Ciconia
Mitglied
An der Supermarktkasse
(Aktuelle Version)
Die Frau vor mir an der Supermarktkasse trägt einen grobmaschigen, ärmlich wirkenden Pullover, der weit über ihre unförmigen Hüften hinunter reicht. Ihre Haare wirken ungepflegt, von einer Frisur kann man nicht sprechen. Während ich meinen Einkauf aufs Band lege, höre ich die Kassiererin sagen:
„Neunundzwanzig Euro vierundneunzig macht das dann.“
Die Kundin, die sich nun der Kassiererin zuwendet, ist eigentlich mehr ein Mädchen als eine Frau. Ihr kugelrundes rotes Gesicht mit den mandelförmigen Augen verleiht ihr etwas Kindliches. Sie kramt hektisch in ihrer kleinen Geldbörse, legt eine Münze nach der anderen auf das Band. Die hübsche junge Kassiererin, deren gepflegtes Äußeres einen fast schmerzlichen Kontrast zum Aussehen der Kundin bildet, wartet geduldig.
„Soll ich Ihnen vielleicht helfen?“, fragt sie schließlich freundlich.
Das Mädchen schüttet verzweifelt den gesamten Inhalt seines Portemonnaies aus. Ich überschlage kurz: maximal zehn Euro werden das sein. Die Kassiererin zählt, die Kundin starrt hilflos auf das Geschehen.
„Das wird nicht reichen."
„Dann eine!“
Erst jetzt sehe ich, was die junge Frau kaufen will: Zwei Packungen Ersatzzahnbürsten für eine elektrische Zahnbürste und eine Tube Zahnpasta.
„Eine kostet dreizehnachtundneunzig, das reicht leider auch nicht“, antwortet die Kassiererin gelassen.
„Eine!“, ruft das Mädchen fast flehend und mit zunehmender Verzweiflung in der Stimme.
„Wissen Sie was“, schlägt die Kassiererin vor, „Sie lassen einfach die Zahnbürsten hier und nehmen nur die Zahnpasta. Einverstanden?“
Ich bewundere die junge Hübsche für ihre einfühlsame Art. Sie zählt die Münzen für die Zahnpasta ab, verstaut rasch das restliche Geld in der kleinen Geldbörse und drückt alles der Kundin in die Hand.
„Einen schönen Tag noch!“
Das Gesicht des Mädchens unter den zotteligen Haaren zeigt keine Regung. Sie nimmt die Situation hin, wie sie vielleicht schon viele in ihrem Leben hat hinnehmen müssen – verständnislos. Mit leicht gesenktem Kopf und hängenden Schultern trottet sie Richtung Ausgang.
Es geht zügig weiter an der Kasse, ich zahle schnell und merke plötzlich, wie selbstverständlich uns Dinge scheinen, die einem behinderten Menschen so große Probleme bereiten können. Als ich meinen Einkaufskorb auf dem Parkplatz ins Auto hebe, schiebt sich langsam ein kleiner roter Bus aus der Parkbucht gegenüber. Er trägt die Aufschrift „Sozialtherapeutische Wohn- und Arbeitsgemeinschaft Hof Gutsmann“. Unter den Fahrgästen herrscht anscheinend eine gute Stimmung, zwei Männer mit kindlichen Gesichtern albern herum und winken. Richtig, die habe ich vorhin am Zeitschriftenstand gesehen, wie sie eine Illustrierte nach der anderen aus den Regalen zogen und sich köstlich über die bunten Bilder amüsierten.
In der letzten Sitzreihe schaut eine traurige junge Frau, die immer noch wie ein Mädchen aussieht, still aus dem Fenster. Ihre Augen wirken leer. Man hat ihr heute wahrscheinlich mehr zugetraut, als sie bewältigen konnte.
(Aktuelle Version)
Die Frau vor mir an der Supermarktkasse trägt einen grobmaschigen, ärmlich wirkenden Pullover, der weit über ihre unförmigen Hüften hinunter reicht. Ihre Haare wirken ungepflegt, von einer Frisur kann man nicht sprechen. Während ich meinen Einkauf aufs Band lege, höre ich die Kassiererin sagen:
„Neunundzwanzig Euro vierundneunzig macht das dann.“
Die Kundin, die sich nun der Kassiererin zuwendet, ist eigentlich mehr ein Mädchen als eine Frau. Ihr kugelrundes rotes Gesicht mit den mandelförmigen Augen verleiht ihr etwas Kindliches. Sie kramt hektisch in ihrer kleinen Geldbörse, legt eine Münze nach der anderen auf das Band. Die hübsche junge Kassiererin, deren gepflegtes Äußeres einen fast schmerzlichen Kontrast zum Aussehen der Kundin bildet, wartet geduldig.
„Soll ich Ihnen vielleicht helfen?“, fragt sie schließlich freundlich.
Das Mädchen schüttet verzweifelt den gesamten Inhalt seines Portemonnaies aus. Ich überschlage kurz: maximal zehn Euro werden das sein. Die Kassiererin zählt, die Kundin starrt hilflos auf das Geschehen.
„Das wird nicht reichen."
„Dann eine!“
Erst jetzt sehe ich, was die junge Frau kaufen will: Zwei Packungen Ersatzzahnbürsten für eine elektrische Zahnbürste und eine Tube Zahnpasta.
„Eine kostet dreizehnachtundneunzig, das reicht leider auch nicht“, antwortet die Kassiererin gelassen.
„Eine!“, ruft das Mädchen fast flehend und mit zunehmender Verzweiflung in der Stimme.
„Wissen Sie was“, schlägt die Kassiererin vor, „Sie lassen einfach die Zahnbürsten hier und nehmen nur die Zahnpasta. Einverstanden?“
Ich bewundere die junge Hübsche für ihre einfühlsame Art. Sie zählt die Münzen für die Zahnpasta ab, verstaut rasch das restliche Geld in der kleinen Geldbörse und drückt alles der Kundin in die Hand.
„Einen schönen Tag noch!“
Das Gesicht des Mädchens unter den zotteligen Haaren zeigt keine Regung. Sie nimmt die Situation hin, wie sie vielleicht schon viele in ihrem Leben hat hinnehmen müssen – verständnislos. Mit leicht gesenktem Kopf und hängenden Schultern trottet sie Richtung Ausgang.
Es geht zügig weiter an der Kasse, ich zahle schnell und merke plötzlich, wie selbstverständlich uns Dinge scheinen, die einem behinderten Menschen so große Probleme bereiten können. Als ich meinen Einkaufskorb auf dem Parkplatz ins Auto hebe, schiebt sich langsam ein kleiner roter Bus aus der Parkbucht gegenüber. Er trägt die Aufschrift „Sozialtherapeutische Wohn- und Arbeitsgemeinschaft Hof Gutsmann“. Unter den Fahrgästen herrscht anscheinend eine gute Stimmung, zwei Männer mit kindlichen Gesichtern albern herum und winken. Richtig, die habe ich vorhin am Zeitschriftenstand gesehen, wie sie eine Illustrierte nach der anderen aus den Regalen zogen und sich köstlich über die bunten Bilder amüsierten.
In der letzten Sitzreihe schaut eine traurige junge Frau, die immer noch wie ein Mädchen aussieht, still aus dem Fenster. Ihre Augen wirken leer. Man hat ihr heute wahrscheinlich mehr zugetraut, als sie bewältigen konnte.
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