst,
da kann die Sehne reißen.

lg ralf
 

Thylda

Mitglied
Lieber Samuel

Ich kann mich Ralf nur anschließen. Das flutscht. Und das Salz braucht der Pfarrer nicht zum Pökeln.

Die Fröhlichkeit am Ende gefällt mir besonders gut. Denn bei einer Situation, die in Abweichung zu dem steht, was das Individuum als Realität wahrnimmt, gibt es zwei Hauptreaktionen. Man kann diese Erschütterung in der Realität annehmen und traurig sein, oder man distanziert sich innerlich und empfindet es als komisch.

Bei dem, was der Tod bedeutet, kann es manchmal besser sein, es nicht an sich heranzulassen.

LG
Thylda
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo samuel,

die einleitenden Worte
, der als Mörder in Szene gesetzte Christus und die schlussendlich aufgesetzte Fröhlichkeit deuten an, dass sich hier jemand wähnt, vor einer Art Erfüllung himmlischer Gerechtigkeit zu stehen.

Der Text hat insofern etwas Abstoßendes, als er den Leser ungefragt in diese Perspektive hineinzwingt. Mir persönlich behagt diese Härte nicht. Die lyrische Bewertung dessen fällt offenbar nicht nur mir schwer.

Grüße von Elke
 
S

samuel

Gast
Verständnisschwierigkeiten?

Hallo, Ralph und Thylda, danke für Eure Bemerkungen, die beide zumindest einen Teil meiner Aussage-Intention treffen!

Liebe Elke, mir scheint, Du hast meinen Text völlig missverstanden! Liegt`s am Text? Vielleicht würde es sich lohnen, wenn Du versuchst, ihm noch eine andere Bedeutung abzugewinnen. (Dabei ist, denke ich, besonders die Frage der Perspektivität wichtig!)

Dein Kommentar, Ivor Joseph, ist indiskutabel. Bemühe Dich lieber um ein Verständnis des Textes!

Gruß, samuel

P.S.: Hoffentlich habe ich jetzt alle Namen richtig geschrieben!!?
 

ENachtigall

Mitglied
Vielleicht mag mich ja jemand der anders Erkennenden in eine günstigere Position anstupsen. Ich bin offen für jede Sichtweise. Manchmal sieht man halt nur das Tomatenrot auf den eigenen Augen ...

soweit so unklar,

grüßend, Elke
 

wirena

Mitglied
phu happig samuel - mir bleibt beinahne die spuke weg - drastischer kann unsere beinahe Gegenwart nicht beschrieben werden -
da kann mann/frau nur stumm schreiend hoffen - nicht schon wieder!
 

Wipfel

Mitglied
Servus Samuel,

Christus, der am Kreuz hängt
Das Kreuz mit der Cristusfigur über seinem Gesicht
Und dann passiert es: Christus feiert seine Auferstehung und steigt vom Kreuz
Und erwürgt als genschitze Holzfigur ihn, den anderen, der sich dann die Hand schützend vor die Gurgel hält

Und alle anderen lachen dazu....

Tabus brechen ist nicht schwer. Einige gibt es aber zu Recht. Und natürlich ist meine Perspektive die richtige, wie auch die der anderen. Willst du eine andere vermitteln, dann schreib anders.

Nö, mir gefällt das nicht, muss es ja auch nicht.

Grüße von wipfel
 
S

samuel

Gast
Erklärungsversuch

Hallo, wipfel, selbstverständlich hast Du recht: Das Gedicht muss ja nicht jemandem gefallen.

Aber mich ärgern die doch argen Missverständnisse. Deshalb hier - entgegen meine Gewohnheit und eigentlich auch meine Überzeugung - ein paar Bemerkungen zum (in meinem Sinne) "besseren" Verständnis des Textes:

a) Die "letzte Ölung" ist nicht meine Erfindung, sondern eine der katholischen Kirche.

b) Warum hat der Kranke bzw. Sterbende das Kreuz - und den mit ihm repräsentierten Christus! - nicht nur vor dem Gesicht, sondern im Gesicht? Und was soll das bedeuten? (vgl. dazu u.a. auch: Tillmann Moser, Gottesvergiftung)

c) Da wird also einem Sterbenden der Tod vergiftet, selbst der noch...

d) Gibt es vielleicht einen anderen, den "wirklichen" Christus? (Das weiß ich nicht.)

