nachtlichter

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Alter Schwede!



Seit Jahren habe ich
Nicht nur ein
Sondern Zweiräder ab.
Seit heute sind sie nun zu viert.
Drum bin ich nicht mehr nur der Geradhr
Sondern ein Gerädeter.
Denn die geerbte antiquierte Kiste sprang zwar an
Soff aber im nächsten Moment gleich wieder ab
Und blieb ertrunken.
Gestunken
Hat’s ziemlich und ganz besonders mir
Mitten im Dorf
Vor all den Witz
Begierigen.
Ein Hausfrauenkittel weit über 78einhalb
Leistete dahingehend Soforthilfe
Dass sie in ihrem VogelsbergeRRRRRRRRRR erklärte,
dass das Antiquum selbst im Winter
bei minus 24 Uhr um 2 Grad morgens
an.
Sprang!
Und lief.
Warum nicht mit mir und das um die Wette?
Oder vor mir weg?
Mobbte mich der alte Schwede?
Oder beliebte der Poltergeist
Meiner lieben verschiedenen Freundin
Mir den steifen Schabernacken zu kitzeln?

Schnurz und Mut:
Ein sonniger Engel löste sich aus einem herbei geeilten Strahlenbündel, besprühte die ersoffenen Kerzen mit heiligem Wasser, zündete sie schließlich an und röchelschnepperproch fiel dem Unboliden seine eigentliche Bestimmung wieder ein. Ich hatte ihn – aber bitte nicht weitersagen – insgeheim mit der Aussicht auf Langstrecken bestochen. Er sprang an und nicht mehr mit mir um. Nur noch ein ganz kleines bisschen an der Tankstelle, als die Lehne des Fahrersitzes beim Anfahren meinte, mich zügig in die stabile Rückenlage bringen zu müssen.

Nun bin ich wieder autorisiert.
Und sogar zu Hause angekommen.


Bakenknitter, gern gerädert
 
bari luys

Meine geschundenen Füße kochen
sämtliche Eingeweide proben den Aufstand
und der Rest vom Beinahekadaver will
das Betriebssystem nur noch abschalten.
Jede Faser meines Herzens jedoch
sehnt sich auf der Stelle zurück
nach Hayastan.

„Ein Abschied von Armenien ist sehr traurig. Viel schlimmer ist es jedoch, niemals zurückzukehren.“

http://u.jimdo.com/www29/o/sdd6290acddf7f73e/img/i0cf087e81e815fd0/1313687296/std/image.jpg

Ich komme wieder.
Bald.

Regina
 

Ohrenschützer

Mitglied
Die Lebenslust ganz unverzagt
an meinem Arm sich unterhakt
und mir dezent-verstohlen sagt,
wie schön doch hier der Falter bakt.
_________________
Der Ohrenschützer
 
Das ging ins Auge,
lieber Ohrenschützer,
ich freu mich, deine Worte vor der Nase zu haben
und kann daher den Mund nicht halten:

Und wenn dich mal ein Schnüpfchen plagt
und Schnotter auch am Öhrchen nagt
dann schenk ich dir ganz ungefragt
ein Hinweislein, das altklug quakt:

„Bist du ein Q, bin ich dein Tip.“
 
Rattabtatütata, [red]Blau[/red]licht, Blau[blue]nicht[/blue],

aber macht nix, Walther - Baki brauch ja eh kein direkt installiertes mehr, denn ich muss ja nu nich mehr selber laufen, zumal die Füße eh durchgeschmort (nein, noch nicht durchgebrannt - obwohl es in Jerevan heiß genuch dafür gewesen wäre) ähm wo ist der Hauptsatz nur hin, ach so, sind. Der olle Saab tuuuuuut et, wenn ich will. Ansonsten fahn der Rentner und ich Rattttatouille, neuerdinx mit Koriander.

