wenn ihr mich morgen abend auf die bühne lasst: passt auf, das wir lustig

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mortisha

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wenn ihr mich morgen auf die bühne lasst, das wird lustig

Ich zitiere die Sterne: Ich Ich Ich.
Entschuldigt mich bitte. Entschuldigt, ich bin heute Abend nicht so drauf wie ihr. Ich habe keine Lust, mich über bekannte Musiker lustig zu machen („Was ist eigentlich Björk – ein erwürgter Frosch hahaha“), ich mag nicht drüber reden, wem ich heute tagsüber so richtig vor den Koffer geschissen hab, und ich finde auch die Titten meiner Tischnachbarin nicht bemerkenswert. Dafür bin ich nicht cool genug, da geht mir keiner ab, das ist mir scheißegal.
Ich bin zwar nicht besonders sozialkritisch, also, ich les jetzt beispielsweise nicht Spiegel-Online, und Bier trinke ich auch, dazu bin ich gerad in der Lage, aber lasst mich in Ruhe mit Euren dämlichdumpfen Spackosprüchen.
Mich interessiert nicht, ob der Dackel Eures Nachbarn aus reiner Dummheit immer in Euren Hausgarten scheißt und ob ihr glücklich wart, als das Tier sich letztens die Eier in der insbesondere dafür hergerichteten Tretmaschine eures Klappfahrrads klemmte. Erzählt es mir, aber erwartet keine Reaktion. Ich kann auch echt nichts damit anfangen, wenn ihr aus Angst vor Überfremdung euren Pop-Stammchat wechselt, weil Leser eines befeindeten Metalmagazins ihr Outing nicht unterdrücken konnten, und nun fremd-faselt ihr hinter vorgehaltener Maus ganz aktuell lustig von Asylanträgen. Besserwissen, cooler sein, je respektloser, desto ergiebiger – das alles leuchtet mir tatsächlich ein.
Die Welt ist ein Stammtisch und mein Feindbild löst sich damit in Wohlgefallen auf, nur leider nicht in meins. Ihr seid mir zu gewitzt, ihr greift dem Witz fast vor, indem ihr selber einer seid, doch das nur nebenbei. Das Wort Zurückhaltung benutzt ihr synonym zu Zeitverschwendung. Euer Sarkasmus markiert nicht so sehr die letzte Bastion einer intellektuellen Elite, euer Sarkasmus ist das Exkrement eines genetisch bedingten Mangelgefühls. Evolutionskot sozusagen. Euer Sarkasmus ist das Abfallprodukt euer Arroganz. Und einen Dreck wert.
Am schönsten ist es noch, wenn ihr euch für politisch korrekt verkauft und selbst schon lange nicht mehr dafür haltet. Denn dazu habt ihr wahrlich keinen Grund, geht doch Ökologie ganz klar vor Seximus: also: So lange ich meinen Kräutertee mit Solarenergie koche und mein Garten das reinste Biotop ist, kann ich dir so tief ins T-Shirt gucken, wie ich Bock hab, Baby.
This goes out to your Sendungsbewusstsein!
Nach Jahren der hektischen Jagd auf Zeichen, Worte, ja, Ab-Sätze voll zynischer Positionierungen zu Welt- und anderem Geschehen, das mehr oder minder Teil meines Alltagserlebens ist, muss ich nun gestehen, ich bin immer noch genauso wenig schlagfertig wie ich es damals war. Ich bin weinerlich, langweilig, zahnlos. Gemessen an euch. Ihr pointiert gekonnt die Mangelhaftigkeit eurer Konkurrenten und tretet unter dem Tisch wie gehabt. Wie ich jetzt. Schwamm drüber, Grasdrüberwachsenlassen, Arsch auf, aussitzen.
Ich bin eure Spitzfindigkeit und euren Erfolg satt, wenn ihr mit einem charmanten Nebensatz mal wieder klargemacht habt, dass was anderes zählt. Was zählt denn? Länge oder nur der längere Hebel? Ich gehe aus unseren Gesprächen hervor mit dem bestimmten Gefühl, etwas von Anfang an missverstanden zu haben, nämlich, dass wir uns unterhalten haben. Völlige Fehlinterpretation einer Situation in der es um Demonstration ging, nicht um Definition.
Schwächelndes Konsensgewimmer macht mir Gänsehaut, wenigstens jetzt. Verbales Schulterklopfen, Abnicken, Augenzwinkern, das ihr-wisst-schon macht mir angst. Angst vor einer Übermacht Idioten. Selbstdarstellung als Masturbation. Ihr macht mich krank. Ach, nicht einmal das. Es ist mir egal.
Und ich kanns gerad nicht. Ich kann gerad nicht zeitgemäß Spaß haben. Ich mags auch nicht auf anderer Leute Kosten tun. Nicht mal auf Eure.

Und nein, ich fühle mich im Augenblick nicht politisch korrekt.
 



 
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