e) Dazu kommt noch eine andere Bedrohung (symbolisiert durch die Hand an der Gurgel), ein weiteres Schuldgefühl, eine weitere Schuldzuschreibung. (Von wem, bleibt in dem Text bewusst unklar.)

f) Und warum die Fröhlichkeit? - Na, es ist ja alles in (der gewohnten) Ordnung! (Hauptsächlich, die Sterbenden und die Leichen bleiben in der Ordnung!)

g) Und das, bitte, solltet Ihr alles sehen vor meinem biographischen Hintergrund: dem Aufwachsen in einer ländlichen Gegend unter Menschen mit einer restriktiven, z.T. abergläubischen, angeblich christlichen Moral, tabureich und - im wahrsten Sinne des Wortes - fesselnd, opferreich.

Ich bitte Euch um den Versuch einer solchen Sichtweise.

Liebe Grüße, samuel
 
S

samuel

Gast
Na, siehst Du, Ralf, jetzt bin ich gar nicht so wortkarg!

Liebe Grüße vor allem an Dich! samuel
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo samuel,

wenn der Text einen anderen Titel hätte, dann würde ich ihn als Hinrichtung auf einem Scheiterhaufen interpretieren.

Das lief so ab, dass man dem Deliquenten das Kreuz hinhielt so lange wie er noch bei Bewusstsein war."Das Kreuz im Gesicht". Der Henker stieg hinter dem Balken, an den der Dilinquent gebunden war hinauf und erwürgte ihn, sobald der Rauch so hoch aufgestiegen war, dass man den Henker nicht mehr sehen konnte. Er erwürgte das Opfer, um seine Leiden zu verkürzen. (Bei Jeanne D'Arc war das nicht so. Bei ihr hatte man eine Mauer hochgezogen, so dass der Henker nicht von hinten an sie herankonnte. Sie verbrannte tatsächlich bei lebendigem Leibe. Ihre Prozessakten kann man bis heute einsehen.)

"Die Hand an der Gurgel" wäre dann die erlösende Hand des Henkers.

"Christus erwürgt ihn" bezöge sich dann auf die urteilsprechende christliche Kirche, die zuletzt eine solche Hinrichtung im 18. Jahrhundert vornahm.

Die Fröhlichkeit würde ich in diesem Falle auf die Selbstzufriedenheit der Ausübenden der Inquisition beziehen.

Das alles ist lange her und die katholische Kirche hat beispielsweise Giordano Bruno rehabilitiert und seine Schriften wieder zugänglich gemacht.

Wenn Du es so meinen solltest, wie ich es hier beschreibe, dann würde selbst der Titel noch als äußerster Zynismus passen.

"Ich glaube, er wird sterben", bezieht sich dann auf die Überzeugung, die auch Jeanne D'Arc hatte. Sie glaubte, wie die ganze katholische Kirche im 15. Jahrhundert, dass bei einem Menschen, der öffentlich verbrannt wird, auch die Seele mitverbrennt und er gänzlich ausgelöscht wird, ein Leben nach dem Tode für ihn nicht möglich ist. Deshalb stieg sie mit ihren 19 Jahren bitterlich weinend auf den Scheiterhaufen.

So wäre dieser kurze Text für mich stimmig.

Ich glaube aber nicht, dass Du es so gemeint hast und ich mag Texte nicht, die keinerlei Öffnung für den Leser bieten, so dass er wenigstens für sich selbst zu einem Verständnis gelangen kann.

Grüße
Vera-Lena


PS. Deine Erklärung und mein Kommentar haben sich jetzt zeitlich überschnitten. Während ich schrieb, kannte ich Deine Erklärung noch nicht.
 

Ralf Langer

Mitglied
Hi samuel,
ich möchte auch meine lesart
kund tun:
ein mensch liegt im sterben
ein priester ist anwesend
die letzte ölung wird ihm gegeben

WILL ER ES?
eher nicht
der priester hat eine hand an seinem hals
mit der anderen hällt er dem sterbenden das kreuz
an die stirn
er bekommt die sakramente

OB ER WILL ODER NICHT!!!
(CHRISTUS ERWÜRGT IHN)

er stibt

die anwesenden sind froh
denn nur so kann der tote in ihren himmel

IST ES SEINER????

so seh ich es
wie gesagt: GRENZWERTIG, aber ich finde nicht
diffamierend

gruß
alf
 
S

samuel

Gast
Hallo, Vera-Lena!