Bakenflotter


Post scriptum:

By the wäy - thx. for the friendly Bewertung. Ich möchte hin und wieder an dieser Stelle ein bisschen aus meinem kleinen Leben plaudern. Seit Loriot mir dabei nicht mehr behilflich ist, muss ich nun ganz allein mit meinem größten Feind, dem Alltag, klarkommen und da hülft es, sich hin und wieder ein klein wenig auszuschreiben. Wobei Loriot es selbstverständlich verdient hat, sich endlich mit einem kleinen verschmitzten Lächeln in den Augenwinkeln tüchtig auszuruhen, während uns Hinterbliebenen die Tränen aus denselben kullern.
 

Walther

Mitglied
Lb. Falter,

es reichen wir räder bis auf den (anti)poden, an jeder ecke eins. das fümfte hat speichen, in die musste greifn.

Tritt dich dem läbn tritt zurick, sagten weiland meine ostpreußischen vorfahren. jetzt sagen sie bald nichts mehr (dazu). sprachen gehen einfach so verloren. dem saab geht das rad ab. dem fahrrad eine speiche. dem speicher das gerümpel. und faltern die gute laune, wenn der flieder (nicht) wieder blüht.

mir blüht ein frühzeitiges ende (dieses texts).

W. - heute ganz ohne alt(h)er
 
Mein Pfad der Tugend begann,

nach und nach ohne mich weiterzugehen, als ich dich im Herbst 1996 kennenlernte. Mein damaliges Leben als fürsorglicher Familienmensch mit gestutztem Vorgarten, aber ohne weiterführende Hintergedanken erfuhr eine exotische Bereicherung. So eine wie dich hatte ich in den behüteten 32 Jahren davor nicht kennengelernt. Eine Frau, die sich der Verantwortung für sich selbst stellt und nebenbei in der Küche ein Klo aus den Fugen kloppt, die auf relativ kleinen Füßen ihren Weg geht, ohne vorher ihren Mann um Erlaubnis zu fragen – fast schon beängstigend, aber hochinteressant und faszinierend. Ich wollte dich näher kennenlernen, was aber nicht so einfach war. Erst als unser kleines Schweinchen Billy meiner Unachtsamkeit und einem großen schwarzen Hund mit Jagdinstinkt zum Opfer fiel, ergab sich eine vorsichtige Annäherung. Benni und ich waren zu dir geflohen, als sich unser Haushaltsvorstand wegen des stattgehabten unbequemen Todesfalles echauffierte. Wir saßen zum ersten Mal in deiner Küche, du gabst dem trauernden Neunjährigen und mir zu essen und zu trinken, ein offenes Ohr, Wärme und Verständnis. So fing es an und ich weiß nicht, wie viele Nächte danach du und ich zusammen saßen, diverse Weinflaschen köpften und redeten. Besagter Haushaltsvorstand sollte dir einige Zeit später vorwerfen, dass du so etwas wie eine Hirnwäsche bei mir durchgeführt hättest. Immerhin, eine solche Wäsche setzt das Vorhandensein eines Denkapparates voraus. Du hast mich gelehrt, ihn sinnvoll zu nutzen, althergebrachte Wertvorstellungen in Frage zu stellen, darüber nachzudenken, ob ich nicht auch ohne die Aufsicht meiner familiären Vorgesetzten mein Leben in Freiheit gestalten könnte. Dir schlug zunächst meine Auflehnung entgegen, ich verteidigte mein bekanntes Unglück. Du hast an Fundamenten gerüttelt, die in meinem bisherigen Dasein in Stein gemeißelt waren. Zum Glück, kann ich heute nur sagen. Es waren viele Umwege nötig, bis ich den Pfad der Tugend hinter mir lassen und meinen Weg mit Achtung auch vor meinem Leben selbständig gehen konnte. Das vergesse ich dir niemals. Danke, Trudi.

In diesen bewegten Zeiten haben wir den einen oder anderen lustigen Ausflug links vom besagten Tugendpfad gemacht. Irgendwann hattest du auf deiner Couch gesessen und missbilligend draußen die Laternenpfosten betrachtet, die von Wahlplakaten der Republikaner verschandelt waren. „Die müssen weg!“, war unsere einhellige Meinung. Und so stapften wir im nächsten Morgengrauen mit einer Trittleiter und einem Seitenschneider ausgestattet zu den besudelten Pfosten. Du hieltest die Leiter fest und ich durfte die Laternen von den schmutzig-braunen Plakaten befreien. Wir schleppten sie in deinen Keller, die Aussicht aus deinem Wohnzimmerfenster war gerettet. Dummerweise prahlte ich vor meinem Exmann mit dieser Heldentat, was mir gehörigen Ärger von wegen Polizei, Staatsgewalt und Rache der Rechten einbrachte. Ich hätte die Klappe halten sollen, du hattest ja recht.

