violoncelli

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H

HFleiss

Gast
violincelli

Da musst du dich irren, nicht ein Cello, sondern die Posaunen von Jericho, die haben auch die Berliner Mauer eingerissen, dem Himmel sei Dank auf ewig und immerdar. Schön, dass dir solche tiefen Gedanken kommen, wenn du ein Cello siehst, und so schöne Fremdwörter wie vibrato, crescendo, quinten. Und dann das bemerkenswerte Streichseelenmeer. Auf so etwas muss man erst mal kommen. Dafür hast du einen Extrapluspunkt von mir bekommen. Aber trotzdem, ich habe immer was zu meckern, wenn es auch nur ein kleines ist
und dann habe ich alles Plus und Minus zusammengezählt, und herausgekommen ist leider keine zehn, wie ich es gern gehabt hätte. Das tut mir entsetzlich leid. Aber du weißt ja, neues Gedicht - neues Glück. In diesem Sinne

Hanna
 
Liebe/r rosste,
dein Gedicht fällt in erfreulicher Weise aus dem üblichen Rahmen. Musik ist der fast unmittelbare Ausdruck von Gefühlen. Lyrik ist wesentlich "mittelbarer". Dein Verusch, hier beides zusammenzufassen, verstärkt die psychische Wahrnehmung deines Textes. Dein Gedicht gefällt mir sehr.
Allerdings müsste es nicht unbedingt die Berliner Mauer sein. Eine Mauer würde reichen. Eine aktuelle Mauer, vielleicht die israelische, wäre besser, zumal die Leser/innen dazu Barenboims (hoffentlich habe ich den Namen richtig geschrieben) musikalische Bemühungen assoziieren könnten.
Herzliche Grüße
Karl
 

rosste

Mitglied
@ HFleiss
mit deinem kommentar kann ich leider nicht so viel anfangen - von "einem" cello hab ich nichts geschrieben.

@ Karl Feldkamp
danke karl,
bei der berliner mauer hatte ich beim schreiben schon überlegt...
werde "berliner" rausnehmen.

(ursprüngliche fassung:
violoncelli

im aufstrich zeichnen
edle hohlkörper terzen
rechtsherzmusik
wie weißer staub
ein weinen
vom feinsten
gegen schlaganfall
leichtes vibrato
dringt bis ins mark
crescendo reißt
berliner mauern ein
und brocken rollen
in quinten
eine flut
in halben tönen
cis ist des
übung ist meister
streichseelenmeer)
 

Zarathustra

Mitglied
Irgendwie dachte ich an Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch. Ich glaube er war es, der nach öffnung der Berliner Mauer - spontan ein Straßenkonzert auf seinem Violoncello gab.

Es geht mir aber nun nicht um die "Berliner Mauer" sondern um dein Gedicht:

Es ist so ungewöhnlich nicht, wie ich finde.
Mir gefällt der Aufbau:

Das Konzert beginnt mit einem Aufstrich. Zuerst ist es ein Zeichnen, dann terzen Hohlkörper. Jeder der schon einmal ein Stück von Pablo Casal oder Rostopowitsch gehört hat, .. der kann erahnen was "Rechtsherzmusik" ist.

L.G. Hans
 

rosste

Mitglied
danke hans,
ja Casals und Rostopowitsch - die mit dem cello tanzten...

mehrere celli - das ist für mich wie eine geballte ladung des guten, warmer regen... sie brauchen nur ein dach über dem kopf...

lg
 

vicell

Mitglied
Lieber rosste,
schon bei diesem Titel schlägt doch jedes Celloherz höher- ein Hoch auf die Lupianer Cellofraktion! (so. das musste mal raus)
Deine Zeilen erfreuen mit ihrer ausdrucksklaren Kargheit, Worte wie "Streichseelenmeer" und "Rechtsherzmusik" lassen die Liebe zu diesem Gegenstand mehr als erahnen.
Ich selber tu mich oft schwer mit lyrischer Umsetzung von Musik, bin auch eher ein Mensch, der die gefühlte Musik in sich in Worten wesentlich, naja, sagen wir mal, weitschweifiger ausdrückt, jedoch deine Version hat mich nach mehrmaligem Lesen sehr angesprochen und überzeugt.

Natürlich könnte man versuchen, eine aktuelle politische Aussage zu assoziieren, Barenboim & The West-Eastern Divan Orchestra, die israelische Mauer - wie Karl schon anmerkte, aber dies ist Geschmackssache.
Aber da die meisten Musiker mit der Berliner Mauer sofort an Rostropovitch und Bach denken (und dies auch noch im "Rostropovitch - Jahr", am 27. März ist er 80 geworden) stört mich der Ausdruck "berliner mauern" überhaupt nicht, ganz im Gegenteil, er drückt in diesem Zusammenhang etwas sehr Essentielles aus - nämlich und überhaupt die Universalsprache der Musik.
Da zerbricht eine Diktatur, Millionen von Menschen feiern weltweit und ein einzelner Mann sitzt, scheinbar völlig in sich versunken, mit seinem Cello vor dem Symbol dieses Untergangs und der neugewonnenen Freiheit, nämlich der Berliner Mauer, und spielt Bachs Cellosuiten. Und egal, ob die vielen begeisterten Zuhörer nun mit Bach vertraut sind oder nicht, er sprach zu ihnen, und niemand fühlte sich mißverstanden, im Gegenteil.
Was also, wenn nicht dieses Beispiel, kann denn deutlicher zeigen, dass Musik eine Sprache ist, die aus der Tiefe unseres Herzens unmittelbar zu jedem zu sprechen weiß?
Ich würde an deiner Stelle die "crescendeo reißt berliner mauern ein" nicht streichen - ich finde gerade diesen Ausdruck mehr als gelungen.)


Es grüßt dankend für diese Zeilen aus Celloland,
herzlichst,
die vic ;)
 



 
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