metamorphose

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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
ich warte darauf
dass das leben seinen lauf nimmt
beobachte staubschicht
um staubschicht
die uhr
steht
selbst die spinne
ausgewandert
ihr netz in fetzen

wenn jetzt ein wind aufkäme
- eine tür in ihren scharnieren quietschte -
könnte man geschichten schreiben

aber es ist still

ich wage nicht zu atmen
die ganze welt
könnte in bewegung geraten


auf dem tisch ein blatt papier

stammen die worte von dir
oder mir?
 
H

Hakan Tezkan

Gast
die melancholische stimme, die ich in deinem gedicht heraushöre, gefällt mir, otto.
dastehen, und warten, der versuch still zu sein, um eine bewegung zu erhaschen, aber keine erhaschen zu können, trotzdem still sein, warten, dastehen und warten, der zeiger festgeklebt am ziffernblatt, und dann dastehen und sich fürchten, vor einer veränderung, da war jemand, ich sehe ihn/sie noch, und ihr habt geschrieben, etwas auf papier, stimmt's, ihr ward das, und jetzt soll die welt sich nicht bewegen, es soll bleiben, wie es ist, ihr nehmt noch ein bisschen kleber, für den zeiger...

hakan
 
H

Heidrun D.

Gast
Für mich stellt das Ende deines Gedichts den Schlüsselsatz dar:

stammen die worte von dir
oder mir?
Alles ist letztendlich austauschbar, bereits gesagt/geschrieben/abgeschrieben, aus dem eigenen Kopf oder den Köpfen anderer.

Staub legt sich auf die Bücher; alles wiederholt sich, Bewegung & Revolution bleiben aus, ebenso die eigene innere Verwandlung ...

Ein wunderbares Gedicht.

Liebe Grüße
Heidrun
 
Hallo Otto,
die Interpretation von Hakan finde ich so gut, dass man nichts mehr hinzufügen muss.
Mir geht dein Gedicht nicht mehr aus dem Sinn. Ist nicht jeder mal in dieser Gefühlslage?
Viele Grüße
Marie-Luise
 

ENachtigall

Mitglied
Ach Otto, da halte ich beim Lesen mit den Atem an und merke, wie ich deine Worte hier vermisst habe. Tut gut, so etwas Leises zu lesen, nach all dem Trubel.

Lieben Gruß, Elke
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
ich stehe oft, nach dem schreiben, ziemlich fassungslos vor meinen texten.
weiß nicht, wie sie einzuordnen sind. zweifle – verzweifle fast – an ihnen,
an mir.
oft sind sie mir fremd, weil sie aus einem gefühl heraus entstanden sind.
gefühle, wechselhaft wie der herbst.
eure kommentare sind dann wie ein zurück zu eigenen erinnerungen,
zum eignen fühlen. ein nachfühlen sozusagen.
so führen eure worte zum eigentlichen zurück. danke!
 

Perry

Mitglied
Hallo Otto,
in der Stille liegt das Erkennen, dass es nicht wichtig ist wer die Worte geschrieben hat, sondern dass wir ihren Inhalt spüren können.
LG
Manfred
 

Joh

Mitglied
Hallo Otto,

diese Momente der Stille in denen man nicht zu suchen braucht, sondern wie ein Betrachter seiner selbst einfach nur da ist, haben etwas sehr meditatives, das in Deinem Gedicht nicht nur wunderbar beschrieben ist, sondern wie Du ja auch schreibst, es entstehen ließ.
Ich denke für Dichter mit die Kostbarsten, wenn so ein Text auf dem Papier zurückbleibt.

LG Johanna
 
G

gitano

Gast
Hallo Otto! bei solcher erfreulichen Eindeutigkeit kann ich meine "Ansprache" sehr kurz halten:
Ich wollte darin nix kritteln!
Glückwunsch zu Diesem wunderbarem Stück stimmungsvoller Lyrik!
*meinen Hut zieh und mich gern verbeuge*
gitano
 
A

Architheutis

Gast
Ja, Oliver, hoch damit! Habs das erste Mal gelesen und bin hin und weg. Das ist das eines der stimmigsten Werke, die ich hier gelesen habe. Wunderbar!

@Otto:
Vielleicht streichen?:

stammen die worte von dir
oder mir?
Die Verse davor sind derart stimmig, dass ich diesen Vers nicht brauche. Er irritiert mich eher: Warum ist es wichtig, von wem diese (wunderschönen) Worte sind?

Meine nichtige Anmerkung steht vor Deinen hohen Zinnen , lieber Otto.

Gruß,
Archi
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
ich freue mich sehr über das (wieder)entdecken. danke für die anmerkungen und gedanken. streichen möche ich allerdings nichts, da es teil einer wirklichkeit war und ist, die sich nicht ändern kann. schön wäre es, könnte man so einfach etwas streichen.

danke euch.
 



 
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