Ein anderes Mal hattest du mich abends zum feudalen Essen eingeladen. Wir spiesen vortrefflich, glühten uns mit Wein vor und zogen schließlich weit nach Mitternacht mit deiner Schubkarre los. Hinter der Bushaltestelle befand sich ein Materiallager für Straßenbauarbeiten, und da du deinem wunderbar wilden Garten einen kleinen Weg schenken wolltest, klauten wir diverse Betonplatten, die wir kichernd zu dir nach Hause karrten.

Auch deine letzte einsame Aktion passt ins Bild. Ihr Ergebnis macht mich sehr traurig. Dennoch freue ich mich für dich, dass du nun endlich in Frieden schlafen kannst, ohne dass die Schatten deiner Vergangenheit dein Dasein verdunkeln. Ich bewundere deinen Mut und deine Konsequenz.


Regina

22. Juli 2011
 
Verstörung

Heute Nacht
drangen Gigallionen Voltagen
(folglich nicht nur Zillionen Watt
sondern Megaliter Unwätter)
gleißend
in meinen Alptraum ein
und schlugen meinen Schlummer tot.

Apokalyptotischer Weltenbruch ins Nulloversum!

Hellwach analysierte ich
mein auswegsloses Vorbei
Zum Glück fiel mir ein
dass ich schlimmstenfalls sterben würde –
das war so lange tröstlich.
bis ich blitzgeblendet anfing
über den Weg dorthin nachzudenken

Heute früh
frisch geduscht und freitagspoliert
lachte mich meine Straße
einfach aus.
 
Morgenschwund

Vorhin, kurz nach dem Aufstehen, bewegte mein klammes Hirn die bange Frage, wo denn eigentlich der Kaffee geblieben sein könnte, der in meiner Kanne fehlte…? Offensichtlich stand das Teil schief unter der Eintropfanlage, doch konnte die Pfütze, die die halbautomatische Kaffeekochapparatur dekorativ einrahmte, nicht die fehlenden Schlucke erklären. Eigenartig, aber zu kompliziert für meinen postkomatösen Zustand, zumal die heiße Bohnensuppe schmeckte wie immer. Nach der zweieinhalbsten Tasse dann brüllte mein Magen nach Aprikosenkonfitüre. Also Toasts in die Schlitze, Teller gezückt, Butter raus, ein energischer Griff zur Schublade – schwupppppppps. Kalter Kaffee plantschte mir entgegen, schwappte ins Freie, während die kleinen Teelöffel bibbernd ein rabenschwarzes Vollbad nahmen…
 
Haustiere sind praktisch (Folge 247)

Ein seniler Bettfluch liegt auf meinem Nachtlager. Der Greis ist 15 Jahre alt, hat noch immer alle vier Beinchen unter seinem gut organisierten Gastrointestinalttrakt und einen wedelnden Schwanz, aber längst nicht mehr alle Tassen im Gehäuse.

