verbessertes Österreich

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"Österreich"

Leider konnte ich meinen ursprünglichen Beitrag Österreich nicht finden. Ich bedanke mich bei allen, die sich damit beschäftigt haben, das war sehr anregend.

Österreich
Österreich ist ein betont familienfreundliches Land, andere Lebensformen werden von der Politik mehr oder weniger ignoriert. In der Selbstmordstatistik (welche sich inzwischen zuungunsten Finnlands, so höre ich, verschoben hat)nach Ungarn, ein Land, das in dieser Hinsicht immer führend gewesen ist an zweiter Stelle stehend ist das Bundesland Salzburg am stärksten vertreten, was mich nicht wundert. Der gesellschaftspolitische Stand der Dinge ist ja immer noch so: Die dort oben die machen eh, was sie wollen und wir sind eben die Untertanen, letztlich benehmen wir uns dann untertanenhaft, sind eher phlegmatisch als aufmüpfig. An diesem Punkt sind wir irgendwo haften geblieben, die Älteren eher und dann werden wir von den Regierenden als Unmündige, Unverständige behandelt, auf Ämtern immer noch, auch bei Ärzten, in Spitälern sowieso und die Leute machen ja mit einer gewissen "Rdfahrermentalität" auch mit.
Apropos´Radfahrer:
Wir sind noch immer nicht gewohnt, mit Freiheiten umzugehen. Die Gratis Vienna- City-Bikes voriges jahr waren ein erschreckendes Beispiel dafür. Bitte, wo gibt es das sonst? man durfte im Vorjahr die Grais-Citiy -Bikes gratis entlehnen, indem man sie von einem Fahrradständer nahm und an mehreren dafür vorgesehenen Ständern wieder abstellen konnte. Die sind alle verschwunden. Die Stadtregirung hat dann suchen lassen.Die Fahrräder wurden in Hinterhöfen gefunden, in Kellern, am Land. Die Leute haben die einfach gestohlen.Dabei ist es bisher auch ohne viel Geld immer möglich gewesen, sich ein Fahrrad zuzulegen, da gibt es Möglichkeiten, z.B. um 15 Euro. Das kann es nicht gewesen sein.Ich dachte mir: gestört, die Leute können einfach nicht mit Freiheiten umgehen. Heimlich sind wir aber schon aufmüpfig und somit natürlich auch boshaft und schadenfroh, klar , natürlich auch sehr anfällig für Neid. Rückenschmerzen sind weit verbreitet. Sie sind eine Volkskrankheit und die Orthopäden machen gute Geschäfte. Die Nervenärzte auch.Bis vor kurzem galt als normal, wer auf Befragen das Datum weiß. Wenn ich bedenke, wie oft ich das Datum nicht weiß...
Vom Flughafen Richtung Wien ist auf der Autobahn ein Schild u sehen: Erdäpfelsalat bleibt Erdäpfelsalat. Damit die in der EU das gleich wissen. Wenn man hört und liest, wie die Sprache eher zu Codes oder Informationssystemen verkommt, ist das schon einmal ein Anfang.Nicht englisch sprechende Personen können ja manchmal die Hälfte des Gesagten sowieso nicht verstehen.
Und dann die Politikersprache, die haben früher auch mehr gesagt, jetzt wird nur noch geredet.
Das ist jetzt alles ver-globalisiert, Reformieren oder anpassen, dieser Code bedeutet, daß einem Geld weggenommen werden wird.
Der Nationalratspräsident kündigte die künftige Politik so an:Speed kills. Ich habe das aufs erste mit: rasch töten übersetzt, dann habe ich geraten: es heißt vielleicht so etwas wie: rasch duchziehen, denn wer kündigt heute schon in Österreich rasche Tötungen an? Obwohl wir uns vor der neuen Regierung schon ein bißchen gefürchtet haben. Deshalb sprach der Bundeskanzler ja auch von: Angst nehmen..
Die Sachzwänge und den Handlungsbedarf kennen wir schon länger.

Okay?
Ich ziehe mir jetzt etwas rein= anschauen, anhören,verzehren usw.
Okay?

Erstens: Eine Frau braucht nicht immer einen Arbeitsplatz, sie hat sowieso einen chronischen. Zweitens: Es fällt nicht unbedingt auf, wenn sie kein Geld hat. Sie kann ja aus nichts auch noch etwas machen, wie man bei uns so sagt.
Außerdem ist eine gewisse Trendumkehr zu beobachten, die Männer lassen den Frauen im Erwerbsleben und beim Zahlen den Vortritt.Wieder nichts mit der Emanzipation.