Ich bewundere Dich immer wieder bzw. Dein Wissen und Deine Ausdrucksfähigkeit in Deinen Kommentaren! Aber das ist jetzt nur eine - mir allerdings wichtige - Randbemerkung.

Im Grunde, scheint mir, bist Du - auch in Deiner Konkretisierung - doch ganz bei dem, was ich mit meinem Text meinte: Inquisition, die Hinrichtung/Aufopferung von Menschen im Sinne der Aufrechterhaltung einer aufoktroyierten Ordnung. (Ach, könnte ich mich so schön ausdrücken wie Du - aber ich glaube, Du weißt, was ich meine.)

Aber siehst Du: Dazu hat mein Text Dich doch geführt; dann war er doch gar nicht so uneinnehmbar verschlüsselt.

Liebe Grüße, samuel
 
S

samuel

Gast
ja, ralf, das ist eine mir passend erscheinende lesart. im übrigen, nie vergessen: gedichte sollen nicht schwafelnd irgendwelche gefühlsseligen aussagen treffen, sondern spielraum bieten für die füllung durch die phantasie der leser. (daneben gibt es noch eine andere art von gedichten: das sind die mit dem messer.)
naja, soviel zu meiner poetologie heute.

lg, samuel
 

Ralf Langer

Mitglied
Hi samuel,
ich würde mich über sehr über einen
Kommentar deinerseits zu meinem
Gedicht "Quo Vadis"
freuen.

War vielen zu kryptisch!
Also wenn du magst

lg
ralf
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo samuel,

es stimmt schon, auf weitläufigen Umwegen bis in frühere Jahrhundrte hinein, bin ich dem Extrakt Deiner Verse dann doch noch auf die Schliche gekommen und zwar genauso, wie Du es meinst.

Lieber wäre es mir aber gewesen, wenn ich den Text auch aus der Gegenwart heraus hätte verstehen können.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand die letzte Ölung bekommt, wenn er das doch gar nicht möchte. Hat er etwas gegen die katholische Kirche, dann ist er aus der Kirche ausgetreten und kein Priester wird in dem Fall an sein Sterbebett treten.

Erst Dein Hinweis auf die ländliche Gegend hat mir den nötigen Schlüssel gegeben. Das weiß ich von einem meiner Freunde, dass ein Leben auf dem Dorfe seine zwei Seiten hat. Einerseits gibt es da viel Hilfsbereitschaft, weil man sonst gar nicht überleben könnte, andererseits weiß jeder alles über jeden und ob jemand beim sonntäglichen Gottesdienst war oder nicht wird zumindest von einem Teil der Dörfler durchaus im Auge behalten.

Insofern ist es für einen Menschen, der auf dem Dorfe lebt und mit der katholischen Kirche böse Erfahrungen gemacht hat (Missbrauch durch einen Priester beispielsweise, um gleich mal das Schlimmste zu erwähnen) nicht einfach, aus der Kirche auszutreten, weil ihm das schwerwiegende Nachteile innnerhalb der Dorfgemeinschaft einbringen könnte. Und wenn es dann ans Sterben geht, wird er vielleicht nicht mehr die Kraft haben, sich gegen die letzte Ölung zur Wehr zu setzen.

So gesehen bekommt Dein Text jetzt auch für mich die Kontur, die Du Dir gedacht hattest.

Auf den ersten Blick ist er aber sehr missverständlich, ich weiß, als Autor merkt man das immer nicht. Mir geht es ja auch oft so, dass ich denke, ich hätte etwas leicht zu verstehendes geschrieben, und das war dann wieder gar nicht so.

Sieh einmal, das Missverständnis entsteht da, wo Du Christus und Kirche nicht voneinander getrennt hast. Ich verstehe natürlich, warum Du das nicht getan hast, weil jetzt der Text wie ein Paukenschlag da steht und den Leser zwingt, genau hinzuschauen, ob das wirklich so negativ gemeint ist, wie es da steht.... Also ich hätte das nicht gemacht. Aber Deine Intention leuchtet mir ein, dann musst Du aber leider auch mit dem Missverstehen leben, welches in den 2 Punkten ja bereits seinen Niederschlag gefunden hat.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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