russische Kurzerzählung in a-moll

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Paul

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PAWEL IWANOWITSCH
Schmutzig lugten die Zehnägel unter seinem beachtlichen Bauch hervor, kleine Häärchen standen wie vereinzelt verstreute Büsche in der Taiga von seinen Zehen ab, die Fußsohlen brannten wie Feuer und die Luft, welche geschwängert vom Duft von Schweiß, Tannennadeln und Fisch schien zu kochen -
Pawel Iwanowitsch hatte sich zur Reinigung von Körper und Geist in die Banja (russ. Schwitzbad) begeben, Schweiß tropfte ihm in kleinen Rinnsalen vom Leib und vom vielen Auspeitschen mit dem Tannenbesen war seine Haut schon ganz rot-weiß gescheckt, wie Marmor sah seine Haut aus und alles kribbelte, als gingen tausende von Ameisen ihrem Tagwerk auf ihm nach. -
Doch diese Erzählung von Pawel Iwanowitsch gestaltet sich zu lange, beginnen wir eine neue.
Pawel Iwanowitsch hatte schlecht geträumt. Er hatte geträumt, daß ihm sämtliche Zähne ausgefallen wären, und das mitten in einem von Menschen überfülltem Fahrstuhl. Alle glotztn ihm zu, wie er so nach und nach einen Zahn nach dem anderen ausspuckte. Um sich von dieser überaus mißlichen Situation abzulenken, flüchtete Pawel Iwanowitsch in die nächste Banja und peitschte sich dorten dergestalt, daß sein ganzer Körper mit Striemen nur so übersät war. Später saß Pawel Iawnowitsch die ganze Nacht in seiner kleinen Küche und trank Wodka.
Der Wind pfiff, eine Uhr tickte und eine Kerze flackerte ganz sacht.
Pawel Iwanowitsch saß nur so da und lauschte dem zähen Fluß seiner Gedanken. Er überlegte, ob er sich ein Stück mittreiben lassen sollte, doch es war schon spät. So saß er nur da und trank Wodka. Er dachte an gar nichts mehr.
Pawel Iwanowitsch saß da, der Wind pfiff, eine Uhr tickte, und eine Kerze flackerte ganz sacht.
"PLINGPLANGPLONG" - Pawel Iwanowitsch wachte verstört auf, er war eingeschlafen und hatte im Schlaf die nunmehr leere Wodkaflasche mit seinen Armen vom Tisch gefegt. Zudem hatte er sich zu allem Überdruß an der Flasche einen Zahn ausgeschlagen, der lag jetzt auf dem Tisch, schimmerte fahl im Mondschein.
Der Wind pfiff, die Uhr war stehen geblieben, die Kerze erloschen.
Pawel Iwanowitsch hievte sich auf seine Pritsche, legte sich endgültig schlafen, nicht ohne vorher das Gas abgedreht zu haben. Kurz bevor er abermals einschlummerte, nahm sich unser Held vor, in dieser Nacht zu träumen, er wäre ein Adler... .
Als er kurze Zeit später durch die Pforten von Phantasias Schloß marschierte, gab man ihm das Kostüm eins Fisches. So ließ er es denn geschehen, und hob sich den Plan ein Adler zu sein, für das nächste mal auf. Pawel Iwanowitsch war in seinem Traum König der Fische, alles schimmerte, glitzerte und funkelte.
Als er am nächsten Tag aufwachte, war es minus 38 Grad geworden. Pawel Iwanowitsch, etwas ermattet vom vielen Träumen, setzte sich an den Tisch, aß einen Fisch und fünf Kartoffeln! Später legte er die Beine auf den Tisch und rauchte eine Papyrossi. An der Wand hing ein Bildnis von Daniil Charms. Es schien zu lächeln.
AUS!

(Übernommen aus der 'Alten Leselupe'.
Kommentare und Aufrufzähler beginnen wieder mit NULL.)
 



 
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