Und so trug es sich gestern - wie in den letzten 10 Tagen intensiv geprobt - wieder einmal zu, dass Schatzi, mein renitenter Rentnerhund Robin, kurz vor Mitternacht wunderschön tief in meinem Bettchen schlief, bis ich daran dachte, das Licht zu löschen. Prompt erwachte er tatendurstig und kratzte erst einmal empört an der geschlossenen Zimmertür. Schließlich sollte ihm seiner Meinung nach die gesamte Wohnung zwecks umfangreicher Renovierungsmaßnahmen zu seiner geschätzten Verfügung stehen. Das ignorierte ich dreist und schlief sogar fast ein. Bis Robin nicht gerade zaghaft sein Bettchen verrückte. Kreuz und quer durchs Zimmer und das in einem Affenzahn. Er hatte die Vorderpfoten im Hundebett positioniert und schob das Teil mit den Hinterbeinchen an, was ihm im Gegensatz zu mir einen Mordsspaß zu bereiten schien. Ich hatte inzwischen wieder Licht an, lag auf dem Bauch in meiner zerwühlten Pofanstalt und beobachtete den Schwachfug, bis ich fast einnickte. Schatzi hingegen probierte inzwischen die verschiedensten Schlafpositionen aus und einigte sich schließlich darauf, sich unter meinen neuen blauen Pjönnjang zu quetschen. Immerhin für eine ganze halbe Minute, dann war ihm dies zu unbequem, so dass das Krokodil herbei gezerrt werden musste. Nachdem auch dieses Tierchen unter dem Pjönnjang zur Ruhe gekommen war, hatte ich die Schnauze voll, löschte das Licht und knipste auch mich Nachtlicht aus. Vorübergehend. Um 4:00 Uhr weckte mich erneute Unruhe im Schlafgemach. Der bekloppte Hund verrückte sich in hektischer Betriebsamkeit und hechelte dabei gar furchtbar. "Das arme Tier hat sicher Durst", dämmerte es mir und ich ärgerte mich, dass ich abends vergessen hatte, mein Schlafzimmer mit einem gefüllten Wassernapf auszustatten. So führte ich den armen alten vernachlässigten Hund in die Küche. Dort guckte er den Wassernapf belämmert an und hielt mich offensichtlich für nicht ganz fit. Also Lichter wieder aus, Decke über die runkelnde Rübe. Der agile Rentner geruhte, sich zu mir zu gesellen und so pennten wir friedlich bis zum Weckergedöns. Derart ausgeruht verblüffte mich mein praktisches Haustier während meiner Arbeitszeit mit phantastischen neuen Kunststückchen und ich musste nur dreimal die Pfütze um den mit einem gezielten Pfotenhieb bzw. Schnauzenstups zu Fall gebrachten Wassernapf wieder aufwischen, bevor Robin Hund ein Telefonat meinerseits nutzte, um sich aus seinem an die Heizung getackerten engen Geschirr zu befreien, um auf eigene Faust den Betriebsgeheimnissen meiner Firma auf die Schliche zu kommen.

Im Hinblick auf die bevorstehenden abenteuerlichen Stunden, in denen faule Menschen tatsächlich schlafen, frage ich mich, wie ich ihm gezielt den Antrieb kappen könnte – meinem senilen Bettpflug.
 
Weit weg

Convenience poetry

Man nehme
Ein gut abgehangenes, friedvolles Werk
Eine gehörige Portion Dummdreistigkeit
zu unterstellen, es merkt schon keiner,
versetze das Werk mit unnötigen Ballaststoffen und Geschmacksverstärkern
schiebe den Pamp in die Mikrowelle
wärme ihn noch einmal auf,
rühre den Eintopf tüchtig um:
Lyrik reloaded! dampft fast wie neu.
Wäre sie NUR NICHT schon so oft gegessen


Worden.



Bakenfalter

(der aktuelle Bezug weilt leider nicht mehr unter uns, schade, nun müssen wir uns auf lange Sicht unsere Lyrik doch wieder selbst ausdenken)
 

Gerd Geiser

Mitglied
Entschuldige, dass ich dich unterbreche.
Ich hatte auch mal so ein Lebensabschnittsgefährt. Da sprang mich der Motor auch so manches Mal nicht an.
Bestechend klare Worte und schön gegliedert wie der ganze Vorgang konsequent dynamisch durch geschreipt. Mehrwelliös.
GG
 
Bakenfalter geht aus

„Plitsch“ meint meine linke Sandale, während die rechte sich ausschweigt. Womöglich ist sie bereits in der vorletzten Riesenpfütze ersoffen und daher nicht mehr bei Stimme. Ganz im Gegensatz zu Alexander Veljanov heute Abend im Capitol in Bad Offenbach am Bad Offenbacher Kreuz. Ich frage mich zum aberwiederholten Male, wie so viel geniales Bassbariton aus einer für einen Mann doch sehr zierlichen Figur herauskommen und mir so tief unter die Haut gehen kann…

