schwarzes Erbe II

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Lena Luna

Mitglied
Bittere Milch gabst du mir
ich trank sie im Vertrauen

in Dornen wickeltest du mich
ich hielt sie für einen wärmenden Mantel

deine Wunden bedeckte ich
mit kindlicher Liebe
und leuchtete
wie eine Fackel am Rande

du liebtest mich auch

nun ruhst du

unter den Schwingen der Zeit
ist die Milch geronnen in mir

zu dunklem tönenden Klang

das Schwarz so tief gesunken

dass es jetzt Weißes
gebären kann
 
Liebe Lena Luna,

dein Gedicht spricht mich sehr an. Ich weiß nicht, ob du das meinst, was ich fühle. In der Kindheit vergeblich auf die behütende Liebe warten. Es ist Liebe da, kann jedoch nicht zum Ausdruck gebracht werden. Bitterkeit, Verzweiflung entstehen. Durch den Tod der Person, die Geborgenheit und Wärme geben sollte, heilen nach und nach die Wunden...

Ganz liebe Grüße,
Estrella
 

Lena Luna

Mitglied
ja Estrella, du hast es richtig verstanden, ich hatte immer auf etwas gewartet, gehofft als Kind, und konnte es nicht in Worte fassen oder überhaupt erahnen, was mir da fehlte, ich kannte es ja nicht anders. Aber ich versuche in den Versen auch die Depression anschaulich zu machen , die wie ein schwarzes Erbe weitergegeben wird, ohne dass es so etwas wie bewusstes Verschulden gibt. Der Tod der Mutter lässt alles nochmal durchleben, aber im Abschiednehmen liegt auch die Chance der Versöhnung. Danke fürs Einfühlen und Werten
liebe Grüße
Lena
 
H

Heidrun D.

Gast
Du hast die Bitternis einer verkühlenden Kindheit gut in Worte gekleidet.

Eine Streichung könntest du noch vornehmen und evtl. etwas anders formatieren:

Bittere Milch gabst du mir
ich trank sie im Vertrauen

in Dornen wickeltest du mich
ich hielt sie für einen wärmenden Mantel

deine Wunden bedeckte ich
mit kindlicher Liebe
und leuchtete
wie eine Fackel am Rande

du liebtest mich auch

nun ruhst du

unter den Schwingen der Zeit
ist die Milch geronnen [strike]in mir[/strike]
zu dunklem tönenden Klang
[strike]das[/strike] [blue]dies[/blue] Schwarz so tief gesunken

dass es jetzt Weißes
gebären kann
Freundliche Grüße
Heidrun
 

Lena Luna

Mitglied
@liebe Heidrun, du schaffst es wirklich wieder, so eine tolle Verbesserung zu finden :D
danke, übernehme ich gerne

@Mandelbaum, auch dir meinen Dank :)

liebe Grüße
Lena
 

Lena Luna

Mitglied
Bittere Milch gabst du mir
ich trank sie im Vertrauen

in Dornen wickeltest du mich
ich hielt sie für einen wärmenden Mantel

deine Wunden bedeckte ich
mit kindlicher Liebe
und leuchtete
wie eine Fackel am Rande

du liebtest mich auch

nun ruhst du

unter den Schwingen der Zeit
ist die Milch geronnen
zu dunklem tönenden Klang

dies Schwarz so tief gesunken

dass es jetzt Weißes
gebären kann
 
Liebe Lena,

Aber ich versuche in den Versen auch die Depression anschaulich zu machen , die wie ein schwarzes Erbe weitergegeben wird, ohne dass es so etwas wie bewusstes Verschulden gibt.
Das ist auch so bei mir angekommen.