Ich bin in Wien aufgewachsen. Lange Zeit habe ich keinen Wiener Dialekt hören können, ohne in eine mir unerklärliche depressive Stimmung zu verfallen. Die Leute haben einander in diesem Idiom die ärgsten Dinge gesagt. Zum Beispiel, wenn sie gereizt waren, weil die Straßenbahn wieder einmal nicht pünktlich gewesen ist. Eine Frau hat beim Fleischhauer unter den halbierten, aufgehängten
Schweinehälften stehend von ihrer Unterleibsoperation erzählt. Wien unverträglich. Und dabei dieses Geraunze, dieser nachtragende , resignierende Ton, diese wegwerfenden Handbewegungen, die das Ganze immer begleitet haben.

Wie ich dann wieder nach Wien zurückgekommen bin, ist es besser gewesen. Als ob die Wahrnehmung auf einer anderen Frequenz stattgefunden hätte. Im öffentlichen Raum läßt man besser kein Papier fallen.Das gibt es nicht, daß einen dann nicht wer anredet deswegen. In den Slums fällt dieser unangenehme Effekt aber weg.

Wir Österreicher sind auch sehr hilfsbereit. In Sarajewo fährt jetzt die ehemalige 46er Tram aus Ottakring, welche die Stadt Wien verschenkt hat. Als im Nachbarland Jugoslawien der Krieg wütete (deswegen konnte ich ja auch nicht schreiben, daß in Mitteleuropa niemand von raschen Tötungen spricht, also beschränkte ich mich auf Österreich) da haben wir sehr viel Geld, Bekleidung und Spielzeug gespendet. Auch viele Flüchtlinge wurden aufgenommen, mehr als irgendwo anders wegen der Nähe.Bei Katastrofen sind wir Spendenmeister.

Wir sind kein armes Land. Als einfache Bürgerin merkt man aber nichts von diesem Reichtum. Vor den Wahlen wird immer von den "kleinen Männern", also den (wirklich?) zu kurz gekommenen ( von den kleinen Frauen gar nicht, siehe oben) gesprochen, nein von den Sandlern und Obdachlosen nicht, obwohl wir eine Partei hatten, die mit 1 paar Würstel und einem Bier auch an diese Zielgruppe gedacht hat. Zielgruppe, Sie sehen, meine Sprache ist auch schon verdorben, man kommt nicht aus. Sie bringt viel Marktwirtschaftliches zum Ausdruck, davon ist sie ja wirklich durchtränkt, weil sich alles nur mehr ums Geld dreht.

Die Österreicher spenden nicht, weil es gut ausschaut. Was das "Ausland" diesbezüglich denkt ist nur der Regierung wichtig. "Was wird das Ausland dazu sagen?" eine typisch österreichische Redewendung. Ich denke, sie spenden, weil sie auch warmherzig sind und nicht so cool. Deshalb werden wir doch auch gerne von den Urlaubern besucht.

Sucht eine ortsfremde Person in der Straßenbahn eine Adresse und fragt jemanden darnach, so sind zweierlei Reaktionen möglich: Entweder keine oder es ergehen sich
eine, dann zwei oder drei Personen von heftigen Handbewegungen oben, unten, rechts, links deutend begleitet und durcheinander redend, weil verschiedener Meinung in der Anweisung, wie die gesuchte Adresse am besten zu finden sei, das kommt oft vor. Es ist irgendwie rührend. Man bedankt sich, flüchtet und versucht sein Glück, indem man aussteigt.
Oder sind da die Stoiker unter den Tramwayfahrern, die man nach einer Gasse fragt, an der sie täglich vorbeifahren mit "waß i net" antworten besser? Sie wissen es übrigens wirklich nicht.

Natürlich gibt es die berühmten Kaffeehäuser in Wien. Ich glaube nicht, daß sie aussterben. Ich kenne allerdings keine Schriftsteller, um mich im Kaffee zu treffen. Ich kenne nur eine Anekdote von dem Kaffehausliteraten Friedrich Torberg, der gesagt haben soll: Das bißl wa ich les, schreib ich mir selber.

Sch.
 



 
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