Ich bin auf dem Heimweg von meinem spontan in die Tat umgesetzten samstagabendlichen Konzertausflug, der – wie sollte es anders sein – in allerbester nachtlichter-Tradition mit Imponderabilien gespickt war. Dabei fing alles einer harmlos-gediegenen Dame in den Vierzigern gebührend an. Die Frisur saß an der richtigen Stelle, die fröhlich-schwarze Klamotte machte was her, alles Nötige war eingepackt (nebst Jacke, Limo und Schirm für alle Fälle) und ich zuckelte pünktlich los. Kalt war es nicht, ganz und gar nicht, und ich war froh, nur ein kleines Schwarzes mit Bolero zu tragen. Als ich schließlich den doch etwas weiter entfernt wartenden Carsharing-Corsa erreichte, war das Outfit schon nicht mehr ganz so damenhaft, sondern verschwitzt und bedingt durch die megaenge Garage, in die jemand den Corsa mit einem Schuhanzieher appliziert haben musste, staubig, denn ich musste mich an dem Gefährt Richtung Windschutzscheibe vorbeidrängeln. Schon ziemlich angesäuert zückte ich die Codekarte und es passierte… nix. Die Karre ging nicht auf. Auch beim viereinhalbsten Versuch nicht. Dafür fand ich in der dreckig-dunklen distalen Garagenecke einen zusammengefalteten Fünf-Euro-Schein, der mir in dieser Situation aber auch nicht weiterhelfen konnte. Also rief ich die book-n-drive an und schilderte mein Problem. Der verbindliche junge Hotliner stellte natürlich der Reihe nach sämtliche unnötigen Fragen, bevor wir zum Wesentlichen kommen konnten. Er versuchte auf dem kurzen Dienstweg, die Fernsteuerung der Schließautomatik zu überzeugen, mich reinzulassen, bat mich, es nochmals mit meiner Codekarte zu versuchen – nix. Ich hatte nicht mehr soviel Zeit, schließlich waren nicht nur Frankfurt, sondern auch die Zufahrtswege nach Bad Offenbach blockupied. Der junge Mann schlug eine Kommunikation seinerseits mit dem Bordcomputer off-phone und einen Rückruf wenige Minuten später vor. Ich sah schon das Konzert ohne mich stattfinden, doch der Rückruf erfolgte tatsächlich nach 5 stundenlangen Minuten. Fazit: Es war nichts zu machen, der Vorbenutzer hatte den Schlüssel nicht richtig in die Haltevorrichtung geschoben und drum blieb der Corsa verschlossen. „Gibt es eine Alternative?“, japste ich kurz vor dem bevorstehenden Ende meiner Contenance. Der zuvorkommende Hotliner schickte mich daraufhin zu einem anderen Corsa 10 Fußminuten Richtung Innenstadt entfernt, welcher sich sogar öffnen und starten ließ. Klimaanlage an, kalte Luft ins knallrote Nachtlichtgesicht und nix wie los. Die Fahrt zog sich, die Zeit wurde knäpper, doch schließlich erreichte ich wie geplant den Parkplatz am Main, von dem aus es nicht allzu weit zum Capitol war. Dummerweise parkten dort heute keine Autos, sondern Schießbuden, Karussels, K**zschleudern und Zuckerwattefabrikanten. Offenbacher Volksfest stand dran. Klasse! Also schnell ein zackiger U-Turn und ein Parkplatz gesucht! Gute Idee, die schwarzen Gestalten, die Richtung Capitol strömten, hatten offensichtlich alle schon einen gefunden… Schließlich parkte ich fernab von Gut und Böse, bestückte mich mit meinem Allzweckbeutel, der so gar nichts von einem damenhaften Abendtäschchen hat, nahm noch einen gehörigen Schluck aus der Limopulle und ließ alles andere im Corsa. Der Bad Offenbacher Abend war ein wunderschöner. Vögel sangen, aber die wollte ich ja nicht hören. So preschte ich durch einen mir unbekannten Park, fand glücklicherweise nach nur 10 min. die richtige Hauptstraße wieder und nur wenige Gehminuten später das Capitol. 7 vor 8, das passte! Danach parkte ich mich zunächst im falschen Bereich der Galerie und war vorübergehend froh, endlich angekommen zu sein. Bis mich eine freundliche Frau darauf hinwies, dass ich ihren Platz besetzte. „Kann nicht sein, ich hab Platz 12 in der 1. Reihe“, triumphierte ich und zückte mein Ticket. Galerie Mitte stand da drauf. Und nicht rechts. OK – umso besser. Ich schob mich mühsam an trolfzig übergewichtigen Junggruftis in der 1. Reihe Mitte vorbei und ließ mich schließlich erschöpft auf dem richtigen Sitz nieder. Und prellte mir beide Knie – diese 1. Reihe war verdammt eng, dafür war aber die Sicht auf die Bühne sehr viel besser. Es blieb mir nichts anderes übrig, als in den kommenden zweieinhalb Stunden verschiedenste Bakenfaltoptionen für meine langen Beine auszuprobieren. Richtig bequem war keine, aber das ließ sich verschmerzen, denn nun traten sie auf:

Deine Lakaien, Ernst Horn und Alexander Veljanov, gewandet wie eh und je. Ernst in seinem nicht mehr ganz schwarzen Pullover, dafür aber mit Strickjacke drüber und Alexander hochgeschlossen mit einer überlangärmeligen Anzugjacke. Das Licht erlosch und dann war da nur noch die Musik, die mich genauso zu berühren vermochte wie beim allerersten Mal.

"zutiefst
getroffen
doch nicht verletzt
kein Blut rinnt
nur Tränen
tropfen
spiegeln
den dunkelroten Samt der Töne
die mich warm umhüllen
und gegen den Schmerz
wappnen"

schrieb ich im Februar 2009.

Ich habe es genossen, „die alten Gassenhauer“ zu hören, die mir inzwischen so vertraut geworden sind und die mir doch immer wieder eine ausgeprägte Gänsehaut bescheren. Schön war es aber auch, die Songs aus dem neuen Indicator-Album in der akustischen Version zu genießen. „One Night“ war klasse. Zum Glück wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es als Zugabe das Ganze auch noch auf Deutsch gab. Das hätten sich die beiden verkneifen können, finde ich, es machte doch einen etwas seltsamen Eindruck. Umgeworfen (im sprichwörtlichen Sinne, denn ich kauerte ja zusammengefaltet und eingeklemmt) hat mich „Blue Heart“. Das hätte ich gern noch einmal und noch mal und immer wieder gehört. Aber auch die „green feather on the ground“ aus Away. Nicht nur die ruhigeren, gefühlvollen Stücke waren grandios, auch Over and Done und die Mirror Men brachten den Saal zum Kochen. Virtuos ist eine Untertreibung für Ernsts Klavierspiel. Er verdrosch das Innere des wehrlosen Flügels wieder einmal nach Strich und Faden, positionierte Wasserflasche und Glas ebenfalls im Inneren des Pianos, entlockte dem Instrument Töne von Percussion- über Cembalo-ähnliche Klängen bis hin zum Unbeschreiblichen. Entzückt war ich auch vom Spiel seiner linken Hand im Dreivierteltakt bei „Follow Me“. Der Musiker Ernst Horn ist ein Genie. Es tat mir leid, zu sehen, wie sehr ihn sein extrovertiertes Spiel erschöpft hat und ich hoffe und wünsche mir, dass er uns trotzdem noch lange, lange erhalten bleibt. Alexander natürlich auch, sie sind nur( mindestens) zu zweit „Deine Lakaien“.

