totgefühlt (L)

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jon

Mitglied
Teammitglied
Mir gehen die Worte aus.
Schlimmer noch:
Mir gehen die Geschichten aus.
Du
brichst mit deiner Musik die Scholle
und ich
hab nichts mehr, was ich darin säen könnte.
Alles schon vertan.
Alles schon zerspielt.
Alles schon zu Ende gedacht und
totgefühlt.
Die Welt ist schal geworden.
Vielleicht auch nur klein.
Für mich
ist das kein Unterschied,
denn ich bin
eingemauert darin.
Deine Musik weht die Wände fort.
Mein Herz fliegt auf.
Mein Geist öffnet sich.
Nichts findet hinein,
was ich nicht schon kennen würde.

Geh weg!
Geh einfach weg, ins Neue!

So einfach ist das nicht, Peter.
So einfach ist das nicht …



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Dies ist die überarbeitete Version von:
http://www.leselupe.de/lw/showthread.php?threadid=66223
 

rosste

Mitglied
gefällt mir sehr gut,
in versform,
mit "Scholle" konnte ich erst auch nichts anfangen - habe erst an einen Fisch gedacht...

"Alles schon zu Ende gedacht und
totgefühlt." - der Prot. bewegt sich auf eingefahrenen Gleisen, ist ausgebrannt, kopfgesteuert (anstatt einfach zu leben und zu fühlen).

Der Gegenspieler (Mitspieler) mit seiner Musik ist der aktive, er "bricht die Scholle" und "weht die Wände fort", aber seine Töne finden trotzdem nicht zum Prot., dessen Herz und Geist sich zwar öffnen...

eine schöne verzwickte Geschichte, die "nicht einfach ist" und das "Neue" geradezu herausfordert.
 
S

Sandra

Gast
Hallo jon,

Du brichst mit deiner Musik die Scholle
und ich
hab nichts mehr, was ich darin säen könnte.
Ich denke hier an eine Eisscholle. Dieses Bild ist für mich in Bezug zu der Musik des anderen stimmig. Jedoch bringt mich das Wort "säen" vollends aus dem Konzept.
Es ist nicht nur diese Passage, die mich deinem Gedicht etwas kritisch gegenüber stehen lässt. Für mich sind deine Zeilen fragmentartige Gedanken, die sich in dem Gedicht nicht zu einem harmonischen Bild zusammenfügen lassen. Jedoch gibt es immer wieder schöne Formulierungen. Wie der letzte Satz.
LG
Sandra
 

jon

Mitglied
Teammitglied
@Sandra

"Ich denke hier an eine Eisscholle."
…klar, dass du dann stolperst. Aber es bleibt bei Scholle – lass beim Nochmal-lesen einfach das "gedachte Eis" weg. Schon deshalb, weil es nicht dasteht. Und das steht deshalb nicht da, weil nicht "das Eis bricht" (das ist an ganz anderer Stelle, viiiiiiiel früher passiert und ist eine ganz andere Geschichte) sondern eben "der Ackerboden bereitet wird". Ich weiß, dass die Eis- Metapher inflationär gern benutzt wird, man sie (zu) schnell bei der Hand hat, und würde das passieren – würde "Eis brechen" – dann würde ich es wohl auch so nennen. Aber so ist es nun mal nicht…


"Für mich sind deine Zeilen fragmentartige Gedanken, die sich in dem Gedicht nicht zu einem harmonischen Bild zusammenfügen lassen."
… dann bist du vielleicht ein Kandidat für die "weichere" Prosa-Form dieser Zeilen ;)
Nein im Ernst: Soo fragmentarisch ist es nicht, es fließt – inhaltlich zumindest – durchaus. Insofern ist es auch kein Bild, sondern eher ein Film. Aber es ist ein sehr grafischer, "unbunter" Film und das ist nicht jedermanns Sache.
 



 
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