was wird aus meinem Herzen

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Was soll aus meinem Herzen werden?,
wenn ich es Dir nicht schicken kann –
und was aus meinen Küssen,
wenn sie auf meinen Lippen,
wie Herbstlaub an dem Ahornstamm,
zwar wachsen, doch verdorren müssen

Was wird aus meinen Träumen?,
wenn sie doch nicht zu Dir gelangen
und hinter Eisenzaun und Stacheldraht
den Weg in das Vergessen säumen
und nur in meinem Kopf gefangen,
ersticken, eh der Morgen naht

Was wird aus meinen Lüsten?,
die, nur noch von der Sehnsucht lebend,
an fernen Ufern fremder Fürsten,
wo sie, dem Schicksal sich ergebend,
gestrandet sind auf kargen Küsten,
verhungern müssen und verdürsten

Und was, um Himmels willen
wird aus meiner Liebe?,
die hier in meiner Brust, im Stillen,
am liebsten unbeachtet bliebe
Ich weiß, sie wäre allzu gern
am andr´en Ende dieser Erde,
so weit von meinem Herzen fern,
damit ich Ruhe finden werde

Ach, was soll mit meinem Herz geschehen?,
wenn ich es Dir nicht schicken kann –
ich muss es täglich leiden seh´n,
und kein Paketdienst nimmt es an:
“Hier Postmann, nimm das Päckchen mit auf Reisen,
lass es um den Globus wandern,
hier will´s mir nur vor Einsamkeit vereisen,

es braucht die Nähe eines andern
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Marcus,

wären da nicht die quälenden Fragen, wäre Dir ein sehr schöner reich bebilderter Text gelungen, und ich hätte geschrieben "gerne gelesen". Gerade wegen der Frageform habe ich ihn nicht so gerne gelesen - so viel nur als subjektive Rückmeldung.

Einen schönen Sonntag Dir,
NDK
 
hallo NDK,

schön, dass dir das Gedicht gefallen hat.
Auch wenn mir an dem Gedicht so manche Formulierungen selbst zu "einfach" erscheinen, bleibt doch die Konsequenz, dass es eben diese "quälenden" Fragen sind, die mich überhaupt erst bewogen haben, das Gedicht zu schreiben.
Das Leben und die Liebe bestehen eben für mich in erster Linie aus Fragen, die ich an das Leben und auch an die Liebe stellen will.
Wenn es also soetwas wie "Antworten" geben sollte, muss ich sie dann nicht erst erfragen, wie "quälend" diese Fragen auch sein mögen?

Ich wünsche dir ein paar ganz außerordentliche und auch quälende Fragen an dein Leben und auch ein paar Antworten - vielleicht auch nur eine(philosophisch gesehen), die alle diese Fragen beantworten kann.

Gruss, Marcus
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Marcus,

vielleicht hast Du meinen Kommentar in den falschen Hals gekriegt. Das täte mir sehr leid, denn er war durchaus positiv gemeint. Du hast das Quälen sehr schön in Worte gefasst.
Ich gehöre wegen meinem gewöhnungsbedürftigen Humor übrigens zur Trollfraktion der LL. Textkritik im altbackenen Sinne liegt mir nicht so. Das können andere viel besser.

Aber ich kann Dir rückmelden, wie es mir ergangen ist mit Deinem Text. Als DummLeser quasi. Mir war nicht wohl beim Einfühlen, gerade weil der Text so eindrucksvoll war. Ich hoffe, das war jetzt verständlich genug.

Gruß, NDK
 

Joneda

Mitglied
Hallo Marcus,

ich mag dieses gefühlsgetränkte Gedicht von Dir sehr.
Deine Vergleiche mit Ersatzbildern, um auszudrücken, was Du fühlst, gibt ihm eine außergewöhnliche Brisanz.

Liebe Grüße
Joneda
 
Hallo Joneda,

freu mich, dass dir das Gedicht gefallen hat.
Ich selbst "konstruiere" viel zu oft Gedichte und weiß doch, dass ein Gedicht in erster Linie Sprache des Herzens und nicht des Verstandes sein sollte.

Gruss, Marcus
 
N

no-name

Gast
Nun sieh' mal einer an: Vielseitig bist du also auch noch, Marcus.

Ich verbeuge mich galant vor deinen Zeilen, frei nach dem Motto "Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß wie dein Protagonist leiden muss"...
Dein Text ist sehr gefühlvoll und nicht ohne augenzwinkernden Witz geschrieben, das gefällt mir, Herr Richter.

Mir besten Grüßen von no-name.
 
Ach Noname,

wer kennt sie nicht, die Sehnsucht. Und wenn ich mich heute an diesen Jemand erinnere, der mir damals im Sinn stand, dann muss ich meistens lächeln, weil einem nur die guten Erinnerungen bleiben. Vielleicht sollte ich mal ein Gedicht darüber schreiben, wie es ist, wenn zwei Menschen nicht nur räumlich, sondern auch durch Zeit voneinander getrennt sind.
Man erinnert sich schließlich immer nur an den Menschen, wie er einmal war, und nicht, wie er vielleicht heute ist.

Danke, für diese vielleicht ungewollte Anregung,
freundl.ste Grüsse, Marcus
 
H

Haki

Gast
Marcus Richter,
dir ist da etwas ganz Besonderes gelungen! Mich hat das gedicht sehr berührt. SChöne Sprache mit eindrucksvollen Bildern! Besonders Klasse finde ich diese Stelle:

Was soll aus meinem Herzen werden?,
wenn ich es Dir nicht schicken kann –
und was aus meinen Küssen,
wenn sie auf meinen Lippen,
wie Herbstlaub an dem Ahornstamm,
zwar wachsen, doch verdorren müssen
Wirklich stark. Solche Bilder sind es, die ein Gedicht zu einem Gedicht machen, und das Gedicht in Gefühle umwandeln.
Bin beeindruckt und werde mir wohl ein bisschen mehr von dir durchlesen;)
Für dieses Werk bekommst du von mir 9 Punkte!
So viel hab ich noch nie vergeben!

Gruß,
Haki
 
Hallo Haki,

ich muss zugeben, dass das Gedicht schon etwas außerhalb meines Horizonts ist. Trotzdem schön, dass es dir gefallen hat.
So alte Sachen lese ich selbst immer mit großem Staunen und es gleicht einer Art Abenteuerreise in die eigene Vergangenheit.
Da muss ich manchmal den Kopf schräg legen.

Mit freundl. Grüssen,

Marcus
 



 
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