Alexanders Moderationen waren wie immer ein wenig kantig, obwohl er sichtlich gut aufgelegt war. Er ist nun einmal keine Rampensau, aber gerade seine kleinen Unsicherheiten, die manchmal etwas linkisch anmutende Gestik machen ihn nur umso sympathischer. „Jetzt kommt ein Lied“ war eine der Ansagen. Nach der Pause verkündete er „Jetzt geht es weiter!“ Ach so! Es war für mich eine wunderbare Erfahrung, „meine“ Lakaien nach längerer Abstinenz wieder live und in Farbe zu hören. In viele, viele der Lieder habe ich mich hineinfühlen können, die wunderbare Stimme von Alexander genossen und mir gewünscht, dass er damit nicht so bald wieder aufhören würde. Aber irgendwann geht auch ein Lakaien-Konzert zu Ende. Es folgten zwei Zugaben, darunter das doch recht schnulzig anmutende „Bei Nacht“. Und schließlich meinte Alexander „Das folgende Lied mögen alle!“ Stimmt. „Love Me to the End“ – oh ja, ich denke, das werde ich.

Danach war dann leider wirklich Schluss. Das ausverkaufte Capitol leerte sich. Kurz vor den Türen kam der Strom ins Stocken, denn draußen strömte es auch, aber wie. Aus dem vor Stunden noch so schönen Abendhimmel goss es wie bescheuert. Mutig drängte ich mich durch die wasserscheuen Konzertbesucher und setzte mich Verschwitzte den Fluten aus. Man kann schon richtig schön nass werden, wenn der Weg zum Auto ein weiter ist und Schirm und Jacke sicher im Trockenen liegen. Aber so etwas vermag eine Piratin nicht zu schockieren. Nach einem kleineren Umweg fand ich den Corsa sogar und ich verirrte mich auch nur unwesentlich, weil ich durch die total beschlagenen Scheiben nicht so ganz den Durchblick hatte. Schließlich sind die richtigen Knöpfe und Schalter in einem fremden Auto auch nicht so leicht zu finden, wenn frau meint, auf der Stelle losfahren zu müssen. Trotz alledem ließ sich sowohl mein Sachsenhausen als auch des Corsas Parkplatz wiederfinden. Und nach 20 Minuten Marsch dieses Mal durch einen Frankfurter Wolkenbruch kamen ein trockener Schirm, eine betröpfelte Jacke und ein klatschnasses Nachtlicht wieder zu Hause an. Letztere mit einem zufrieden-verklärten Grinsen in einer so gar nicht mehr damenhaften Aufmachung. Die Frisur ist übrigens Vergangenheit.
 
A

AchterZwerg

Gast
Hallo Baki,
mir ist, als sei ich selbst dabei gewesen.
Seitdem ich das schändliche OF-Landkreis-Autokennzeichen führen muss, füllt sich mein Ex-Frankfurter-Herz mit leichter Häme, wenn andere bei der Stadtbegehung Offenbachs Schwierigkeiten haben. OF ist nun einmal ... tja.
Aber das Capitol immerhin schön, wenn mich auch stets ein leichtes Missbehagen überfällt, falls ich mal hingehe. Irgendwie glaube ich nicht, dass es richtig ist, eine ehemalige Synagoge für Events zu nutzen. Aber sonst würde das Gebäude halt leerstehen.
Anonsten bewundere ich dich von ganzem Herzen. Carsharing geht über meinen Horizont, und ich bin deshalb froh, dass mein nilpferdähnliches eigenes Auto wohl noch ein paar Jahre machen wird. -
Deine nächtlichen Erlebnisse sind jedenfalls überaus kurzweilig beschrieben und zeigen deutlich die finale Genugtuung: Das habe ich alles (nein, nicht aus meinem Kopf abgeschrieben/Lenk), sondern ganz allein gemeistert.
Sei stolz, du kühner Falter!
Liebe Grüße
Heidrun
 
Liebe Heidrun,

so gesehen waren es absolut keine Heldentaten, die ich vollbracht habe. Vielmehr handelte es sich um den ganz normalen Alltagswahnsinn, dem ich trotzte. Einer erklärten Feindin des Alltagstrotts kann so etwas schon heftig zusetzen.