Prima, dass du noch aufgebessert hast. :)

Lieben Gruß,
Estrella
 
P

Pelikan

Gast
Hallo, Lena Luna,
ein Gedicht in welchem sich jeder erkennen könnte, dem keine "richtige" Mutterliebe geschenkt wurde. Ich setzte das Wort "richtige" in Gänsefüße, weil es ohne den Eindruck erwecken könnte ich wüßte genau was dies sei, diese richtige Liebe. Es gibt allerdings etwas was man so bezeichnen könnte und zwar eine gute Beziehung zwischen Mutter und Kind, eine auf aufrichtiger Zuneigung basierende. Sie ist entgegen der klischeehaften Erwartung nicht so häufig wie wir sie gerne hätten, denn auch Mütter waren mal Kinder und sind nicht als Mutter geboren worden, somit sind sie durch ihre Kindheit, in welcher sie selber mangelnde Liebe erfahren mussten, geprägt
und können nur das wiedergeben, was sie selber bekamen.
Dieses Kind hier bekam mehr Negatives, Bitteres von seiner Mutter, als "Süßes", sprich diese Zuneigung war scheinbar belastet seitens der Mutter. Doch Kinder lieben ihre Mütter/Eltern, egal was sie von diesen zurückbekommen. Und auch wenn diese Mutter das Kind verletzte (Dornen) hat es solches als nicht unbedingt falsch empfunden. Nein, es hatte sogar den Zustand umgekehrt quasi und Mutter für seine Mutter gespielt, indem es ihre Wunden versuchte zu heilen (mit kindlicher Liebe) weil es instinktiv ahnte, dass die Mutter Verletzungen in sich trug. Kinder haben ein feines Gespür dafür und ich weiß es, weil ich Gleiches selber erfahren hatte. Ich habe auch versucht Mutter für meine Eltern zu sein, indem ich mich bei allem was ich in der Kindheit tat immer fragte: "Kann es die beiden verletzen? Werden sie damit klar kommen, tue ich ihnen weh?" Ich finde das ist für ein Kind übermäßig groß, was es da tut. Ich kann dieses Gedicht unheimlich gut auf mich beziehen (es stimmt fals Zeile für Zeile). Daraus entwickelt sich im Laufe der Zeit eine tiefe Depression - diese begleitet einen sehr, sehr lange.
Ich weiß noch wie ich immer Asthma-Anfälle hatte nach dem
Besuch bei meinen Eltern. Manchmal verarbeitet man alles erst nach dem Tode der Eltern/Mutter. Oft auch nicht. Hier glaube ich zu lesen, dass sich die Depression so nach und nach verflüchtigt, wie die Trauer, die leichter erträglich wird mit der Zeit. Das Dunkle sackt in die Tiefen des Innenlebens/der Seele und je mehr es absackt, desto mehr Raum bleibt wieder für Helles im Leben, für Freude, Mut, Zuversicht. Sie überlagern langsam die Depression - die Seele
hellt sich wieder peu a peu.Für meine Begriffe hast Du diese Thematik sehr gut in dem Gedicht verarbeitet.
Ein wenig beneide ich Dich sogar um dieses - trifft es doch so gut auf mich zu. Dieses Gedicht zeugt davon wie gut man mit verständlichen Worten arbeiten kann, wie gut man ohne
krampfhafter Originalität auskommen kann und dabei tief zu berühren vermag. Super geworden!

mit herzlichen Grüßen, Pelikan :)
 

Perry

Mitglied
Hallo Lena,

ein berührendes Werk hast du da verfasst.
Es ist gut, wenn das Leid zum Schluss wenigstens noch Versöhnliches gebiert. Ein wenig vorsichtig wäre ich mit der Kombination Milch, trank und Schwarz, weil dies der Todesfuge von Celan bildlich sehr nahe kommt.
LG
Manfred
 

Lena Luna

Mitglied
@Pelikan, du hast es doch in deinen Worten genauso treffend beschrieben,lieber Pelikan, und ich bin ganz gerührt, dass mein Gedicht so rüberkommt, wie es soll und von mir empfunden wird, danke für deinen ausführlichen Kommentar und das Verstehen

@ Revilo, ja da hast du recht, das Gedicht von Celan hat mit einer tiefen Berührung dieses Gedicht bei mir ausgelöst.. es war, als ob dieses Bild der schwarzen Milch ein Bild für meine
Gefühle darstellte, als hätte ich diese Trauer und dieses Schwarz, was eine Depression ausmacht, bildlich gesprochen,mit der Milch eingesogen... deshalb muss hier die Milch stehen bleiben, ich habe ja schon geändert...danke fürs Lesen

liebe Grüße
Lena
 

revilo

Mitglied
schööööööööööööööön........geht unter die Schwingen...ääh.....unter die haut, ohne pathetisch zu sein.......LG revilo
 



 
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