Für mich ein sprachlich sehr schöner Text, fast "anmutig" weich und wie selbstverständlich plätschert die Schilderung.
Besonders gefällt mir:
"Opa hat mich angerufen. Es ist Nacht. Er hat Kerzen aufgestellt, dich fotografiert und abgeheftet. Alles muss seine Ordnung haben. Immer noch."
... wie das einzige Mittel gegen den diffusen Zugriff des Nichts in eine Idylle das geradezu manische Pochen auf "Ordnung" ist, welche die Menschenwelt dann trotzdem und auf genau bisherige Weise weiterhin alltags-lebbar sein lässt.
(bloß keine Störungen meiner Idylle)
Meine Bedenken gegen solche Vermeidungsstrategien:
Es werden damit die Antworten und hints, welche die Vergänglichkeit unserem Dasein fruchtbar rückmelden kann, einfach ignoriert.
Anders geschildert:
Der in solchen highlight-Momenten bewusst durchlebbare grelle Schmerz wird in der Ordentlichkeit äußerer Abläufe, äußerlichen Tuns erstickt wie mit einer Droge - aber gerade solcher Schmerz, der native Aufschrei des Lebens gegen den Tod, ist ja die in solchen Momenten leicht zu öffnende Türe, hinter der das eigentliche grelle, chaotische, abenteuerliche Leben zu finden ist.
Das Leben gedeiht und läuft ja nur an der sicheren Hand des Todes, ohne diesen ist es schwach, welk, führungslos und unfruchtbar.
Es gibt keine Siege ohne Kämpfe, kein wirkliches Lebenkönnen ohne Sterbenkönnen, und jede Idylle ist praktisch ein kleiner oder großer Tod bereits mitten im Leben.
Insofern würde ich dem textlichen Opa vorwerfen, dass er offenbar bereits vor seiner Frau abgestorben ist, denn seine Ordnungswut repräsentiert eine "frozen world". (und man könnte zynisch interpretieren, dass sich die tote Oma nun lediglich unter Selbstaufgabe Opas totem Stilleben angepasst habe)