Dein nilfährtähnliche Gepferd würde ich mir ja zu gern einmal aus der Nähe ansehen :) Mein letztes eigenes Auto war der eingangs in diesem Tröt beschriebene alte Schwede Sigurd, den ich von meiner verstorbenen Freundin geerbt hatte. Mit ihm war es auch nicht einfach und so überließ ich ihn meinem Filius, der nun seinerseits ein guter Kunde des ADAC ist.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar und ebensolche Grüße

Baki
 
Haustiere sind praktisch (Folge 248) oder Kacke am Dampfen

Heute früh, ich war gerade tropfend der Wanne entstiegen und hüllte mich in ein großes Badetuch, stand plötzlich mein renitentes Rentnerlein Robin vor mir, sah mich flehend an und lief zur Wohnungstür, um an dieser zu kratzen. „Scheiße!“, dachte nicht nur ich, bei ihm war es jedoch dringender. Er kam zurück, stupste mich mit seiner nassen Schnauze an und gab einen halb knurrenden, halb winselnden Laut von sich. Die Dringlichkeit seines Bedürfnisses war ihm anzusehen, aber so konnte und wollte ich mich nicht der gaffenden Nachbarschaft präsentieren. „Schön warten, ich zieh mich ganz schnell an“, teilte ich dem unter Druck stehenden Vierbeiner mit, der unruhig hin und her lief. Hinterrücks noch nicht ganz trocken verteilte ich großflächig Feuchtigkeitslotion auf meiner Haut und versorgte mich gleichzeitig mit Deo und einer Visagenauffrischung. Robin hüpfte nervös im Flur herum und krümmte plötzlich seinen alten Rücken. "Oh nein, doch nicht hier“ brüllte ich auf der Suche nach meiner Wäsche. Das nahm das gepeinigte Tier wörtlich und verschwand. Zum Glück, ich hatte wohl doch noch eine Galgenfrist.

Ich bedeckte das Nötigste mit Kleidungsstücken, kämmte flüchtig die nasse Haarpracht, schlüpfte in die Sandaletten und griff zur Leine. Hund lag inzwischen in seinem Bettchen und sah mich fragend an. „Willste ausgehen!“, gähnte er, rappelte sich dann aber doch zögernd auf, um so gnädig zu sein, sich sein Hundehalfter anlegen zu lassen. Er verließ gemächlich die Wohnung, stapfte in den Aufzug und freute sich. Immerhin etwas. Draußen hatte er es dann so gar nicht eilig und ich war dankbar dafür, dass seine fast 16jährigen Schließmuskeln doch noch so zuverlässig funktionierten. Er pullerte die nächstgelegene Hecke voll, schnupperte hier, guckte dort und hatte im Gegensatz zu mir alle Zeit der Welt. „Was issennu mit dem Stinker“ frage ich den Greis. „Ach ja!“, fiel ihm ein und so zog er mich um die nächste Straßenecke, um das Unkraut vor der Kita einer eingehenden Begutachtung zu unterziehen. „Mach hinne Alter, ich brauch noch‘n Kaffee und‘n Föhn vor der Arbeit“. Das beeindruckte ihn wenig. Er zog mich ein Stückchen weiter und blickte interessiert ins Gras. Inzwischen hüpfte ich ungeduldig von einem Bein auf das andere, was offensichtlich Robins Konzentration beeinträchtigte. Also stand ich still und angespannt in der Landschaft herum, bis er sich schließlich bequemte, wiederum seinen Buckel zu beugen, um das Gras unter seinem Allerwertesten mit einem Püpschen zu verzieren. Mir schwante Schlimmes, doch noch vermochte ich die Gedanken an mögliche Zusammenhänge zu verdrängen. Bis ich mit einem entspannten Rentnerlein meine Wohnung betrat und angeröchelts des mir entgegenschlagenden Grauens am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Mitten im Wohnzimmer prangte auf meinem blauen Läufer ein monumentales Bild von einem Stinker und moff inzwischen erbärmlich.

Manchmal ist es doch sinnvoll, beim Stuhl einen schnelleren Gang einzulegen…
 
Huch,

auch hier hat sich mein neuer Fän verewigt. Da ist ihm aber ein gefährlicher Rundumschlag gegen den bösen Bakenfalter gelungen, boooh ey.

Schwerst beeindruckt
Baki
 



 
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